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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut
Autoren: Andrea Gunschera
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aber dann als Kichern erkannte. Die Eruptionen erschütterten Renés blutenden Körper. Kain spürte, wie der Groll in ihm zu echter Wut aufwallte.
    „Ist das so lächerlich?“, zischte er. „Mordechai zu vernichten?“
    Das Kichern riss ab. „Nicht lächerlich“, knurrte René. „Nur aussichtslos. Mordechai interessiert sich nicht dafür, ob jemand seine Leute foltert. Er gibt sich keine Blößen. Ich muss es wissen, ich jage ihn seit vierzig Jahren.“
    „Vielleicht ist dein Hass nicht stark genug.“
    „Oh, das ist er.“ Blut sammelte sich in Renés Mundwinkeln. „Glaub mir, an Hass mangelt es nicht.“
    Kain wandte sich ab. Er betrachtete einen Riss in der Wand auf der anderen Seite. Ein fader Geschmack breitete sich in seiner Kehle aus. Er hatte nicht erwartet, dass es so leicht sein würde. So leicht und so enttäuschend.
    Dieser Kerl belog ihn nicht. Eine Lüge hätte er gespürt. Wenn er dem Herzschlag des Mannes lauschte, hörte er nur Wut, Schmerz und Hilflosigkeit. Und zynische Frustration. René sprach die Wahrheit.
    Kain würde nichts weiter von ihm erfahren. Er wusste nun, wo Mordechai sich verkroch. Und er wusste, dass die Garde nichts gegen seinen Vater ausrichten konnte. Ohnmächtig waren sie, in ihrem gerechten Zorn. Er wollte ausspucken vor so viel Armseligkeit. Wie war es möglich, dass die Garde an einem einzelnen Mann versagte?
    Er dachte darüber nach, was er mit René machen sollte. Beinahe verspürte er Mitleid mit dem Mann. Aber das war eine überflüssige Regung. Er brauchte keine Zeugen. Rasch bückte er sich nach dem Dolch, den er in einer Hülle über dem Fußknöchel trug. Renés Augen weiteten sich, als er die Klinge sah.
    „Nein“, brachte er hervor. „Wir stehen auf der gleichen Seite.“
    Kain nickte. „Niemand ist unsterblich“, sagte er. „Wehr dich am besten nicht.“

    Sonnenlicht strömte durch die Fenster, als Alan erwachte. Mühsam stemmte er sich vom Boden hoch. Sein Körper fühlte sich wund an, seine Haut so kalt, als habe er tagelang im Eisregen gelegen. Er tastete nach der Wunde an seinem Hals, die sich fast geschlossen hatte. Den Stich zwischen seinen Rippen spürte er kaum. Narbengewebe spannte sich unter seinen Fingern. Sein Mund war trocken. Er war am Verdursten.
    Alan taumelte zur Spüle. Mit einer heftigen Bewegung schraubte er den Wasserhahn auf und trank aus der Leitung, ignorierte den Chlorgeschmack. Wasser benetzte seine Brust, lief ihm die Arme hinunter. Irgendwann vor Sonnenaufgang hatte er die Bandagen abgerissen. Sie lagen neben der Staffelei am Boden, blutige Leinenklumpen, die die Ereignisse der Nacht zurück beschworen. Er hielt inne.
    Letzte Nacht hätte er sterben können. Er war sich keinesfalls sicher, dass er den Kampf auf dem Dach für sich hätte entscheiden können. Sie hatten ihn überrumpelt und mit der ersten Attacke so schwer verletzt, dass es ihn beinahe das Leben gekostet hätte.
    Er dachte an die Frau, Eve. Der Gedanke riss ein schmerzhaftes Bedauern in ihm auf, dessen Gewalt ihm den Atem nahm. Die Intensität dieser Empfindung überraschte ihn. Unwillkürlich schloss er die Augen. Doch dafür hatte er jetzt keine Zeit. Er musste herausfinden, wer die beiden Angreifer waren. Keine gewöhnlichen Einbrecher, soviel stand fest. Sie trugen das Blut in sich und wenn er die Zeichen richtig deutete, waren sie auf seins aus gewesen. Junkies, die Beute machen wollten? Ungewöhnlich, dass sie sich kein leichteres Opfer suchten. Sie hätten wittern müssen, was er war.
    Alan schleppte sich ins Bad. Er drehte die Dusche auf und entledigte sich seiner verbliebenen Kleider. Lange stand er im dampfenden Strahl, ließ zu, dass die Hitze seine Haut verbrühte. Es dauerte Minuten, bis kein Blut mehr aus seinen Haaren floss und das Wasser klar im Abfluss verwirbelte. Er dachte an seinen Streit mit Katherina, deren Garde der beiden Junkies nicht habhaft werden konnte. Seit ihrer Ankunft in der Stadt der Engel schlachteten sie jede Nacht zwei Menschen ab und machten sich nicht einmal die Mühe, die Reste ihres Mahls zu verbergen. Natürlich fühlten sie sich sicher. Sie weilten auf Mordechais Einladung in Los Angeles, und Mordechai schützte seine Gäste.
    Alan fragte sich, ob es am Ende Mordechais Leute waren, mit denen er in der vergangenen Nacht aneinandergeraten war. Aber das ergab keinen Sinn. Selbst wenn sie seine Beziehung zu Mordechai nicht kannten, warum sollten sie das Risiko eingehen, einen anderen Schattenläufer anzugreifen? Warum
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