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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut
Autoren: Andrea Gunschera
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nicht ein weiteres Opfer von der Straße? Und sie waren so zielstrebig vorgegangen, waren ins Haus eingedrungen und hatten an seiner Tür geklingelt.
    Das beunruhigte ihn, mehr noch als die Erkenntnis, dass er ohne das Eingreifen der Frau jetzt vielleicht tot wäre. Er musste dem nachgehen.
    Mordechai. Er musste mit seinem Vater sprechen.

6
    T iefe Kratzer übersäten das Stahltor, das die Zufahrt zu Carnegies Export-Import versperrte. Alan beobachtete die uniformierten Männer im Wachhäuschen, während er in seinem Wagen wartete. Einer von ihnen telefonierte mit der Zentrale, um Alans Legitimation zu überprüfen.
    Die Wachleute wirkten übermäßig nervös. Alans Blick wanderte hoch zum Schild, verbogen und mit Graffiti besprüht. Wahrscheinlich randalierende Kids, die keine Ahnung hatten, wen sie hier herausforderten. Die Vorstellung entlockte Alan ein Lächeln.
    Schließlich hob sich die Schranke, die Torflügel schwangen auf. Alan nickte dem Wachmann zu und passierte die Einfahrt.
    Er lenkte seinen Dodge im Schritttempo über den asphaltierten Platz, vorbei an einer Rampe mit Lastzügen, passierte eine Tankstelle und eine kleine Kantine. Ein Gabelstapler kreuzte seinen Weg und bog in eine Gasse zwischen Containerstapeln ab. Alan bremste vor der Ziegelmauer, die den Verwaltungskomplex abschirmte. Neuer Stacheldraht glänzte in der Mittagssonne. Er stieg aus dem Wagen und steuerte auf die Sicherheitsschleuse zu, eine weiß gekalkte Baracke mit vergitterten Fenstern. Es roch nach Farbe und Kerosin.
    Kälte schlug ihm entgegen, als er die Stahltür aufstieß. Die Klimaanlage lief auf Hochtouren.
    „Hallo, Aaron“, sagte er.
    Der Mann hinter dem Schreibtisch blickte Alan in einer Mischung aus Überraschung und Unbehagen entgegen. Anders als die Wachmannschaft am Werktor gehörte Aaron zum inneren Zirkel. Er wusste, was Mordechai war, weil er selbst das Blut in sich trug. Aaron war einer der jungen Schattenläufer, die Mordechai in den letzten Jahren zu Dutzenden rekrutiert hatte. Einer von denen, die ihre Kräfte unbedacht einsetzten, die sich für unbesiegbar hielten, weil noch niemand ihnen das Gegenteil bewiesen hatte.
    „Du bist nicht angemeldet“, sagte Aaron.
    In seiner Stimme schwang die gleiche Nervosität, die Alan bereits bei den Wachleuten am Eingang registriert hatte. Etwas musste vorgefallen sein.
    „Ruf Mordechai an“, gab Alan zurück. „Falls er beschäftigt ist, fahre ich einfach hoch und warte.“
    „Aber du bist nicht angemeldet. Also kann ich dich nicht durchlassen.“
    Alan bemühte sich nicht, seine Ungeduld zu verbergen. „Bitte, Aaron. Ich habe wirklich keine Zeit für Spielchen.“
    Aaron starrte ihn an. „Lass dich auf die Liste setzen und komm morgen wieder.“
    „Ruf einfach Mordechai an und frag ihn, okay?“
    „Er ist beschäftigt.“
    „Was soll der Scheiß? Hast du Ärger mit deiner Freundin oder was?“
    Aaron stand auf, die Hand an der Pistole in seinem Hüftholster. Es war eine kindische, provokante Geste. „Solange du nicht auf der Liste stehst, bist du ein Sicherheitsrisiko.“ Er schloss seine Finger um den Griff der Waffe. „Raus jetzt.“
    Alan kämpfte das Bedürfnis nieder, den Wachmann an der Kehle zu packen und einfach zur Seite zu stoßen.
    „Ich rufe ihn selbst an, kein Problem.“ Er tastete nach seinem Handy in der Jackentasche. „Du kriegst deine Genehmigung.“
    „Jetzt lass ihn verdammt noch mal durch.“
    Ein schwer gebauter Mann mit graumeliertem Haar und einem sorgfältig gestutzten Bart tauchte aus dem Hinterzimmer auf.
    „Hallo, Ravin“, sagte Alan.
    Der Mann sah aus wie ein Mittvierziger, aber Alan wusste, dass sein wahres Alter sein Äußeres Lügen strafte. Ravin war älter als er selbst, ein Weggefährte Mordechais, der schon existiert hatte, als Alan geboren wurde.
    „Wie geht’s dir?“ Ravin streckte einen Arm aus.
    Alan ergriff seine Hand. „Was ist los bei euch?“
    „Wir hatten eine Razzia gestern Nacht. Die Bullen haben das ganze Gelände auf den Kopf gestellt. Jemand hat ihnen erzählt, wir würden hier Drogen verschieben.“
    „Und stimmt das?“
    „Carnegies Export-Import.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wir transportieren alles.“
    „Ich dachte, Mordechai hat Freunde beim LAPD.“
    „Mordechai kann nicht die ganze verdammte Stadt bestechen. Irgendeine Ratte findet sich immer. Wir mussten das Zeug im Meer versenken.“ Ravin wandte sich zu Aaron, der steif neben seinem Schreibtisch stand, auf dem Gesicht ein
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