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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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nicht weiter bohrte. Sie wusste selbst nicht, warum Alan so plötzlich aufgetaucht war. Als habe er auf ihren Ruf gewartet. „Ist dir ein Phänomen bekannt, das Verletzungen übernatürlich schnell heilen lässt?“, fragte sie nach ein paar Sekunden des Schweigens.
    „Was?“
    Eve trat dicht an ihn heran und beugte sich zu ihm herab. „Sieh dir meinen Hals an.“ Sie deutete auf die Narbe. „War das gestern schon da?“
    Sein Atem schlug warm gegen ihre Wange. „Du lieber Himmel“, sein Finger betastete ihre Haut, „seit wann hast du das?“
    Ein Schauder überlief sie, als die Ereignisse der Nacht in ihr Bewusstsein zurückstürzten. „Das war gestern noch nicht da, oder?“
    „Keine Ahnung.“ Ratlos sah er sie an. „Es ist mir jedenfalls nicht aufgefallen.“
    „Aber man kann das doch unmöglich übersehen.“
    Felipes Blick spiegelte ihre eigene Hilflosigkeit.
    „Okay“, wisperte sie, „ich erzähle dir jetzt was. Und du schwörst, dass du mich nicht für verrückt hältst.“
    „Klar.“
    „Schwöre.“
    „Schon gut. Ich schwöre.“ Sein Grinsen misslang. Großartig, er hielt sie jetzt schon für verrückt.
    „Okay, Andrej hat mich verletzt. Mit einem Messer. Er hat mir die Halsseite aufgeschlitzt. Ich habe gespürt, wie das Blut aus mir herausgelaufen ist. Und jetzt ...“ Hysterie schwappte in ihre Stimme. „Jetzt ist es verschwunden. Verstehst du, was ich meine? Ich habe da eine Narbe, aber die Wunde ist fort!“
    Zweifelnd sah Felipe sie an. Er hielt sie für verrückt, keine Frage.
    „Hör mal“, fügte sie hinzu, „ich weiß, wie das klingt. Ich verstehe es selbst nicht. Ich glaube, es hat etwas mit Alan zu tun.“
    „Hat er dir seine Hand aufgelegt, oder was?“
    „Das ist nicht lustig, okay?“
    „Aber du weißt, dass es verrückt klingt.“
    „Deshalb wollte ich ja, dass du schwörst.“
    Felipe betrachtete den Ring auf dem Tisch. „Vielleicht war es nur ein kleiner Schnitt. Und es hat sich schlimmer angefühlt, als es ist, weil du in Panik warst.“
    Auch Alan hatte das behauptet, aber sie wusste, dass Alan log. Sie wusste es einfach. Genauso wie sie sicher war, dass er eine Erklärung für diese Wunderheilung hatte. Er hielt sie nur zurück.
    „Alan war halb tot, als er mich vorletzte Nacht aus seinem Apartment geworfen hat. Aber gestern war alles verschwunden.“ Sie wollte vom Messer in seiner Seite erzählen, aber verstummte dann. Felipe würde fragen, wie der Kampf geendet hatte, und sie konnte ihm keine plausible Antwort geben.
    „Du brauchst ein bisschen Schlaf“, konstatierte Felipe.
    Eve schüttelte den Kopf. Es war zum Verzweifeln. Aber andererseits, wie wollte sie erwarten, dass er ihr glaubte? Sie konnte sich ja selbst kaum glauben.
    „Okay“, sagte sie, „schon gut. Hilfst du mir wenigstens mit Andrejs russischen E-Mails?“
    „Auf dem iPhone?“
    Sie nickte.
    „Kein Problem.“ Er wirkte erleichtert, dass Eve das Thema wechselte. „Sag mir, was ich tun soll.“
    „Ich drucke sie dir aus, und ...“
    Ein dünnes Klingeln unterbrach sie. Glockengeläut, das rasch anschwoll. Ihr Blick glitt zum iPhone, auf dessen Display eine Nummer leuchtete.
    „Soll ich abnehmen?“, fragte sie.
    Felipe schüttelte den Kopf. Eve starrte auf das Telefon wie auf eine giftige Schlange. Der gespenstische Moment dauerte an. Dann riss das Klingeln ab und ein einzelner Ton zeigte an, dass eine Nachricht eingegangen war.

10
    K ain verspürte eine tiefe Müdigkeit, die nichts mit seinem Körper zu tun hatte. Es war diese Art von Erschöpfung, die sich einstellt, wenn Euphorie an einem stählernen Wall zerbricht. Wie war es möglich, dass er Mordechai spüren konnte, so nahe, als müsse er nur die Hand ausstrecken, und dass dann seine Fingerspitzen gegen Panzerglas stießen?
    Von den Piers hallten dumpfe Schläge herüber, das Quietschen von Stahlwinden und die Rufe der Arbeiter, die ein Containerschiff entluden. Kain blickte hoch zu dem schwarzen Glasturm, der nur ein paar hundert Meter entfernt aufragte. Die Sonne spiegelte sich in der Fassade. Es musste einen Weg hinein geben. Gewiss gab es einen Weg. Doch dieser offenbarte sich nicht. Frustriert kniff Kain die Augen zusammen. Die Sonne blendete ihn.
    In seiner Jackentasche vibrierte das Telefon. Er klappte es auf und warf einen Blick auf die Textnachricht.
    ‚Hast du Zeit für einen neuen Job? V.‘
    Er ließ die Hand sinken und starrte in den blauen Himmel. Warum nicht. Er würde länger in Los Angeles bleiben als

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