Engelsfeuer
ungewöhnlich still, doch sie drängte ihn nicht zu reden. Er versuchte, in seinem Buch zu lesen, aber sie merkte, dass er mit den Gedanken nicht bei der Sache war. Schließlich ließ er das Buch sinken.
»Ich möchte noch ein paar Tage länger hierbleiben.«
Das kam unerwartet. Riley hatte angenommen, er wollte weg aus dieser Stadt, sobald die Beerdigung vorbei war.
»Okay.« Was sollte sie sonst sagen?
»Nach der Beerdigung bringe ich dich zum Bus. Jackson holt dich in Atlanta am Bahnhof ab.«
Offensichtlich hatte er alles schon ohne sie geregelt.
»Gibt es irgendeinen Grund, wieso du mich unbedingt loswerden möchtest?«, frage sie, schmerzlich getroffen.
»Ich hab noch ein paar Dinge zu erledigen und muss nachdenken. Das kann ich nicht, solange du hier bist«, sagte er. »Wir reden über alles, wenn ich wieder in Atlanta bin.«
Reden? Sie hatte auf wesentlich mehr als das gehofft. »Worum geht es?«
»Das hat nichts mit dir zu tun.«
Jetzt war sie wirklich verletzt.
»Meinetwegen, Dorftrottel«, sagte sie und zog sich für die Nacht in ihr Zimmer zurück.
Am Tag, als ihr Vater beerdigt wurde, hatte Beck Frühstück für sie gemacht und sie zum Friedhof gefahren. Er hatte ihren Verlust auf jede Weise respektiert. Jetzt war Riley an der Reihe, Beck ebensolchen Respekt entgegenzubringen. Sie sorgte dafür, dass der Truck innen und außen sauber war, was wegen dieses Fingerabdruckszeugs mehr als eine Stunde dauerte. Sie bügelte sein Hemd, säuberte seinen Anzug und polierte seine Schuhe. Er sagte kein Wort, als sie zum Friedhof fuhren, aber sie wusste, dass es ihm aufgefallen war.
Der Friedhof war klein, aber neben dem Beerdigungszelt standen eine ganze Menge Leute. Angesichts Sadies Ruf konnte man darauf wetten, dass die meisten Anwesenden einfach nur neugierig waren. Zu Rileys Erleichterung überprüfte Deputy Martin die Trauergäste und hielt den Großteil der Presse fern.
Danke , formte sie mit dem Mund, als sie an ihm vorbeifuhren, und er nickte ihr zu.
Sobald sie den Truck abgestellt hatte, fiel ihr Blick unweigerlich auf Justine Armando, die gerade mit einem der Stadtbewohner sprach.
Beck folgte ihrem Blick. »Ich habe Justine gesagt, dass sie gerne zur Beerdigung kommen kann, wenn sie möchte«, sagte er und öffnete die Tür. »Interpretier da bloß nichts rein, hörst du?«
»Mach ich schon nicht.«
Während die Reporterin ganz in Marineblau gekleidet war, mitsamt einem schicken Hut, trug Riley das Kleid , wie sie es mittlerweile in Gedanken nannte, dasjenige, das sie bei beiden Beerdigungen ihrer Eltern und bei allen Gedenkfeiern für die toten Dämonenfänger getragen hatte. Wenn der Wert nach Trauer bemessen werden würde, wäre dieses Kleidungsstück unbezahlbar.
Sobald Beck aus dem Truck geklettert war, den Stock in der Hand, gesellte Riley sich zu ihm. Seine Miene war angespannt, und er verbarg seine Gefühle mit einem beträchtlichen Maß an Selbstbeherrschung.
»Wir stehen das hier zusammen durch«, sagte sie ruhig. Genau das hatte er vor der Beerdigung ihres Vaters zu ihr gesagt. Er nickte, gab jedoch keine Antwort.
Donovan stand unter dem blauen Baldachin neben dem Sarg. Er trug einen Anzug, nicht seine Uniform, und die Ähnlichkeit zwischen Beck und ihm war jetzt noch auffälliger. Als sie nebeneinanderstanden, sah man, dass sie genau gleich groß waren, obwohl Becks Haar sandfarbener war als das des Sheriffs und er breitere Schultern hatte. Der Bestatter, den sie dazugeholt hatten, um die Beerdigung zu organisieren, stand neben Donovan, ein dünner Mann mit ausgemergeltem Gesicht.
»Denver«, sagte Donovan ernst.
»Tom. Danke, dass du gekommen bist«, erwiderte Beck, und sie schüttelten sich die Hände. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Bestatter. »Danke, dass Sie eingesprungen sind und alles vorbereitet haben, Mr Bishop.«
»Das war doch das Mindeste, was ich angesichts der unglücklichen Umstände tun konnte«, erwiderte der Mann.
Nachdem die Höflichkeiten ausgetauscht waren, wählte Beck einen der Stühle in der vorderen Zelthälfte, während weitere Trauergäste hereinkamen, darunter auch Sam und Louisa. Riley erkannte ein paar Gesichter aus dem Diner wieder, vor allem einige der alten Männer.
Als der Prediger sich Mühe gab, sie vor den Gefahren zu warnen, die ihnen drohten, wenn sie ihren Blick nicht auf Gottes Himmel gerichtet hielten, senkte Riley ihren Blick auf die beiden Male in ihren Handflächen. Für sie kamen die Warnungen des Mannes zu
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