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Engelsfeuer

Engelsfeuer

Titel: Engelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Oliver
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spät.
    Der Prediger war fertig und schaute erwartungsvoll zu Beck. Erstaunt sah Riley zu, wie Sadies Sohn sich vor dem Sarg aufbaute. Becks Gesicht war blass und faltig, die emotionale Anspannung war fast mehr, als er ertragen konnte.
    Warum tut er sich das an? Er schuldet seiner Mutter nichts .

    Unbehaglich verlagerte Beck sein Gewicht. Er wusste, dass alle ihn beobachteten, aber er musste den Zwist in seinem Herzen aus der Welt schaffen. Sein Blick wanderte zu Riley, und er spürte, wie ein Gefühl der Ruhe ihn umhüllte wie eine liebevolle Umarmung. Was hatte Pauls Tochter nur an sich, dass sie diese Gefühle bei ihm hervorrief?
    Sie nickte ihm ermutigend zu, obwohl sie keine Ahnung hatte, was er vorhatte. Beck räusperte sich und richtete den Blick auf das andere Ende des Zelts, über die Gesichter der Trauergemeinde hinweg. Vor allem vermied er es, die rothaarige Reporterin anzusehen.
    »Der Prediger hat ein paar schöne Worte über Sadie gesagt. Ich muss dem noch ein paar hinzufügen.« Er räusperte sich erneut. »Einige von euch kannten Sadie, als sie jünger war. Ich habe gehört, dass sie ziemlich witzig sein konnte und viel Humor hatte. Doch als ich auftauchte, war davon nichts mehr zu merken. Zumindest habe ich davon nichts gemerkt.«
    Sein Herz pochte heftig in seiner Brust. Warum stand er hier vorne? Warum hatte er das Gefühl, es tun zu müssen?
    »Die Sadie, die ich kannte, war keine gute Frau. Sie war niederträchtig wie eine Schlange und hing an der Flasche. Ich glaube nicht, dass sie je einen Kerl abgewiesen hätte.«
    Ein paar alte Damen schnappten nach Luft. Vielleicht war er zu ehrlich, aber irgendwie wusste er, dass Sadie nicht protestieren würde.
    »Als ich sechzehn war und die Stadt verlassen musste, hatte ich so viel Schlechtes gesehen, dass ich glaubte, da draußen sei es auch nicht besser. Ich war sicher, dass ich nichts taugte. Ein paar von euch haben versucht, mir zu helfen, und ich werde euch deswegen immer gut in Erinnerung behalten.« Sein Blick ruhte auf Donovan.
    »Das Einzige, was Sadie mir beigebracht hat, war, dass ich nicht so werden wollte wie sie. Ich wollte mein Leben nicht so sehr hassen, dass ich alle Freude darin zerstörte.« Jetzt wanderte sein Blick zu Riley. »Ich hatte Glück – in Atlanta habe ich ein paar gute Menschen getroffen, und sie zeigten mir einen viel besseren Weg.« Er seufzte schwer. »Sie brachten mir bei, dass ich sehr wohl etwas tauge und dass Sadie diejenige war, die sich einiges entgehen ließ. Was ich damit sagen will, ist, dass Sadelia Beck, selbst wenn sie kein guter Mensch war oder auch nur eine gute Mutter, mir doch mehr beigebracht hat, als sie je begriffen hat.«
    Seine Beine begannen zu zittern, und er versuchte vergeblich, das Beben unter Kontrolle zu bekommen. »Ich danke euch, dass ihr heute gekommen seid. Ich bezweifle, dass sie Frieden finden wird, dort, wohin sie unterwegs ist. Das war nie ihre Art, aber wenigstens haben wir uns ordentlich von ihr verabschiedet.«
    Keinen Augenblick zu früh humpelte Beck zurück zu seinem Platz. In seinem Magen rumorte es, und auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen.
    Riley beugte sich zu ihm und flüsterte: »Das hätte ich nie geschafft.«
    »Ich musste es tun«, flüsterte er zurück. »Ich lasse all das hinter mir, hier bei ihr im Dreck. Jetzt fange ich ganz neu an. Nichts wird mich mehr zurückhalten.«
    Riley schob ihre Hand in seine und drückte sie. »Du bist echt unglaublich, weißt du das eigentlich?«
    »Nein, ich bin einfach nur ich.« Und für heute reicht mir das auch .
    Der Prediger beendete die Trauerfeier mit einem weiteren Gebet, obwohl Becks freimütige Abschiedsworte ihn ziemlich verunsichert hatten. Die Trauergäste zogen am offenen Sarg vorbei und blieben einer nach dem anderen kurz stehen, um mit Riley und ihm zu sprechen. Louisa hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Dann stand Justine vor ihm, die unergründlichen smaragdgrünen Augen schimmerten feucht.
    »Oft sind es die schlimmsten Zeiten in unserem Leben, die uns am stärksten formen«, sagte sie. »Es tut mir aufrichtig leid um deinen Verlust, Beck.«
    Sie küsste ihn nicht, sondern berührte nur zärtlich seinen Arm, dann ging sie, nachdem er seinen Dank gemurmelt hatte.
    Als nur noch sie beide übrig waren, trat Beck an den Sarg, wo er lange auf das Gesicht der Frau hinabblickte, die ihm das Leben geschenkt und es dann zu einer Hölle auf Erden gemacht hatte.
    Warum konntest du mich nicht lieben? Ich war

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