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Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Engelsflammen: Band 3 (German Edition)

Titel: Engelsflammen: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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sein. Die Verteilung der Flügelfarbe war so klar wie Tag und Nacht: Gold für Dämonen, Silber oder Weiß für alle anderen. Und der Cam, den sie kannten, war ein Dämon. Daniel war nicht in der Stimmung, Shelby zu erklären, warum Cams Flügel von einem strahlend reinen Weiß waren, so funkelnd wie Diamanten, so gleißend hell wie von der Sonne geküsster Schnee.
    Dieser Cam aus der Vergangenheit hatte noch nicht die Seite gewechselt. Er stand nur kurz davor.
    An diesem Tag hatte Lilith Cam als Geliebten und Daniel ihn als Bruder verloren. Von diesem Tag an würden sie Feinde sein. Hätte Daniel ihn aufhalten können? Was wäre gewesen, wenn er sich nicht rasch von Cam fortgedreht und seine eigenen Flügel wie einen Schild ausgebreitet hätte – so wie er es jetzt Dani tun sah?
    Er hätte es versuchen sollen. Er brannte darauf, aus dem Gebüsch hervorzustürzen und Cam aufzuhalten. Was hätte nicht alles anders sein können!
    Cams und Danis Flügel besaßen noch nicht ihre quälende gegenseitige Anziehungskraft. Alles, was sie in diesem Moment voneinander abstieß, war eine hartnäckige Meinungsverschiedenheit, eine philosophische Rivalität unter Geschwistern.
    Beide Engel erhoben sich gleichzeitig vom Boden, doch jeder blickte in eine andere Richtung. Als Dani also nach Osten über den Himmel davonflog und Cam nach Westen, waren die drei Anachronismen, die sich im Gras versteckten, die Einzigen, die sahen, wie ein goldenes Glitzern in Cams Flügel hineinfuhr. Wie ein funkelnder Blitz.

Siebzehn
    Auf Knochen geschrieben
    Y IN , C HINA , Q INGMING - FEST
    (ungefähr 4. April 1046 vor unserer Zeitrechnung)
    Das Tunnelende des Verkünders war von einem hellen Licht durchflutet. Es küsste ihre Haut wie ein Sommermorgen im Haus ihrer Eltern in Georgia.
    Luce stürmte darauf zu.
    All seine Herrlichkeit . So hatte Bill das brennende Licht von Daniels wahrer Seele genannt. Der bloße Anblick von Daniels reinem, engelhaftem Ich hatte eine ganze Gemeinschaft von Menschen bei der Opferzeremonie der Maya in Flammen aufgehen lassen – darunter auch Ix Cuat, Luce’ vergangenes Ich.
    Aber da hatte es einen Augenblick gegeben.
    Einen Augenblick puren Staunens, unmittelbar bevor sie gestorben war, als Luce sich Daniel näher gefühlt hatte als je zuvor. Es war ihr egal, was Bill sagte: Sie erkannte den Glanz von Daniels Seele. Sie musste ihn noch einmal sehen. Vielleicht gab es eine Möglichkeit, es zu überleben. Sie musste es zumindest versuchen.
    Sie stürmte aus dem Verkünder in die kalte Leere eines gewaltigen Schlafzimmers.
    Der Raum war mindestens zehn Mal größer als jeder andere Raum, den Luce je gesehen hatte, und alles daran war luxuriös. Die Böden bestanden aus glattem Marmor und waren mit riesigen Tierfellen als Teppichen bedeckt, an einem hing noch ein unversehrter Tigerkopf. Vier Holzsäulen trugen eine sorgfältig mit Stroh gedeckte Dachschräge. Die Wände bestanden aus geflochtenen Bambusmatten. An dem offenen Fenster stand ein riesiges Himmelbett mit Laken aus goldgrüner Seide.
    Auf der Fensterbank lag ein winziges Teleskop. Luce nahm es in die Hand und teilte den goldenen Seidenvorhang, um hinauszuspähen. Das Teleskop war schwer und kalt, als sie es ans Auge hob.
    Sie befand sich in der Mitte einer großen, umfriedeten Stadt und schaute aus einem Fenster im ersten Stock. Ein Gewirr gepflasterter Straßen verband dicht gedrängte, uralt wirkende Gebäude mit lehmverputzten Wänden aus Flechtwerk. Die Luft war warm und duftete schwach nach Kirschblüten. Zwei Pirole flogen am blauen Himmel.
    Luce drehte sich zu Bill um. »Wo sind wir?«
    Dieser Ort erschien ihr genauso fremd wie die Welt der Maya und genauso weit in der Zeit zurück.
    Er zuckte die Achseln und öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber dann …
    »Scht«, flüsterte Luce.
    Schniefen.
    Jemand weinte leise, unterdrückte Tränen. Luce wandte sich dem Geräusch zu. Es kam aus dem angrenzenden Raum.
    Luce glitt barfuß über den Steinboden und bewegte sich auf den Bogen in der gegenüberliegenden Wand zu. Das Schluchzen hallte im Raum wider und rief nach ihr. Ein schmaler Durchgang führte in einen weiteren höhlenartigen Raum. Dieser war fensterlos, niedrig und nur schwach vom Schein eines Dutzends kleiner Bronzelampen beleuchtet.
    Sie konnte ein großes Steinbecken ausmachen, außerdem einen kleinen Lacktisch, auf dem schwarze Tonfläschchen mit aromatischen Ölen standen, die den ganzen Raum mit einem warmen, würzigen Duft

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