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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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feststellen. Der Körper war noch warm, und es gab keine Anzeichen einer Leichenstarre. Enrico hatte keinen Zweifel, dass der Mord gerade erst verübt worden und er Ohrenzeuge der Tat geworden war. Er zog sein Handy aus der Jackentasche und musste sich angesichts des Toten konzentrieren, um sich an die Notrufnummer der italienischen Polizei zu erinnern. Er hatte sich die Nummer der Carabinieri gemerkt, weil sie dem Notruf der deutschen Feuerwehr entsprach: eins-eins-zwei. Gerade wollte er die Ziffern eintippen, als ihn Schritte ganz in seiner Nähe aufschreckten. Sie kamen aus dem Kirchenschiff. Enrico schalt sich einen Narren. Wenn der Mord gerade erst verübt worden war, musste der Mörder natürlich noch in der Nähe sein.
    Wie hatte er nur so dumm sein können, das außer Acht zu lassen? Zu erklären war das nur mit dem Schock, den ihm der Anblick des toten Geistlichen versetzt hatte. Er sprang auf, lief zur offenen Tür und spähte ins Kirchenschiff. Hinter dem Beichtstuhl nahm er eine Bewegung wahr, und er hörte erneut Schritte. Jemand, den er im Zwielicht nicht genauer erkennen konnte, lief auf den Ausgang zu. In der Schule und beim Sport an der Uni war Enrico ein hervorragender Sprinter gewesen. Das kam ihm zugute, als er dem Flüchtenden nachsetzte. Das letzte Stück überwand er mit einem Sprung in den Rücken des anderen. Mit dem Verfolgten ging er zu Boden, und er wunderte sich über die vielen Haare in seinem Gesicht.
    Bedauerlicherweise hatte er keine Waffe. Der Mörder dagegen musste ein scharfes – tödliches – Messer bei sich tragen. Enrico ballte die Rechte, um den Mann mit einem schnellen Fausthieb außer Gefecht zu setzen. Im letzten Augenblick hielt er inne als er in das Gesicht des mutmaßlichen Mörders sah. Es war das Gesicht einer Frau. Ein schönes Gesicht, das von langem, rötlich schimmerndem Haar umspielt wurde. In den weit aufgerissenen grünen Augen der Frau spiegelte sich Furcht, als sie mit sich überschlagender Stimme keuchte: »Bitte, töten Sie mich nicht! Ein Mord ist doch genug!«
    Die Worte verwirrten Enrico. Die Frau hielt ihn für den Mörder!
    »Wer sind Sie?«, fragte er stockend.
    Die Antwort kam nicht von der Frau, sondern von jemandem hinter Enricos Rücken. »Das ist Dr. Vanessa Falk. Sie hat eine unbestreitbare Vorliebe für Treffen mit toten Priestern.«
    Alexander Rosin kam mit schnellen Schritten herbei. Enrico registrierte mit einer gewissen Erleichterung, dass der Schweizer kein blutiges Messer in der Hand hielt. Andererseits konnte Alexander, wenn er der Mörder war, sich längst der Tatwaffe entledigt haben.
    »Rosin!«, stieß die Frau hervor, und zu Enricos Erstaunen sprach sie Deutsch. »Wie kommen Sie hierher?«
    »Diese Frage wollte ich eigentlich meinem neuen Bekannten stellen«, sagte Alexander, ebenfalls auf Deutsch, und blickte Enrico an.
    »Ich bin dir gefolgt«, erklärte Enrico. »Du hattest es nach unserem Treffen so eilig, dass ich neugierig geworden war.«
    Die Frau sah Alexander an und sagte vorwurfsvoll: »Sie haben mich verfolgt!«
    Ein weiterer Mann trat aus dem Gang, in dem der Tote lag.
    Er hatte graues Haar und bewegte sich seltsam, als sei er gehbehindert. »Wir beide haben Sie verfolgt, Dottoressa, und das mit gutem Grund, wie man jetzt sieht.« Er wandte sich an Alexander und fuhr fort: »Die Kollegen sind verständigt und der Notarzt auch, sicherheitshalber.«
    »Du meinst, der Priester könnte noch leben?«
    »Wohl kaum. Aber das ist kein Grund, die Vorschriften zu missachten.«
    »Ich verstehe nicht ganz«, sagte Enrico und sah den Grauhaarigen an. »Wer sind Sie? Und wer ist der Mörder?«
    »Letzteres wüsste ich auch gern. Zu Ihrer ersten Frage: Commissario Stelvio Donati von der römischen Polizei.«
    Eine Viertelstunde später sah Enrico allmählich klarer. Er hatte sich vorhin nicht getäuscht, als ihm der seltsame Gedanke gekommen war, der Beschatter eines Beschatters zu sein.
    Alexander Rosin arbeitete mit dem Commissario namens Donati zusammen, und die beiden hatten von einem Treffen zwischen der rothaarigen Frau, jener Dr. Vanessa Falk, und dem Ermordeten gewusst. Dieser hieß Leone Carlini und war der Pfarrer in dieser Kirche – gewesen. Während Enrico mit der Frau, Alexander und dem Commissario in einem schmucklosen Zimmer der örtlichen Polizeistation saß, erfuhr er mehr über die beiden Priestermorde, zu denen sich jetzt ein dritter gesellt hatte.
    Bei dem ermordeten Leone Carlini handelte es sich um den Cousin

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