Engelsgesang
Leib.
Als Ángel das sich windende schwarze Muster auf der Haut sah, hielt er den Atem an. Zögernd fuhr er es mit den Fingerspitzen nach. „Auch ich habe geträumt … hiervon … und wie es wohl wäre, wenn …“
Martins Atem kam stoßweise. Sein Blick war gesenkt, so dass Ángel nur die zarten Augenlider mit den dunklen Wimpern sehen konnte.
Martin trat noch dichter an ihn heran und drängte ihn dabei behutsam zur Wand. „Du fühlst es also auch?“
Ein wohliger Schauer durchfuhr Ángel. Er sagte kein Wort, ließ sich aber von Martin widerstandslos an die Wand drücken. Sie waren sich so nah. Er roch ihn, fühlte den starken Körper, die harte Schwellung, die sich in seiner Hose bemerkbar machte, und er spürte eine noch nie da gewesene Erregung in sich aufsteigen. Trockene, kühle Hände fuhren seine Seiten hinauf, schoben sein Oberteil hoch und zogen es ihm mit einem Ruck über den Kopf. Ihre Münder, so dicht beieinander, tranken den Atem des anderen.
Als Martin ihm mit schnellen Bewegungen den Gürtel, und kurze Zeit später seine Hose, öffnete, keuchte er auf. Mit einem wohligen Schauer registrierte er die kühle Hand, die ihn erforschte.
„Komm, lass es uns tun.“ Martins Stimme war rau.
Ein Schreck fuhr Ángel durch Mark und Bein. Nun war es also so weit … aber er wollte es doch auch … es war wie ein schmerzhaftes Ziehen in ihm drin. „Ja, bitte“, flüsterte er und es klang fast wie ein Flehen.
Mit einer kräftigen Bewegung drehte Martin ihn um. Ángel spürte die kalte Wand an seiner Wange, seiner Brust. Martin presste sich gegen ihn. Seine Hände schienen überall gleichzeitig zu sein, dann drängte er seine Beine auseinander.
Jeder Muskel in Ángels Körper erstarrte, als plötzlich der Geruch von Terpentin über ihm zusammenschlug und ihn fast in die Knie gehen ließ. Ein Zittern erfasste ihn und er begann zu stottern: „Nein … bitte … NEIN … NICHT SO!“ Die letzten Worte hatte Ángel fast geschrieen.
Martin rückte von ihm ab und sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an. „Was ist? Habe ich etwas falsch gemacht?“
„Nein“, schluchzte Ángel und schob sich an der Wand noch weiter von ihm weg. „Du hast nichts falsch gemacht, nur … bitte …“ Er sah zur Decke und versuchte seinen heftigen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Dann strich er Martin entschuldigend über die glatte Wange. „Ich will es doch auch, aber lass es uns bitte woanders tun. Nicht hier. Nicht in einem Atelier. Lass uns in dein Zimmer gehen. BITTE!“
„Wie du meinst.“ Martin schloss seine Hose und wies auf die geöffnete Tür. Ángel ging wankend aus dem Raum, auf die Tür zu, hinter der sich Martins Zimmer befinden musste. Er zwang seine Nerven zur Ruhe. Er wollte das, was sich gerade angebahnt hatte, wirklich. Er wollte es nur nicht in einer Umgebung von Ölfarben, Terpentin und Leinwänden.
Er öffnete die Tür und nahm mit Erstaunen die schwarz gestrichenen Wände sowie die schwarze Einrichtung des Zimmers in sich auf. Alles wirkte wie eine finstere Höhle. Die Fremdartigkeit dieses Raumes half ihm schnell, die gerade noch erlebten schaurigen Erinnerungen zu verdrängen.
Ángel ging ohne zu zögern zum Bett. Hier blieb er stehen und drehte sich um. Martin stand an der Tür. Er war wunderschön, sein Körper so perfekt, während sich das schwarze Haar mit den Dornenranken auf seiner Haut zu einem einzigartigen Kunstwerk verwob. Dann sah Martin ihn an … wie ein verletztes Tier sah er zu ihm herüber.
Ja, er hatte ihn mit seiner Abweisung verletzt, das wusste er. Doch es war ihm nichts anderes übrig geblieben. Er wollte die dünne Papierwand, die zu einer Erinnerung führte, die ihn ängstlich an eine kalte Wand gepresst, mit Terpentingeruch in der Nase zeigte, nicht durchstoßen. Dafür war ihm dieser Moment mit Martin zu kostbar. Er wollte das heutige Erlebnis mit keinen schlechten Erinnerungen aus der Vergangenheit teilen. Diese Erfahrung sollte unberührt davon bleiben, ihm allein gehören. Ihm – und Martin.
„Willst du vielleicht ein bisschen Gras rauchen?“ Martins Blick glitt unsicherer über Ángels nackten Oberkörper.
„Nein, ich möchte keinen Rausch. Jedenfalls nicht so einen“, lächelte Ángel. Wie beiläufig ließ er seine Hose zu Boden gleiten. „Komm zu mir!“, flüsterte er. „Komm und schenke mir mein richtiges erstes Mal.“ Dann öffnete er seine Beine und bot sich seinem Liebhaber an, wie es eine Frau tun würde.
38.
38.
Martin lag wach.
Nachdem
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