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Engelsgesang

Engelsgesang

Titel: Engelsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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hatte.
    Martin zuckte nur mit der Schulter. „Ich arbeite gerade an meiner Semesterarbeit. Da kann ich mir das erlauben.“
    „Aha“, sagte Ángel tonlos und vergrub seine Hände in den Hosentaschen, ohne sich von der Stelle zu bewegen.
    „Und? Kommst du? Ich würde dir gern was zeigen?“
    Irgendwie konnte er mit Martins plötzlichem Stimmungswandel nichts anfangen. Er war misstrauisch. Letztens noch hatte er ihn links liegen lassen und sich lieber mit einer Schlampe amüsiert … und jetzt hatte er so offenkundiges Interesse an ihm, dass es schier unglaublich war. Seltsamerweise hatte nicht mal seine Bemerkung, dass er mit Valerie intim geworden war (egal, ob es der Wahrheit entsprach oder nicht), Martin verärgert.
    „Was willst du mir zeigen?“, fragte Ángel vorsichtig.
    „Das möchte ich dir noch nicht verraten. Aber wenn ich Glück habe, gefällt es dir.“
    „Wenn du Glück hast?“
    Wieder zuckte Martin mit der Schulter, was ihm ein unsicheres, fast kindliches Aussehen verlieh, das im völligen Gegensatz zu seinem düsteren Outfit stand. „Was ist? Kommst du nun?“
    Wortlos stieg Ángel in den tiefer gelegten Sportwagen. Kaum, dass er die Tür geschlossen hatte, tauchte er, wie schon heute Morgen, in eine völlig fremde Welt ein. Eine stille, verschwiegene Welt, die ihm Dinge zuflüsterte, deren er sich schämte. Dinge, die ihn auf eine seltsame, noch nie erlebte Weise erregten.
    Aufmerksam beobachtete er, wie Martins schlanke, schwarze Gestalt durch das Sonnenlicht um den Wagen lief. Als dieser sich hinter das Lenkrad setzte, drehte er sich zur Seite und sah ihn an. Ángel musste all seinen Mut aufwenden, um diesem Blick standzuhalten. Er hatte Angst, dass Martin die beschämenden Gedanken von seinem Gesicht ablesen konnte. Gedanken voller verbotener Dinge, von denen er doch eigentlich keine Ahnung hatte, zogen als verschwommene Bilderflut durch sein Hirn und ließen wieder dieses Kribbeln in seinem Unterleib aufsteigen.
    Doch das war jetzt egal. Er musste etwas klarstellen, vorher konnte er nicht so tun, als wäre nie etwas passiert. „Warum?“, fragte er und sah Martin unverwandt an.
    „Warum was?“
    „Warum bist du hier? Was willst du von mir?“
    Martin sah durch die Windschutzscheibe. Seine Finger umkrallten das Lenkrad. „Ist das so wichtig?“
    „Ja, ich will es wissen. Ich möchte nicht, dass du mit mir spielst. Ich möchte nicht mehr verletzt werden.“
    „Ich spiele nicht mit dir. Ich will … ich will nur … verdammt …“ Martin schlug mit seiner Faust auf das Armaturenbrett. „Reicht es nicht, dass ich da bin und dich bitte, mir noch eine Chance zu geben?“
    „Eine Chance für was?“, fragte Ángel atemlos und spürte die Angst vor der Antwort in sich hochsteigen.
    „Freundschaft?“
    „Freundschaft ist es, was du willst?“ Ángel konnte nicht anders, als laut aufzulachen.
    Doch Martin reagierte nicht verärgert. Er verstummte für eine Weile, bevor er das Entscheidende sagte, das Ángel zwar erwartet, aber niemals zu hören gehofft hatte.
    „Ja, ich will deine Freundschaft. Denn, wem könnte ich meine tiefsten Geheimnisse sonst anvertrauen, wenn nicht einem Freund?“
    Darauf wusste Ángel nichts zu entgegnen. Stumm saßen sie nebeneinander.
    Irgendwann ließ Martin den Motor an und München begann an ihnen vorbeizuziehen. Die Fahrt dauerte länger, als Ángel gedacht hatte. Zuerst verließen sie die Innenstadt, um dann über die Autobahn dahinzudonnern. Bei Grünwald bog Martin ab. Einzeln stehende protzige Häuser, von dichten Hecken umrahmt, standen mit einigem Abstand an der Straße. Vor einer stuckverzierten Villa trat Martin hart auf die Bremsen. Ángel wurde in den Sicherheitsgurt geworfen, sein Kopf flog nach vorn und stieß einen kurzen Moment später hinten an die Kopfstütze an.
    „Entschuldige, wir sind da“, sagte Martin ernst, ohne das winzigste Lächeln. Langsam fuhr er den Kiesweg entlang und parkte sein Auto schräg vor einer riesigen Doppelgarage.
    Ángel staunte, als sie die Villa betraten. Es übertraf bei weitem die Größe seines Elternhauses. Blanker weißer Marmorboden spiegelte die, in die Decke eingelassenen Halogenleuchten.
    Ohne ein Wort folgte Ángel seinem schweigenden Gastgeber durch die große Eingangshalle in ein elegantes Esszimmer. Er würde nicht zu reden beginnen. Martin sollte den Anfang machen. Er wusste nicht, was ihn erwartete, was er hier überhaupt sollte. Er hatte alle Zeit der Welt und würde warten, bis Martin ihm

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