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Engelsgesang

Engelsgesang

Titel: Engelsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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verkniffen. „Ruf deine Freundin an und dann lass uns losfahren.“
    „In Ordnung, dieses Mal tue ich, was du willst, aber glaub nur nicht, dass du hier der Boss bist.“
     
    Eine halbe Stunde später saß die blonde Karin neben Ángels Bett und strich ihm das Haar zurück. „Was ist denn mit dem passiert? Der sieht echt Scheiße aus.“
    „Das geht dich nichts an! Falls er aufwacht, gib ihm eine hiervon“, sagte Martin und legte ein kleines Tütchen Pillen auf den niedrigen Tisch. „Ansonsten ruf mich an, wenn irgendwas ist.“
    „Geht klar, Marty.“ Karin stand auf und legte ihre Arme um seinen Hals. „Wir haben dich übrigens beim letzten Treffen vermisst.“
    „Ich hatte zu tun“, antwortete Martin trocken und zog ihre Arme von seinen Schultern.
    „Schon klar. Frater Azurite hätte nur gern Bescheid gewusst. Du weißt ja, wie das so läuft …“
    „Lass uns später darüber reden. Wir müssen jetzt los.“ Er strich ihr mit einer beiläufigen, gefühllos anmutenden Geste über die Wange.
    „Okay, bis dann“, seufzte Karin und zog eine Zigarette aus ihrer Handtasche.
    „Hier drin ist Rauchverbot“, sagte Wolfgang trocken. „Wenn du es nicht aushältst, geh den Gang runter. Da geht’s zum Garten.“
    Hätte er gewusst, dass er mit dieser Anordnung ein neues Problem heraufbeschwor, hätte er sich vorher bestimmt die Zunge abgebissen.

59.
    59.
     
    Wolfgang saß wie ein Fremdkörper in dem lederbezogenen Sitz des tiefer gelegten BMW. Sein Gesicht wirkte wie eine zusammengeballte Faust. Seine Gedanken weilten schon wieder bei dem Vorfall, der sich heute Abend abgespielt hatte. Wieder und wieder erlebte er den Augenblick, als er durch die Tür der Herrentoilette gestolpert war. Noch nie in seinem Leben hatte er bei den Gedanken an einen Menschen solch eine Wut empfunden. Er hasste diesen Gabriel van Campen, genau so sehr wie er seinen Sohn liebte. Er litt mit Ángel und spürte sein Herz wie zerfleischt in seiner Brust schmerzen. Und die Wut saß wie ein heißer Stein in seinem Magen, und schickte regelmäßige Schübe von Galle seine Speiseröhre hinauf.
    Je öfter er an das gewaltvolle Ereignis mit Ángels Vater zurückdachte, umso schärfer erinnerte er sich an jedes einzelne Detail. Wie konnte ein erwachsener Mann so etwas tun? Wie erbarmungslos musste man sein, um den eigenen Kindern so etwas antun zu können?
    Wolfgangs Hand krampfte sich um die Zigarettenschachtel in seiner Jackentasche. Regentropfen glitzerten auf den Scheiben und verzerrten die vorbeiziehende nächtliche Landschaft zu einem surrealen Film. Er wollte nicht mehr überlegen, was hätte sein können, wenn er eher nach Ángel gesehen hätte, wollte nicht mehr die Bilder seines angstvollen, schmerzverzerrten Gesichtes erleben müssen. Und doch ließen sie ihm keine Ruhe. Sie kreisten in seinem Kopf und ließen kaum Platz für andere Gedanken.
    Doch als endlich einer dieser anderen Gedanken auftauchte, hielt er ihn fest und zog sich an ihm wie an einem Rettungsseil entlang ans Ufer, wo noch andere Probleme und Sorgen auf ihn warteten. Aber wenigstens schmerzten diese nicht so sehr.
    „Bist du dir sicher, dass wir ihr trauen können?“
    „Wen meinst du? Karin?“ Martin warf ihm einen genervten Blick zu. „Willst du zurückfahren und bei Angel bleiben? Ich schaff das mit dem Mistkerl ganz bestimmt auch allein!“
    „Nein, nein. Ich wollt ja nur wissen ... läuft da zwischen dir und der Kleinen was?“, platzte es aus ihm heraus.
    „Was soll das jetzt? Willst du dich mit mir anlegen? Haben wir keine anderen Sorgen? Heb dir das lieber für Angels Scheißvater auf!“ Martin warf ihm einen drohenden Blick zu.
    „Ich … ich wollte nur Klarheit. Weißt du, wenn ich das Gefühl habe, dass du Angel hintergehst, kann ich nicht mit dir zusammen arbeiten.“
    Martin ließ ein abfälliges Schnaufen hören, blieb aber stumm.
    „Ihr gehört beide irgendeinem Zirkel an, oder?“, bohrte Wolfgang weiter. Er hatte jetzt ein Thema gefunden, das ihn ablenkte und gleichermaßen neugierig machte. Er würde es nicht so schnell fallen lassen. Wenn er das tat, würden sofort wieder quälende Bilder auf ihn einstürzen und die, glaubte er, weniger ertragen zu können, als eine eventuelle körperliche Konfrontation mit diesem Satanistenabklatsch neben sich. „Ich dachte mir nur … bei der schwarzen Kleidung und den gleichen Symbolen, die ihr als Schmuck tragt ... gib doch zu, der Gedanke an Satansanbetung liegt da nicht fern.“
    „Wenn du

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