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Engelsgrab

Engelsgrab

Titel: Engelsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Ramsay
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noch erwischen«, erklärte Ellison an Jenkins gewandt. »Normalerweise bin ich um fünf Uhr weg. Erst recht an einem Freitag.«
    Brady nahm das vollgestopfte Büro in Augenschein. Zwei Schreibtische standen sich jeweils an einer Wand gegenüber, übersät mit Unterlagen, Büchern und Aktenordnern. Dahinter hingen Poster, auf denen Sportler zu sehen waren. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf Sophies Klassenlehrer. Auch der war ein sportlicher Typ, hochgewachsen und athletisch, ein Mann, in dessen Gegenwart sich andere Männer wie Schlappschwänze fühlten und neidvoll erkannten, da war einer, auf den die Frauen flogen. Brady betrachtete dessen fein gemeißelte knabenhafte Züge, das kunstvoll zerzauste blonde Haar und die strahlend blauen Augen, eine fatale Kombination, wie er fand, insbesondere für pubertierende junge Mädchen.
    Ellison setzte sich auf die Kante seines Schreibtisches und deutete auf die Sportplakate an den Wänden.
    »Da sehen Sie meine Lieblingsbeschäftigungen, wenn ich nicht unterrichte. Snowboarding, Bergsteigen und Surfen.«
    »Beeindruckend«, sagte Brady und beschloss, den Mann nicht zu mögen.
    Dass man in Australien, Hawaii oder Kalifornien unter der Sonne surfte, konnte er ja noch verstehen, aber nicht in der eisigen, von Abwässern verseuchten Nordsee hier oben bei ihnen. Schon bei dem Gedanken, an den verregneten Wochenenden im Neoprenanzug wellenzureiten, wurde ihm ungemütlich.
    »Mein Gott, Sie stehen ja noch«, entschuldigte sich Ellison, stand auf und kippte seine Kletterausrüstung von zwei Stühlen auf den Boden. »Nie weiß man in dem kleinen Raum, wohin mit dem Zeug.«
    »Danke.« Conrad setzte sich.
    »Ich stehe ganz gut«, sagte Brady.
    Im Sitzen wurde sein Bein steif, und er wollte nachher nicht mühsam wie ein alter Mann aufstehen. Nicht vor dem Nordseesurfer – und auch nicht vor Jenkins.
    »Was kann ich denn für Sie tun?«, begann Ellison und sah Jenkins an.
    »Sie könnten uns etwas über Sophie Washington erzählen«, antwortete Brady.
    Ellisons Blick zuckte zu ihm hinüber.
    Dann schüttelte er den Kopf und hob die Schultern.
    »Sehr viel weiß ich eigentlich nicht über sie.«
    Mit einem Mal wirkte Ellison angespannt. Er versuchte zwar, sich locker zu geben, aber Brady machte er nichts vor. Man ist nicht locker, wenn es um einen Mordfall geht.
    »Aber vielleicht ist Ihnen ja doch etwas aufgefallen«, schlug er vor. »Beispielsweise, dass sie in letzter Zeit abgelenkt war oder auch bedrückt. Was wir brauchen, ist ein klares Bild über ihr Verhalten. Immerhin waren Sie ihr Klassenlehrer.«
    »Da war nichts.« Hilfesuchend schaute Ellison Jenkins an. »Eigentlich kann ich es noch immer nicht fassen. Warum sollte jemand Sophie umbringen wollen?«
    »Um das herauszufinden, sind wir hier«, bemerkte Brady.
    Ellison seufzte und sah ihn an.
    »Aber ich kann Ihnen nicht helfen. Sophie war beliebt. Ich fand auch nicht, dass sie abgelenkt oder sogar bedrückt wirkte. Sie war fleißig, wie immer. Und gesellig.«
    »Und doch hat man sie ermordet.«
    Ellison setzte sich an seinen Schreibtisch und schwieg.
    »Sie war eine ausgezeichnete Schülerin«, erklärte er schließlich. »Sehr begabt in Mathematik. Sie hatte schon mit dem Kurs der Oberstufe begonnen.«
    »Haben Sie den unterrichtet?«, fragte Brady. Er hatte Ellison eher den Sportunterricht zugetraut.
    »Ja.«
    »Und was war mit der Klassenfahrt nach Deutschland?«
    »Was soll damit gewesen sein?«, fragte Ellison argwöhnisch und fuhr sich mit der Hand durch sein kurzes Haar.
    »Wir glauben, dass Sophie auf dieser Fahrt mit jemandem eine Liebesbeziehung begonnen hat.«
    Für einen Moment wirkte Ellison verdutzt.
    »Darüber weiß ich nichts. Ich war ja auch nur ihr Lehrer. In dem Punkt sollten Sie wohl eher Sophies Freundinnen befragen.«
    »Das haben wir getan«, erwiderte Brady. »Angeblich hatte Sophie sich mit einem älteren Jungen eingelassen. Wissen Sie, wer das sein könnte?«
    »Aber woher denn?«, rief Ellison aufgebracht. »Ich bin nur ihr Mathe-und Klassenlehrer.«
    Die anderen schauten ihn abwartend an.
    »Vielleicht haben Sie da etwas falsch verstanden«, setzte Ellison leiser hinzu.
    »Nein, Mr Ellison«, entgegnete Jenkins ruhig. »Wir haben die Liste von Sophies Telefonaten. Gleich nach der Klassenfahrt häufen sich Gespräche mit jemandem, der nicht zu ihren Freundinnen gehörte. Und dann ist da auch noch der Autopsiebericht.«
    »Was soll das heißen?« Ellisons Blick irrte zwischen Brady und

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