Engelsgrab
versucht, sich das Gegenteil einzureden.
»Du bist ein Stück Dreck, Jack«, sagte Kate. »Weißt du überhaupt, wie alt das Mädchen ist? Wenn du mich fragst, geht sie noch zur Schule.«
Brady zuckte bei Kates harschen Worten zusammen.
»Sie ist über achtzehn«, verteidigte er sich matt.
»Da wäre ich mir nicht so sicher. Wenn du irgendwann mal nüchtern genug bist, wirst du vielleicht erkennen, wie jung sie noch ist.«
»Wofür hältst du mich?«, fragte er und bereute es sofort.
»Für einen richtigen Mistkerl. Herrje, ich hätte dir wirklich alles Mögliche zugetraut, aber das hier nun doch nicht.«
»Kate, es war nur eine einzige Nacht, mehr nicht. Ich … ich …«
Brady verstummte, denn Kate hatte aufgelegt. Benommen starrte er auf das Telefon in seiner Hand.
Als es an der Tür klopfte, erwachte er wie aus einer Trance.
»Ja?«
Brady blickte zerstreut hoch, als Conrad hereinkam.
»Ich dachte, das hier sollten Sie sich ansehen«, sagte Conrad und hielt ihm eine Akte hin.
»Was ist das?«, fragte Brady und griff danach.
»Das ist eine Übersicht über die Telefonate, die Sophie in den letzten drei Monaten auf ihrem Handy empfangen oder getätigt hat.«
»Gut«, sagte Brady. »Und weiter?«
»In der Mordnacht hat sie um ein Uhr einunddreißig zum letzten Mal jemanden angerufen. Das Gespräch hat eine Minute gedauert. Zehn Minuten später wurde ihr Handy ausgeschaltet.«
»Mit wem hat sie telefoniert?«
Conrad senkte den Blick.
»Ist es jemand, den wir kennen?«, fragte Brady und merkte, dass ihm flau wurde.
»DI Matthews«, flüsterte Conrad.
»Das ist nicht wahr, oder?«, fragte Brady mit trockenem Mund. »Hat die Liste sonst noch jemand gesehen?«
»Niemand … Deshalb bin ich ja zuerst zu Ihnen gekommen.«
»Dann sollten wir es auch dabei belassen. Für den Moment jedenfalls.«
Conrad schien nicht wohl dabei zu sein.
»Ich weiß, das ist sehr viel verlangt«, fuhr Brady fort. »Aber ich brauche ein wenig Zeit.«
»Sophie hat auch Evie Matthews angerufen«, sagte Conrad steif. »Um zwölf Uhr einundfünfzig.«
Auch das hatte Evie nicht für nötig befunden, ihm mitzuteilen, dachte Brady. Aber viel schlimmer war, dass Matthews ihn in dem Punkt nicht vorgewarnt hatte, denn der wusste immerhin, dass sie diese Übersicht anfordern würden.
Conrad holte Luft. »Und dann ist da noch eine Handynummer, die wir nicht identifizieren konnten.«
Brady warf einen Blick auf die Liste.
»Es muss sich um ein Wegwerfhandy handeln«, erklärte Conrad. »Vor zwei Monaten taucht die Nummer zum ersten Mal auf, aber die Gespräche dauerten jedes Mal eine ganze Weile.«
Brady überflog die Liste. Tatsächlich sah es so aus, als hätten Sophie und der unbekannte Anrufer sich einiges zu erzählen gehabt. Auch in der Mordnacht hatten sie miteinander gesprochen, einmal für fünf Minuten um zwanzig nach zehn und dann doch einmal kurz nach Mitternacht gute drei Minuten lang.
Brady vertiefte sich in die Liste und suchte die Zeiten früherer Anrufe zwischen den beiden heraus.
»Das kann doch kein Zufall sein«, murmelte er.
»Was?«, fragte Conrad.
»Die Anrufe beginnen ungefähr zu dem Zeitpunkt, als Sophie von einer Klassenfahrt nach Deutschland zurückgekehrt ist. Ich wette, der unbekannte Telefonpartner war ihr Lehrer.« Er zog das Foto von Sophie und Mr Ellison im Schwarzwald hervor und zeigte es Conrad.
Conrad betrachtete es ungläubig. »Der Mann da soll ihr Lehrer sein?«
Brady nickte. »Ich denke, wir werden ihm ein paar Fragen stellen müssen.«
Kapitel 31
»Sie kommen bestimmt wegen Sophie.« Ben Ellison trat zur Seite, um Brady, gefolgt von Conrad und Amelia Jenkins, in sein Büro zu lassen.
Brady stellte seine Begleitung und sich vor.
Jenkins reichte Ellison die Hand.
Ellison nahm sie und lächelte charmant.
»Bitte, entschuldigen Sie das Durcheinander«, sagte er und räumte für Jenkins einen Bücherstapel von einem Stuhl.
Jenkins setzte sich und schlug die Beine übereinander. Ihr Rock rutschte höher, als sie beabsichtigt hatte. Brady bemerkte, dass er nicht der Einzige war, der hinschaute. Ellison wandte schnell seinen Blick wieder ab.
Brady hatte Jenkins mitgenommen, um sich eine zweite Meinung einzuholen. Er war sich zwar so gut wie sicher, dass Sophies und Ellisons Beziehung über das Lehrer-Schülerin-Verhältnis hinausgegangen war, aber trotzdem wollte er auf Jenkins’ Eindruck warten, ehe er irgendwelche Anschuldigungen vorbrachte.
»Sie haben Glück, dass Sie mich
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