Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
darauf wiederkam.
Heidmüller hob den Kopf aus den Händen und sah ihn ungläubig an.
»Das Auto mit dem gesuchten Kennzeichen steht auf einem Grundstück in der Nähe des Stadtparks.«
»Im Ernst! Wo genau?«
Der Uniformierte nannte Straße und Hausnummer. Erklärend setzte er hinzu: »Eine Kollegin auf Streife hat den Funkspruch gehört und sich an das Fahrzeug erinnert. Sie sagt, dass es ihr schon mehrmals aufgefallen ist. Es steht ganz oft auf dem Grundstück einer Villa am Stadtpark. Sie weißdas, weil sie schon öfters dort war, wenn sich die Nachbarn bei der Polizei beschwert hatten. Nächtliche Ruhestörung und so weiter … Offiziell gehört das Haus einer Frau Martha Schneider, die aber in einem Pflegeheim untergebracht ist. Ihr Neffe, ein Mann namens Mark Lohse, bewohnt das Haus.«
»Mark Lohse? Der Name sagt mir etwas. Den hat Frau Korittki doch vor ein paar Tagen selbst verhört …«
Es war kalt. Ihr war übel. Ein pochender Schmerz an ihrem Hinterkopf signalisierte ihr, dass etwas dort nicht in Ordnung war. Einen Augenblick sträubte sich Pia dagegen, das Bewusstsein wieder zu erlangen. Sie hielt die Augen geschlossen und versuchte, durch den alles dominierenden Schmerz hindurch ein paar Erinnerungsfetzen aus dem Trüben ihres Kurzzeitgedächtnisses zu fischen. Dann wünschte sie, sie hätte das nicht getan.
Sie war in dieser Diskothek gewesen. Das Sub, von dem alle, allen voran Nele, immer wieder gesprochen hatten. Samstags ging man dorthin. Ob noch Samstag war? Sie hatte Mark Lohse getroffen, den sie vor ein paar Tagen im Kommissariat nach dem Verbleib von Beate Fischer befragt hatte. Sie hatte neben ihm an der Bar gesessen und sich mit ihm unterhalten. Dann waren noch zwei Freunde von ihm dazugekommen. Den einen hatte Mark Lohse Joe genannt. Pia hatte sein Gesicht auf einem der Fotos in der Abi-Zeitung gesehen. Die andere wurde Isabel genannt. Und eben diese Isabel war die Frau gewesen, deren Nummer in der Telefonzelle gestanden hatte.
Beate Fischer, das Phantom, und Isabel waren ein und dieselbe Person.
Das Nächste, an was sie sich erinnerte, war der plötzliche Schmerz im Magen und dass ihr schwarz vor Augen geworden war. Wo aber war sie jetzt?
Sie lag auf einem kalten, harten Untergrund, und es war dunkel. Pia versuchte sich zu bewegen, aber sie konnte es nicht. Ihre Handgelenke waren zusammengebunden. Und sie bekam schlecht Luft, weil etwas über ihren Mund geklebt worden war. Die beginnende Panik ließ sie schlagartig hellwach werden. Plötzlich hatte sie das Gefühl, viel mehr Luft zu brauchen. Mit aufgerissenen Augen starrte sie in die Dunkelheit. Schräg über ihr sah sie ein vergittertes Rechteck, durch das ein schwacher Lichtschein fiel. Eine nackte, unbeleuchtete Glühbirne schimmerte matt an der Decke. Als Pias Augen sich auf die Dunkelheit eingestellt hatten, folgte sie dem über Putz verlegten Kabel von der Glühbirne bis zu einem altmodischen Drehschalter neben einer Tür …
Es gelang ihr, sich auf die Knie zu setzen, und sie zerrte wieder an den Fesseln am Handgelenk: Klebeband, wie es sich anfühlte. Klebeband über dem Mund und an den Handgelenken. Ihre Füße waren frei.
Im Sitzen wallte die Übelkeit mit erschreckender Stärke erneut in ihr auf. Sie versuchte, dem Würgereiz mit tiefen Atemzügen Herr zu werden, was wegen der begrenzten Luftzufuhr fast unmöglich war. Wenn ich erbrechen muss, werde ich ersticken, dachte Pia. Ich werde hier an meinem Erbrochenen ersticken.
Vorsichtig, um den Kopfschmerz und die damit verbundene Übelkeit nicht weiter zu provozieren, bewegte sie sich auf Knien auf die Seite des Kellerraumes zu, wo ein paar Pappkartons gestapelt standen. Sie rieb ihre Wange dort, wo sie den Beginn des Klebestreifens vermutete, an der Kante des Pappkartons entlang. Immer wieder musste sie innehalten,um zu schlucken und den wilden Schmerz, den die Bewegung ihres Kopfes verursachte, zu beruhigen. Es fühlte sich so an, als löse sich schon eine Ecke des breiten Klebestreifens. Sie presste ihre Wange gegen den stinkenden Karton in der Hoffnung, das Band möge bald mehr an der Pappe haften als an ihrer Haut. Millimeter für Millimeter löste es sich, bis es halb ab war und sie mit einem Japsen Luft durch den Mund holte. Ihr wurde wieder schwindelig, und sie lehnte einen Moment kniend mit der Stirn gegen die Seite des Kartons gelehnt. Dann gelang es ihr, das lose Ende zwischen ihre Knie zu nehmen und das Klebeband gänzlich zu entfernen.
Es war
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