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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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ganz kooperativ.“
    Pascal grummelte einen Fluch.
    „Was ist da zwischen Katherina und deinem Vater?“ Cyrics Stimme hob sich etwas. „Dass sie die Integrität der Garde und ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzt, um ihn tot zu sehen?“
    Gabriel klickte den Sicherungshebel an der Pistole zurück. Das war eine Frage, die er sich oft gestellt hatte in den letzten Tagen. Er war gespannt, was sein Vater antworten würde. Wenn er rechtzeitig kam, um ihn fragen zu können.
    Sie fanden Thomasz in einem versteckten kleinen Labor ohne Fenster am Ende des Korridors. Die Stahltür sah aus, als sei sie kürzlich eingesetzt worden. Es erforderte Pascals gesamtes Geschick, um die Schlösser aufzubrechen. Der Raum war gesichert, als handele es sich um den Tresor einer Schweizer Bank. Dahinter befand sich ein kleines Krankenzimmer. Zwei Wandleuchten tauchten den Raum in warmes Dämmerlicht.
    Thomasz sah zerbrechlich aus, wie er im Bett lag, ein weißes Laken über die Brust gezogen. Seine Haut schimmerte wächsern. Seine Lider zuckten, er atmete flach. Gabriel starrte auf die Kanüle, die im Arm seines Vaters steckte und mit einem Schlauch verbunden war, durch den eine klare Flüssigkeit rann. Seine Kehle war trocken, seine Augen brannten. Er hatte so sehr gehofft, dass sie Thomasz finden würden. Und hatte sich zugleich, tief in seinem Innersten, bereits von der Hoffnung verabschiedet.
    Sein Geist brauchte eine Zeit lang, um zu begreifen, dass dies keine Täuschung war und keine Illusion.
    „Vater“, flüsterte er. „Kannst du mich hören?“ Mit dem Handrücken strich er Thomasz das Haar aus der Stirn. Sein Vater war von zarter körperlicher Konstitution, ein Gelehrter, kein Kämpfer. Seine pergamentdünne Haut, obwohl frei von Falten, gab eine Ahnung seines wirklichen Alters preis.
    „Er ist voller Drogen“, sagte Pascal. „Genauso wie die anderen. Deshalb konnten wir sie kaum spüren.“
    Doch die zweite Kanüle fehlte. Die, durch die das Leben aus den anderen Schattenläufern herausgeflossen war. Hatten Stephan die Skrupel gepackt, als er im Begriff war, den Mann auszubluten, der ihn aufgezogen hatte? Aber warum hatten seine Schergen Thomasz überhaupt entführt? Ein Zufall? Ein Versehen?
    Gabriels Kopf füllte sich mit einer verrückten Euphorie, nicht unähnlich dem Gefühl, das einen Kämpfer überkommt, wenn er begreift, dass er dem Tod entronnen ist. Er umfasste Thomasz’ Ellbogen, vorsichtig, um ihm nicht wehzutun, und zog die Nadel heraus. Ein Zittern glitt über das Gesicht seines Vaters, doch er erwachte nicht. Gabriel griff nach einer Decke und breitete sie über Thomasz’ schmalen Leib. Dann schob er seine Hände unter den Rücken und die Kniekehlen seines Vaters und hob ihn aus dem Bett. Leicht fühlte sich der Körper an. Zerbrechlich wie Glas. Gabriel verlagerte das Gewicht, sodass Thomasz’ Kopf an seiner Brust ruhte. Seine Beine fühlten sich an wie aus Blei, als er den langen Weg zurück nach draußen antrat, mit seinem Vater auf den Armen.

21
    H
lan Schattenherz fuhr sie zurück in die Brewery in Pascals Werkstatt. Er blieb schweigsam und in sich gekehrt und bewegte sich, als sei er verletzt. Violet wusste nicht, wie viel von dem Blut auf seinen Kleidern sein eigenes war. Er nahm eine Kiste voller Lappen und Ölfläschchen aus einem der Regale und setzte sich nach draußen auf die Laderampe, um seine Waffen zu reinigen.
    Emily hatte sich auf die oberen Treppenstufen zurückgezogen. Ihre Schwester weigerte sich, die Handschuhe auszuziehen oder den Hut abzusetzen, der viel zu groß an ihr wirkte. Wie ein Kind, das die Kleider ihrer Mutter anprobierte und sich vorstellte, sie sei eine Prinzessin. Der Schleier, der an der inneren Hutkrempe befestigt war, reichte bis auf ihre Schultern, wie eine Insektenschutzmaske. Er war so dicht gewebt, dass ihre Züge nicht zu erkennen waren. Violet stieg die Treppe hinauf und setzte sich neben sie.
    „Okay Baby, was ist passiert?“
    Lange antwortete Emily nicht. Nur ihre Atemzüge füllten den Raum. Dann verlagerte sie unbehaglich ihr Gewicht. Stoff raschelte.
    „Ich will nach Hause“, flüsterte sie. „Kannst du mich zu meinem Haus bringen?“
    Violet runzelte die Stirn. „Keine gute Idee. Die Cops haben dein Haus im Visier.“ Sie wollte einen Arm um sie legen, doch wie zuvor auf dem Parkplatz schrak Emily vor der Berührung zurück. Violet ließ sie die Hand sinken. „Warum bist du einfach untergetaucht? Mom ist krank vor Sorge. Du hättest sie

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