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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Schnitt am Unterarm zu und ließ das Blut in die Wunde fließen. Er zwang Marshalls Kiefer auseinander und flößte ihm mehr von seinem Blut ein, bis Marshall zu würgen begann. Alan stand auf und trat zurück.
    „Er wird es schaffen.“ Seine Stimme war heiser, er sah erschöpft aus.
    „Danke“, flüsterte Violet. Ihr Blick wanderte zu den beiden Kadavern. Sie sahen um ein Vielfaches monströser aus als die missgebildeten Hunde aus der VORTEC Klinik. Selbst das Zwielicht der Straßenlaternen, das gnädig die Details verschluckte, nahm dem Schrecken nicht die Schärfe.
    In der Ferne heulten Sirenen auf. „Die Ambulanz wird jeden Moment hier sein.“ Alan blickte Gabriel an. „Ich kümmere mich darum. Währenddessen kannst du Pascal und den anderen helfen, eure Leute da drin zu finden.“ Er machte eine Kopfbewegung zum Fabrikgebäude.
    Violet trat auf Emily zu, die ein paar Meter entfernt stand, die Arme um ihren Oberkörper geschlungen. Etwas Kindliches haftete ihrer Gestalt an, eine Aura von Hilflosigkeit, die Ärger in Violet schürte, aber zugleich an ihr schlechtes Gewissen rührte. Sie hasste Emilys Zuckerpuppenattitüde, doch sie war immer noch ihre Schwester. Wer wusste schon, was sie in den vergangenen Wochen durchgemacht hatte? Und die letzten zehn Minuten hatten sie mit Sicherheit bis ins Mark erschüttert.
    „Emily, bist du okay?“ Sie streckte eine Hand nach ihr aus. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Gabriel sich versteifte, doch darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Sie war sicher, dass es eine Erklärung für die Geschichte mit Etherlight gab. Warum hätte Emily einen ihr unbekannten Mann freiwillig in eine Falle locken sollen? Sie würde jedenfalls kein Urteil fällen, bevor sie nicht Emilys Version gehört hatte. „Emily?“
    Ihre Schwester machte einen kleinen Schritt rückwärts, bevor Violet sie berühren konnte. „Violet“, wisperte sie. „Was machst du hier?“
    „Ich habe dich gesucht, Baby. Wir haben uns Sorgen gemacht.“
    „Das tut mir leid.“ Ein Schluchzen schüttelte die schmalen Schultern. Der Schleier bebte leicht bei jedem ihrer Worte. „Ich bin froh, dass du hier bist.“
    Dieses Bekenntnis überraschte Violet so sehr, dass sie für einen Moment nicht wusste, was sie sagen sollte. „Mom wird ein Stein vom Herzen fallen, dass du wieder da bist.“
    „Ich nehme euch mit in die Brewery“, schlug Alan vor. „Dort ist es sicher und ihr könnt euch ausruhen.“ Die Sirenen waren nun so nahe, dass jeden Moment rote und blaue Lichter auf der Straße auftauchen mussten. Er runzelte die Stirn. „Ihr solltet irgendwo in Deckung gehen, bis die Ambulanz fort ist. Sonst gibt es nur eine Menge Fragen.“
    Marshall lag ganz still da, die Lider geschlossen. Sein Atem ging gleichmäßig, sein Gesicht hatte sich entspannt. Er schien nicht länger Schmerzen zu leiden.
    Gabriel wandte sich zum Gehen. Er machte einen Schritt, blieb wieder stehen und streckte eine Hand nach Violet aus. Sie schmiegte ihre Wange in seine Handfläche und genoss die kurze Zärtlichkeit, die in scharfem Gegensatz zu der Gewalt stand, deren Nachhall noch in der Luft hing.

    Das Innere der Fabrik war ein Albtraum aus Blut, Leichen und abgetrennten Körperteilen. Der Gestank des Todes machte jeden Atemzug zur Qual. Gabriel fand seine Pistole neben einem Stahlpfeiler, hob sie auf und wischte das Blut ab. Er tauschte das Magazin aus und schob die SIG Sauer hinter seinen Hosenbund. Für einen Moment starrte er auf einen der Toten hinab, der einst ein Mensch gewesen war. Aus den Fingerknöcheln der Kreatur ragten sichelförmige Domen. Der Schädel war seltsam verformt. Ein Wulst zog sich vom Haaransatz über die Stirn und bis hinunter zur Nase. Am schlimmsten aber war das albtraumhafte Gebiss, größer und raubtierhafter, als es bei einem Menschen sein sollte. Das Kinn hatte sich nach vom verschoben. Unter den hochgezogenen Lefzen ragten Fänge hervor, die einer Raubkatze Ehre gemacht hätten. Seine Haut hatte die Farbe von Rost angenommen und war übersät von Schuppen, Kratern und unförmigen Geschwüren. Wie lange dauerte es, bis die Mutation solche Ausmaße erreichte? Wochen? Monate? Waren das die unglücklichen Testprobanden, von denen Violet erzählt hatte? Diese Kreaturen hatten sich wie rasend gebärdet, blind vor Blutgier. Stephan musste ihre Käfige geöffnet haben, um seine Flucht zu decken. Warum hatte er sie nicht viel früher getötet, als die Mutation offenbar wurde und stattdessen

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