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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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öffnete er seinen Geist und krachte in zwei Aurafelder, so dicht, dass er vor Überraschung aufkeuchte.
    „Vater?“ Er hörte kaum sein Flüstern. Seine Kehle fühlte sich wund an, als habe er stundenlang geschrien. Vielleicht hatte er das auch. „Vater, bist du hier?“
    Schemen formten sich, während seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, eine Reihe von Stützbalken und aufgestapelte Kisten.
    „Er ist nicht hier.“ Stephans Stimme kam von der anderen Seite des Raums.
    „Bastard“, knurrte Gabriel. Zorn flammte auf und belebte seine Kräfte. Er zog ruckartig an den Ketten, doch die Glieder gaben nicht nach. Stattdessen biss ihm der Stahl in die Handgelenke, ein frischer Schmerz, der das Adrenalin in seinem Blut aufschäumen ließ.
    „Du ehrloser Bastard!“
    „Wie haben sie dich erwischt?“
    Erst jetzt fiel ihm auf, wie rissig Stephans Stimme klang. Als würde mit jedem Wort ein Stück seiner Kraft über die Lippen fliehen. Das war nicht der Stephan, den er kannte.
    „Warum stellst du dich nicht dorthin, wo ich dich sehen kann?“
    Ein Kichern versackte in einem Hustenanfall. „Weil es mir nicht gelingt, diese Ketten zu brechen“, flüsterte er. „Weil Nadeln in meinen Armen stecken. Das Leben läuft aus mir heraus. Mir bleibt nicht viel Zeit, mein Freund.“
    Gabriel drehte den Kopf so weit, dass es schmerzte, doch er konnte Stephan nicht sehen. „Was hatte die Nachricht zu bedeuten? Und der Ring?“
    „Sie hat dich aufs Kreuz gelegt. Genauso wie mich.“
    „Emily.“ Bitterkeit tränkte das Wort. „Ich dachte, du liebst sie.“
    „Oh, ich liebe sie.“ Stephans Stimme brach. „Ich liebe sie so sehr, dass ich die Erinnerung an Johann Savoyen verdrängt habe. Ich dachte, ich könnte sie retten. Ich habe mich an einen Strohhalm geklammert. Doch dafür brauchte ich Thomasz’ Hilfe.“
    „Wo ist er?“
    „Nicht weit von hier.“ Metall schabte über Stein. „Sie töten ihn nicht. Sie brauchen ihn noch.“
    Erneut zog Gabriel an den Handschellen. Langsamer diesmal, doch mit aller Kraft, die er aufbringen konnte. Der Stahl gab trotzdem nicht nach. „Was hat mein Vater an sich, dass jeder ihn in seine Gewalt bringen will?“
    „Es ist kompliziert“, sagte Stephan.
    „Wir haben Zeit.“
    „Nicht sehr viel.“ Ein Keuchen. „Die Kälte kriecht mir in die Knochen. Gabriel, wenn ich hier sterbe ... ich will nicht, dass wir als Feinde scheiden.“
    Gabriel schloss die Augen. So sollte es nicht enden. Vor nicht einmal achtundvierzig Stunden war er bereit gewesen, Stephan zu erschlagen, doch da hatte er geglaubt, dass der einstige Freund den Tod seines Vaters auf sich geladen hatte. Traurigkeit schnürte ihm die Kehle zu. Die Begegnung in diesem lichtlosen Kerker fühlte sich unwirklich an. Wie eine Traumsequenz, aus der er jeden Augenblick zu erwachen drohte.
    „Ich hatte niemals vor, einen anderen Schattenläufer zu behelligen, als ich VORTEC kaufte.“ Stephan sprach langsam und gedämpft. „Es war mein Blut, mit dem wir die Forschungen durchgeführt haben. Arnolds hat es analysiert und nachgebildet. Wäre alles nach Plan gelaufen, hätten wir Sangrin in unbegrenzter Menge produzieren können. Ganz legal und ohne jemandem ein Leid zuzufügen. Wir hätten jede Krankheit auf diesem Planeten heilen können. Kannst du dir vorstellen, was das bedeutet?“
    „Deine Vision einer besseren Welt.“ Gabriel öffnete die Augen und starrte ins Dunkel. „Aber der Plan hat nicht funktioniert.“
    Stephan seufzte. „Der künstliche Wirkstoff verursacht bei neunzig Prozent der Testpersonen eine Mutation. Es ist ein schleichender Prozess. Die Symptome zeigen sich erst nach Jahren. Die akute Phase endet mit dem Tod durch innere Blutungen.“ Er schwieg einige Sekunden. „Als wir es bemerkt haben, lief bereits das Zulassungsverfahren. Die Pressemitteilungen waren draußen. Zu dem Zeitpunkt, an dem ich VORTEC übernommen habe, stand die Firma vor dem Zusammenbruch. Sangrin hat uns die notwendigen Investitionen verschafft, um das Unternehmen am Leben zu erhalten. Ich bin nicht mittellos, aber mein Vermögen reicht nicht aus, um eine Firma dieser Größe zu erhalten. Wären die Kapitalgeber abgesprungen, hätten wir Insolvenz anmelden müssen.“
    „Verzweifelte Zeiten erfordern einen verzweifelten Plan“, sagte Gabriel dumpf.
    „Wir dachten, wir könnten das Problem beheben. Wir brauchten nur etwas Zeit. Doch um diese Zeit zu überbrücken, benötigten wir echtes Blut.“ Stephans Atem rasselte.

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