Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd
Keith aus und legten ihre Waffen an. Alan verbarg seine Klinge unter einem langen Mantel.
„Hoffen wir, dass die Cops uns nicht anhalten“, sagte Violet.
Ihre Jacke wölbte sich über der schusssicheren Weste. Nicht, dass das Ding viel nützen würde, wenn ein blutgieriger Wolfshund sie anfiel. Schnell schob er den Gedanken beiseite. Er konnte Violet nicht abhalten, mit ihnen zu kommen. Andererseits war er froh, sie bei sich zu haben und zu wissen, dass sie ihm den Rücken deckte. Sie war clever und wusste sich ihrer Haut zu wehren. Er verlor allmählich die Übersicht, wie oft sie ihm inzwischen das Leben gerettet hatte. Der Gedanke entlockte ihm ein sarkastisches Lächeln. Wer musste hier auf wen aufpassen?
Alan übernahm die Führung, er selbst die Nachhut. Keith telefonierte mit den anderen, die hinter ihnen im Verkehr feststeckten. Ein Stück vor ihnen fleckten rote und blaue Lichter die Straße. Zuerst war kaum etwas zu erkennen, doch dann schälten sich Polizeiwagen aus der Dunkelheit, fünf oder sechs, die das Ende der Brücke blockierten.
Violet nahm das Handy vom Ohr. „Die Cops riegeln Downtown ab“, sagte sie. „Kam gerade über Funk. Totalsperrung auf allen Freeways.“
„Was ist passiert?“, fragte Gabriel.
„Keine Ahnung.“ Die Scheinwerfer der Autos reflektierten sich in ihren Pupillen. „Ich schätze, wir sollten die Augen offen halten.“
Alan beugte sich über das Geländer der Rampe und blickte hinab in die enge Schlucht zwischen der Brückenkonstruktion und einem Industrieloft. „Hier runter“, sagte er. „Wenn wir die Polizeisperre umgehen wollen.“
Entgeisterung huschte über Violets Gesicht, aber sie fing sich sofort wieder. Die Brücke war hier bereits so weit abgesenkt, dass der Höhenunterschied nur noch zwei oder drei Meter betrug. Keith schwang sich ohne ein weiteres Wort über die Brüstung und verschwand im Dunkeln. Gabriel wollte Violet helfen und fing sich einen bösen Blick ein. Elegant setzte sie über die Betonbalustrade, packte die untere Kante und ließ sich fallen. Alan grinste, dann tauchte auch er in die Schlucht. Gabriel folgte als Letzter.
Sie liefen am Brückenfundament zurück, bis sie auf eine verlassene Straße trafen, die parallel zu den Schienen verlief. Das Hupkonzert und der Lärm der Sirenen klangen hier unten gedämpft. Die Santa Fe Avenue war gesäumt von Industriehallen und Lagerhäusern. Stacheldraht krönte die Mauern.
Sie unterquerten zwei weitere Brücken, auf denen das gleiche Chaos herrschte wie auf der First Street. Rechter Hand tauchte ein Umspannwerk mit summenden Stromleitungen auf, danach wandten sie sich westwärts, durch kleine Gassen, die ins Herz von Downtown führten.
Vor der American Apparel Zentrale, einem sechsstöckigen Industrieloft, fanden sie die erste Tote. Ein Haufen aus Stoff und menschlichen Gliedern lag neben der Mauer, direkt unter einer Straßenlaterne. Gabriel zog das Schwert und hörte, wie Keith und Alan es ihm gleichtaten.
In die angespannte Stille klingelte Keith’ Handy, so unerwartet, dass er zusammenzuckte. Seine Sinne waren aufs Äußerste angespannt. Während Keith ins Telefon lauschte, musterte Gabriel die Straße. Alle vier Spuren lagen verlassen. Nur ein einzelner Wagen stand auf der Fahrbahn, ein Lexus SUV, quer auf den Mittelstreifen. Halogenscheinwerfer schnitten wie Nadeln durch die dunstige Luft und malten Lichtflecken auf die rosafarbene Wand des American Apparel Gebäudes. „Da drüben“, sagte er halblaut zu Alan. „Der Wagen.“
Violet umfasste ihre Pistole mit beiden Händen. „Was machen wir?“
Etwas regte sich in den Schatten hinter dem Wagen, eine gedrungene Silhouette wurde sichtbar. Einen Augenblick später tauchte eine Kreatur hinter dem Lexus auf, die aussah, wie eine Kreuzung aus Wolf und abgemagertem Panther. Sie trottete ins Licht, blieb stehen und zog die Lefzen zurück. Ein tiefes Knurren füllte die Nacht. Doch zum Glück war es nur ein Raubtier, kein ganzes Rudel, wie Gabriel erwartet hatte.
„Wartet hier.“ Er packte das Schwert mit beiden Händen und näherte sich der Kreatur. Das Tier knurrte erneut, doch wich nicht zurück. Eine Bewegung im Augenwinkel lenkte Gabriel ab. Im gleichen Moment sprang der Hund. Es geschah so schnell, dass er nicht mehr erfasste als eine verschwommene Bewegung, dann flogen fünfzig Pfund Muskelmasse auf ihn zu. Reflexartig riss er die Klinge hoch und glitt zur Seite. Die Spitze erwischte den Hund am Bauch und schnitt durch einen
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