Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
Vater vielleicht brauchen, um den Engel herauszulocken. Er könnte noch am Leben sein. Was, wenn er eine Art Faustpfand ist?“
    „Wann soll diese Apokalypse stattfinden?“
    „Heute Nacht.“
    Es ist die Hoffnung, aus der der Schmerz entspringt. Das hatte er schon vor langer Zeit gelernt. Die Hoffnung, dass Savoyen die Nacht überstehen möge, dass die schwärzlichen Verfärbungen auf Zoes Armen nicht ein Zeichen der Pest waren. Dass mehr von seinem Blut die schrecklichen Veränderungen rückgängig machen würde. Und nun flammte die Hoffnung wieder auf, dass Thomasz noch am Leben sein konnte. Es war ein verrückter Strohhalm, ein Faden dünner als ein Haar.
    Die Hoffnung krallte ihre Klauen in die Leere und holte den Schmerz zurück. Er starrte auf Violet hinab, ihre leuchtend wasserblauen Augen, die ihm den Atem nahmen. Er wollte sie nicht küssen, doch dann tat er es doch, nahm ihren Kopf in beide Hände und streifte ihren Mund. Es war ein leichter Kuss, warm und zart und gerade genug, um ein Loch in die Eiswand zu schmelzen, die er zwischen ihnen errichtet hatte.

26
    K
urz nach Sonnenuntergang kam über den Polizeifunk die Meldung, dass ein Raubtier Spaziergänger im McArthur Park angefallen hatte. Marshall lauschte in die Frequenzen und hielt Violet auf dem Laufenden.
    Gemeinsam mit Gabriel war sie in Pascals Loft zurückgekehrt, der sich allmählich in eine Kommandozentrale verwandelte. Pascal telefonierte fast ununterbrochen. Ein paar Schattenläufer, die Violet nie zuvor gesehen hatte, standen draußen auf der Rampe. Und alle warteten auf ein Lebenszeichen von Cyric, der sich erboten hatte, Katherina die Botschaft zu überbringen, dass in den nächsten Stunden eine Armee mutierter Bestien über die Stadt herfallen würde. Die Garde musste etwas unternehmen.
    Eine halbe Stunde später war auf allen Kanälen die Hölle los. Notambulanzen rückten aus, weil in der Nähe der Union Station ein Rudel Wölfe das Freiluftfestival des Mexikanischen Kulturinstitutes verwüstete und es jede Menge Verletzte gab. Zwei große Hyänen lösten Panik auf dem Hollywood Boulevard aus. Violet entschied, ihren ehemaligen Boss anzurufen, der sie zwei Stunden zuvor für verrückt erklärt hatte. Er nahm sofort ab.
    „Hallo Tom“, sagte sie. „Ich bin’s noch mal. Hörst du Polizeifunk?“
    „Ich fahre gerade zurück ins Büro.“ Toms Stimme klang abgehetzt und ein wenig zu schrill. „Was ist das für eine Scheiße da draußen?“
    „Es geht los, Tom.“
    „Verschone mich mit diesem paranormalen Blödsinn, okay? Irgendwelche bescheuerten Tierschützer haben sich im L.A. Zoo ausgetobt, das ist alles.“
    „Wenn du einen Fernseher findest, schalte mal auf FOX oder irgendeinen anderen Kanal und warte auf die Apokalypsewerbung.“ Sie hatte Mühe, ihre Stimme ruhig zu halten. „Da rollt eine sich selbst erfüllende Prophezeiung auf euch zu! Ihr solltet wirklich alle verfügbaren Kräfte mobilisieren, um diese Dreckskerle zu finden, bevor sie ihr Inferno auf die Stadt loslassen.“
    Tom auf der anderen Seite schwieg einen Moment. „Ich weiß nicht, was du da ausgegraben hast“, sagte er. „Aber irgendwo unterwegs hast du dich verlaufen. Wenn du mich für dumm verkaufen willst ...“
    „Ich habe auch eine Zeit lang gebraucht“, erwiderte sie schwach. Sie warf Gabriel einen Blick zu, der mit Keith diskutierte. „Es ist, was es ist.“
    „Okay. Was soll ich deiner Meinung nach tun?“
    „Die Arschlöcher finden. So schnell wie möglich.“ Den Engel erwähnte sie vorsichtshalber nicht.
    „L.A. ist groß.“
    „Vielleicht solltet ihr euch auch vergewissern, wie es mit militärischer Verstärkung aussieht.“ Sie biss sich auf die Lippen. „Schickt eure Leute auf die Straße, lasst sie die Augen aufhalten. Ich melde mich wieder, okay?“
    Mit einem gemurmelten Fluch legte sie auf.
    Eine halbe Stunde später tauchte Alan auf, in Begleitung einer Frau. Sie war schmal und drahtig. Honigfarbene Locken kringelten sich um ihre Schultern.
    „Ich bin Eve.“ Ihr Händedruck fühlte sich kühl und fest an.
    „Danke, dass ihr gekommen seid“, sagte Pascal.
    „Die paar Biester da draußen sind nur Vorgeplänkel.“ Das war der alte Gabriel, der da vor ihr stand, wagemutig, voller Tatkraft und ein wenig zynisch. Violet spürte leise Erleichterung. Die Ketten aus Schuld und Selbstvorwürfen, die jeden Tag ein wenig mehr von seinem Leben fraßen und ihn in einen grauen Schatten seiner selbst verwandelten, waren verschwunden.

Weitere Kostenlose Bücher