Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
Kellergeschosse? Das war ungewöhnlich. Die Luft roch abgestanden. Eisenspäne, Staub und verrottete Kartoffeln. Hähnchen mit Knoblauch war nicht dabei. Violet fuhr sich über die Augen. Sie musste sich konzentrieren. Vor ihr zeichnete sich der helle Umriss einer Tür ab, Licht von der anderen Seite. Mit der flachen Hand drückte sie gegen das Türblatt. Rost bröckelte unter ihren Fingern. Die Tür bewegte sich und gab den Blick frei auf den Rücken eines Mannes mit einer Maschinenpistole über der Schulter. Sie zuckte zurück, als hätte sie sich verbrannt. Fromme Schwestern? Nie im Leben! Wohl eher die Inquisition. Was war das für ein Laden?
    Über ihr dröhnten Schritte, jemand kam die Treppe herunter. Sie erfasste den hellen Fleck einer Taschenlampe auf der gegenüberliegenden Wand. Ihre Gedanken rasten. Halb im Reflex griff sie nach ihrer Waffe. Sie konnte den Kerl schlecht erschießen, doch wenn sie ihn mit einem gezielten Hieb am Hinterkopf erwischte ...
    Erneut stieß sie die Tür vor sich auf, die Hand mit der Pistole zum Schlag erhoben, doch der Mann war verschwunden. Musste sich vor einer Sekunde in Bewegung gesetzt haben. Umso besser. Sie stieß den Atem aus und schlüpfte in den leeren Gang.
    Der Korridor war niedrig und eng und verzweigte sich in einer T-Kreuzung. Violet glitt um die Ecke und rannte zum nächsten Durchgang, presste sich gegen die Wand und blickte sich um. Ein intensiver Geruch nach Maschinenöl hing in der Luft. Die Tür vom Treppenhaus stieß gegen die Mauer. Schritte klangen auf und verstummten abrupt.
    „Max!“, hörte sie die Stimme des Mannes. Metall klapperte auf Metall. „Max, bist du da?“ Eine schmutzige Leuchtstoffröhre flackerte unter der Decke. „Wo steckst du, Mann?“ Hohl prallte die Stimme von den Wänden ab.
    Violet schob den Sicherungshebel der Browning zurück.
    Maschinenöl. Eisenspäne.
    Sie verharrte einige Minuten, ohne dass etwas geschah, dann spähte sie um die Ecke. Der Korridor lag leer vor ihr. Sie schnaubte, um den Geruch aus der Nase zu bekommen. Das war kein Maschinenöl, sondern ein durchdringender Cocktail aus Rost und Industriereiniger, der ihr fast den Atem raubte.
    Ein Schrei brach sich an den Wänden.
    Der nackte Beton verzerrte den Hall, ließ aber keinen Zweifel, dass das ein Mensch war. Die Härchen in ihrem Nacken richteten sich auf. Sie umklammerte ihre Pistole, unschlüssig, was sie tun sollte.
So schnell wie möglich hier raus
, schrie die Stimme der Vernunft in ihr. Es ging sie nichts an, was Etherlight in seinen Kellern anstellte. Auf Zehenspitzen schlich sie zurück zur Feuertür, die ins Treppenhaus führte. Doch die Tür gab keinen Millimeter nach, als sie zog. „Verdammt“, hauchte sie zwischen zusammengepressten Zähnen. Jetzt wusste sie, was da zuvor geklappert hatte. Ein Schlüssel in einem Schloss.
    Ein zweiter Schrei flog durch die Mauern und riss abrupt ab. Ein Funkgerät krächzte, dann hörte sie eine Stimme, ohne Worte zu verstehen. Mist, hier konnte sie nicht bleiben. Sie ließ von der Tür ab, umklammerte die Browning mit beiden Händen und glitt in den zweiten Gang. Der Korridor machte einen Knick und mündete in einen halbdunklen Raum mit einem Heizkessel. Der Metallgestank, der ihr aus dem Durchgang entgegenschlug, drohte, sie zu überwältigen. Plötzlich wusste sie, was es war. Kein Rost, keine Metallspäne. Sondern Blut.
    „Nein, habe ich nicht.“
    Sie erschrak, als die Stimme dicht vor ihr aufklang, sie den Mann aber nicht sehen konnte. Er musste auf der anderen Seite des Heizkessels stehen. Aus dem Funkgerät drangen zerhackte Wortfetzen, die keinen Sinn ergaben. „Nein!“, wiederholte er, hörbar genervt.
    Das musste der Kerl sein, der die Tür abgesperrt und den Schlüssel eingesteckt hatte. Sie hatte keine Ahnung, ob er allein oder ob der zweite Mann bei ihm war. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, sich in einer der Abstellkammern zu verbergen und zu warten, dass sich die Tür wieder öffnete. Doch jede Faser ihres Wesens sträubte sich bei der Vorstellung. Zu viele Unwägbarkeiten. Außerdem übte dieser halbdunkle Raum eine morbide Faszination auf sie aus. Alles in ihr drängte darauf, herauszufinden, was sich hier abspielte.
    „Aber das ist nicht mein Scheißproblem!“ Der Unmut im Tonfall schlug um in Aggression. „Können wir das vielleicht später besprechen? Ich kann dich schlecht verstehen!“
    Violet näherte sich dem Kessel und tastete über die Isolationsmatten. Hier war es so dunkel,

Weitere Kostenlose Bücher