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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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habe ... sie kämpfte den aufsteigenden Schwindel nieder. Das war Notwehr gewesen. Der Kerl hatte versucht, sie umzubringen. Nicht, dass es eine Rolle spielte. Sie hatte nicht vor, ihre Visitenkarte zurückzulassen, wenn sie von hier verschwand.
    Ein Husten erschütterte den Körper des Mannes.
    Hastig tastete sie Max’ Taschen ab. Sie musste ihn schließlich auf den Rücken wälzen, um zu finden, was sie suchte. Zwei kleine Schlüssel in der Innentasche seiner Jacke. Mit zitternden Gliedern richtete sie sich auf und trat an den Gefangenen heran. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und schloss die Handschellen auf.
    „Vorsicht“, keuchte sie, als er gegen sie sackte. Sie krallte ihre Finger in sein T-Shirt und fing ihn auf, doch er war schwer und brachte sie aus dem Gleichgewicht. Mit zusammengebissenen Zähnen schleppte sie ihn zur Tür und ließ ihn an die Wand sinken.
    „Wir müssen hier raus.“ Seine Stimme klang heiser, sein Atem ging schwer und ungleichmäßig.
    „Ich weiß.“ Violet umklammerte den Schlüsselbund mit einer Hand, mit der anderen half sie ihm auf. Sie verstand nicht, wie er überhaupt noch bei Bewusstsein sein konnte. Er blutete aus einem halben Dutzend Wunden, einige davon so schwer, dass sie allein ausgereicht hätten, ihn in den Tod zu befördern. Aber das spielte erst einmal keine Rolle. Er hatte recht, sie mussten hier raus, bevor noch mehr Bewaffnete auftauchten.
    Auf dem Weg zur Stahltür zog der Mann eine breite Blutspur hinter sich her, die sie schaudern ließ. Er stützte sich auf ihre Schulter, sie hielt seinen Arm und seine Hüfte umschlungen.
    „Wie heißen Sie?“, fragte sie, um ihn am Reden zu halten, damit er nicht wieder ohnmächtig wurde.
    „Gabriel“, brachte er hervor.
    „Gabriel, okay. Freut mich, Sie kennenzulernen.“ Was für ein bizarrer Moment. Der Blutgeruch drohte, sie zu überwältigen, doch stur zog sie ihn weiter, einen Schritt vor den anderen. „Ich bin Violet.“
    An der Stahltür brauchte sie ein paar Sekunden, um den richtigen Schlüssel zu finden, dann traten sie ins Treppenhaus. Die Tür fiel hinter ihnen zu und Dunkelheit legte sich um sie wie ein weicher Mantel. Violet schloss ab, bevor sie ihren Weg fortsetzten. Die Treppen stellten eine fast unmögliche Herausforderung dar. Gabriel stützte sich so schwer auf ihre Schulter, dass sie fürchtete, zusammenzubrechen. Sie machten jede Menge Lärm, doch dieses Mal hatte sie mehr Glück. Keine der Türen im langen Korridor flog auf, während sie sich zum Ausgang schleppten. Als sie hinaustraten in die kalte Nachtluft, fühlte Violet eine solche Erleichterung, dass ihr Tränen in die Augen stiegen.
    „Wir müssen zum Tor.“ Sie blinzelte und erneuerte ihren Griff um seine Hüfte. Er antwortete nicht, aber richtete sich so weit auf, dass er ihre Schulter ein wenig entlastete. Dennoch schien es Ewigkeiten zu dauern, bis sie die Hoffläche überquert hatten.
    Der Parkplatz tauchte vor ihnen auf. Ihr kam eine Idee. Sie wühlte den Schlüsselbund aus ihrer Hosentasche und musterte den Auto-schlüssel, der daran hing, den aufgeprägten Mercedes-Stern.
    „Nobel geht die Welt zugrunde.“ Sie zielte aufs Geratewohl Richtung Parkplatz und betätigte die Zentralverrieglung. Ein feines Surren, Scheinwerfer leuchteten auf. Euphorie schoss ihr ins Blut. Sie hatten es fast geschafft.
    Und dann brach die Hölle hinter ihnen los.

    Gabriel war so benommen, dass er die Schreie hinter sich kaum realisierte. Er brauchte all seine Konzentration, um mit der schwarzhaarigen Frau Schritt zu halten. In einem Winkel seines Bewusstseins fragte er sich, wie es möglich war, dass so viel Kraft in ihrem schmalen Körper steckte. Doch der Gedanke trieb fort, wie alles andere, als eine neue Schmerzwelle aufbrandete und seine Knie nachgaben.
    Dann hörte er Schüsse und Violets Stimme, die ihm etwas zubrüllte. Sie riss die Beifahrertür des schwarzen Mercedes Geländewagens auf und stieß ihn hinein. Eine Sekunde später hechtete sie hinter das Lenkrad und zog die Tür zu. Der Motor brüllte auf, mit durchdrehenden Rädern fuhr sie an. Sie streiften einen anderen Wagen, Schüsse peitschten über den Hof, die Heckscheibe explodierte unter einer Kugelsalve. Glassplitter trafen seinen Nacken, ein winziges Stechen, das sich auflöste in der Welle purer Qual, die erneut über ihn hinwegbrandete.
    Aber nicht jetzt. Mit zusammengepressten Zähnen kämpfte er gegen die Transformation an. Nicht ausgerechnet jetzt.
    Violet schrie

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