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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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ihr Geist driftete ab. Nach kurzer Zeit fielen ihr die Augen zu. Unmerklich dämmerte sie in einen leichten Schlaf.
    Als sie hochschreckte, hatte sich alles verändert.
    Sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte. Aber die Kälte war verschwunden. Gabriel glühte. Sie hob den Kopf und starrte ihn an. Seine Augen waren weit offen, doch seinem Blick fehlte der Fokus. Er sah aus wie im Delirium.
    „Gabriel“, wisperte sie. „Kannst du mich hören?“
    Er reagierte nicht. Als sie ihr Gewicht verlagerte, überlief ein Zittern seinen Körper.
    „Bist du okay?“ Was für eine dämliche Frage.
    Sie stieß die Decken zurück und richtete sich auf. Ihr Blick wanderte hinab zu der Wunde in seiner Seite. Panik flackerte in ihr auf, als sie das Blut bemerkte. Frisches Blut. So viel, dass ihre Hüfte damit verschmiert war. Die Wunde hatte sich wieder geöffnet. Oh Gott. Sie sprang auf und schoss ins Bad, riss die Kiste mit den Salben und Bandagen aus dem Wandschrank und stürzte zurück ins Wohnzimmer. Gabriel hatte die Decken beiseite geschleudert.
    „Gabriel!“ Jetzt schrie sie fast. „Kannst du mich hören?“
    Für einen Augenblick lag er starr, dann drang ein tiefes Knurren aus seiner Kehle, das ihr die Nackenhärchen sträubte. In ihre Angst, er könne sterben, mischte sich plötzlich eine andere Furcht. Sie war eingesperrt mit einem tödlichen menschlichen, oder eigentlich nichtmenschlichen Raubtier, und nur die Götter wussten, welche Gefahr von ihm ausging, wenn er die Kontrolle über sich verlor. Gleichgültig, wie schwer er verletzt war.
    Abrupt verzerrte sich sein Gesicht, als explodiere ein unerträglicher Schmerz in seinem Körper. Er zitterte heftiger, jeder Muskel spannte sich, sein Atem ging in schweren Stößen. Dann schien der Anfall abzuebben.
    Er richtete sich auf, sein Blick schweifte durch den Raum, blieb endlich auf ihr haften. Erkennen trat in die Augen, als nähme er sie zum ersten Mal wahr. Überraschung weitete seine Pupillen. Doch nicht der Anflug eines Lächelns. Ihre Furcht wurde stärker.
    „Gabriel ...“
    Sie machte einen Schritt auf ihn zu. Was hatte Keith gesagt?
Er hat schon zwei Transformationen hinter sich, vielleicht kommt eine dritte?
Was zur Hölle war überhaupt eine Transformation? Gabriel tastete nach der Wunde in seiner Seite, hob die Hand und betrachtete das Blut.
    „Wo bin ich?“ Seine Stimme klang unstet und rau.
    „Bei mir.“ Sie stellte den Erste-Hilfe-Kasten auf dem Küchentresen ab. „In meinem Apartment. Keith hat dich hergebracht.“
    „Keith ...“
    Er brachte den Satz nicht zu Ende. Ein neuerlicher Anfall überrollte ihn, warf ihn nach vorn auf die Knie und riss ihm den Atem von den Lippen. Das Keuchen verwandelte sich in einen lang gezogenen Schrei, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sie stand starr vor Entsetzen. Seine Hände verkrampften sich zu Fäusten, während eine Serie gewaltiger Konvulsionen seinen Körper erschütterte. Sie konnte sehen, wie er die Kontrolle über seine Muskeln verlor. Es schien ewig zu dauern. Sie hätte nicht sagen können, ob es Sekunden waren oder Minuten oder endlose Stunden.
    Als er endlich zusammenbrach und seine Schreie verebbten, löste sich die Anspannung in ihren Gliedern in einem haltlosen Zittern. Sie brauchte lange, bis sie in der Lage war, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Dann näherte sie sich ihm, vorsichtig, blieb wieder stehen. Endlich fasste sie sich ein Herz, sank in die Knie und berührte ihn an der Schulter. Er griff sie nicht an, obwohl sie das fast erwartet hatte. Quälend langsam drehte er den Kopf, die Augen glasig und blutunterlaufen. Seine Haut war schweißüberströmt. Haarsträhnen klebten ihm in der Stirn und seltsamerweise war es dieses Detail, das ihn verletzlich machte. Und sehr menschlich. Das Raubtier hatte sich zurückgezogen.
    „Ist es vorbei?“, flüsterte sie.
    Er senkte die Lider anstatt eines Nickens, dann sackte sein Kopf zurück. Verstohlen suchte sie nach seinen Wunden. Von dem Schnitt über seiner Brust war nur eine leuchtende Narbe geblieben. Sie konnte nicht sehen, was mit seiner Seite war und der Hiebwunde in seinem Oberschenkel, weil getrocknetes Blut die Haut verkrustete. Doch das Bauchgefühl sagte ihr, dass die Gefahr gebannt war. Sein Atem glättete sich zu langen, gleichmäßigen Zügen.
    „Schläfst du?“
    Friedfertigkeit strich über sie hinweg. Die Stille fiel auf sie herab wie ein weicher Mantel. Sie rieb sich über die Arme, wo sich Gänsehaut

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