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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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erschreckte sie allerdings Gabriels Gesichtsausdruck. Er starrte auf die kranke Ratte, als sei sie eine Inkarnation seiner entsetzlichsten Albträume.
    „Gabriel?“, fragte sie mit erzwungener Ruhe. „Was ist das?“
    Er zuckte zusammen wie unter einem körperlichen Schlag. „Nichts.“
    „Was stimmt nicht mit diesem Tier?“
    Wortlos starrte er sie an.
    „Es sind die Hautausschläge, oder? Du weißt etwas darüber. Sind das die gleichen Hautveränderungen wie bei Marv?“ Ihre Stimme klang schrill in ihren Ohren. „Und es ist nicht nur die Haut, es ist mehr. Gabriel, du weißt, was das ist. Es ist etwas Schreckliches, nicht wahr?“
    „Später.“ Seine Stimme vibrierte. Er schob sein Schwert zurück in die Scheide. „Du musst mir vertrauen. Ich werde es dir später erklären.“
    Sie hielt seinen Blick fest, der jetzt flackerte. Es machte ihr Angst. Viel mehr Angst als alles andere, was sie heute Nacht gefunden hatten. Weil es ihm Furcht einjagte.
    „Wir sollten uns nicht zu viel Zeit lassen“, sagte Keith. „Die werden bald noch mehr Leute schicken, wenn ihre Funksprüche ins Leere laufen.“
    Gabriel wandte sich ab. Wie zufällig berührte seine Hand sie am Rücken. Sie schluckte, bohrte aber nicht weiter. Keith hatte recht. Sie mussten sich beeilen.
    „Wo sind diese verdammten Hunde?“, fragte sie, an niemanden im Besonderen gewandt.
    Die Tür auf der anderen Seite war verschlossen, doch Gabriel sprengte das Schloss mit einem Tritt. Das Türblatt krachte gegen ein Stahlregal. Auf der anderen Seite schälte sich die Quelle des wahnsinnigen Lärms aus dem Halbdunkel. Im Schein der Notlämpchen zeichneten sich Käfige ab, kleine und große Zwinger. Unter dem Antiseptikum in der Luft dräute Raubtiergestank. Urin, Geifer und nasses Fell. Die Hunde in den Zwingern gebärdeten sich wie rasend, ein Inferno aus Heulen und Gebell. Ein riesiger Schäferhund warf sich gegen die Gitterstäbe, immer wieder, und erschütterte die gesamte Käfigreihe.
    „Scheiße“, sagte Keith hinter ihr. „Was für ein Irrenhaus.“
    Zögernd näherte sie sich den Tieren. Soweit sie das in dem Tohuwabohu beurteilen konnte, hatten diese Hunde keinen Haarausfall. Vor einem großen Verschlag, dessen Gitterstäbe klebrig glänzten, blieb sie stehen. Dahinter gähnte Dunkelheit.
    Dann schoss etwas so entsetzlich schnell auf sie zu, dass sie mit einem Schrei zurückstolperte. Verdrehte Reißzähne schlossen sich um die Stäbe, Fellbüschel und Geifer flogen durch die Luft, Krallen kratzten über den Boden. Die Attacke löste einen neuen Anfall von Hysterie in den umliegenden Käfigen aus.
    „Was ist das?“ Keith hatte sich ebenso erschreckt wie sie selbst. „Sieht aus wie direkt der Hölle entsprungen.“
    Aus sicherer Entfernung starrte sie auf die Muskelstränge, die unter der fahlblauen Haut des Tieres arbeiteten. Knoten und Schwellungen deformierten die Glieder des Tieres. Die Proportionen wirkten falsch, der Kopf war zu groß, die Schultern zu massig. Selbst das Knurren der Bestie klang nicht, wie ein richtiger Hund klingen sollte. Unwillkürlich musste sie an den monströsen Kojoten in der Mojavewüste denken.
    In ihrem Kopf begann sich alles, zu drehen. Das war zu viel. Zu entsetzlich. Wenn einer der infizierten Bestien die Flucht gelungen war, wie konnte der Hund dreihundert Meilen weit kommen? Noch dazu in der Wüste?
    „Gabriel“, rief sie. „Sieh dir das an.“
    Er durchquerte den Raum und blieb vor dem tobenden Hund stehen. Seine Miene verhärtete sich. Der Eisklumpen in Violets Magen ballte sich noch fester zusammen.
    „Marv“, stieß sie hervor. „Da war noch mehr. Nicht nur der Hautausschlag.“ Gabriels Blick brachte sie beinahe zum Verstummen. Doch sie machte weiter. Sie strauchelte nicht. „Seine Finger waren deformiert. Er hatte Geschwüre auf den Gelenken. Knotige Fortsätze, als ob jeden Moment ein Dorn aus den Fingerknöcheln wachsen wollte.“
    „Ja“, sagte Gabriel ausdruckslos. „Ich weiß.“
    „Was weißt du?“
    „Wartet“, unterbrach sie Keith angespannt, „könnt ihr das später diskutieren? Obwohl es mich auch sehr interessiert, würde ich lieber zuerst den Rest dieser Hütte durchsuchen. Wir müssen unsere Leute finden, schon vergessen?“
    Sie zogen sich aus dem Labor zurück und durchstöberten den letzten Raum an der Seite des Korridors, eine Kühlkammer mit acht in die Wand eingelassenen Stahlfächern. In der Mitte des Raums stand ein Tisch mit einer Glasplatte. Mit grimmiger

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