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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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wahr? Mit Versuchstieren. Hier verbrennen sie die Kadaver.“
    Violet drehte sich zu ihm um. „Ist das normal?“
    „Keine Ahnung.“ Er betrachtete die Aschereste im Inneren der Brennkammer. Hier gab es nichts weiter zu entdecken. „Hier ist nichts. Suchen wir weiter.“
    Sie kehrten zurück in den gefliesten Vorraum zu Keith. Das Gebell schwoll an und ab wie ein wütender Sturm. Gabriel trat an die zweite Tür und untersuchte das Schloss. Es gab keinen Kartenleser, dafür jedoch eine kleine Kamera und einen Fingerabdrucksscanner.
    „Schlecht“, konstatierte Violet. „Diese Dinger haben sie überall in der Klinik. Ich wette, die messen auch Vitalfunktionen, das heißt, wir brauchen einen lebenden Menschen.“
    Gabriel machte einen Schritt zurück und richtete die Pistole auf das Schloss. Im gleichen Moment surrte etwas und die Tür sprang einen Spalt auf. Ein Funkgerät knackte auf der anderen Seite. „Ich sehe nach, wo die Idioten stecken“, schwang eine Stimme durch den Lärm.
    Geistesgegenwärtig glitt er zur Seite und hieb dem Mann den Lauf seiner Pistole gegen den Schädel, als dieser durch die Tür trat. Mit einem erstickten Laut taumelte der andere gegen die Wand. Mit einem zweiten Schlag setzte Gabriel nach und fing den Körper auf. Blut sickerte aus einer Platzwunde an der Stirn des Mannes. Gabriel ließ den Bewusstlosen in den Türrahmen sinken, sodass er die Tür hinderte, sich wieder zu schließen.

    Violet wusste nicht, was sie noch auf den Beinen hielt. Vielleicht das Adrenalin. Oder der Schock, der sie gegen alles andere unempfindlich machte.
    Das Blut in ihren Adern fühlte sich an wie flüssiger Stickstoff. Ihr Geist versuchte, eine Schutzmauer gegen das Entsetzen zu errichten. Sie wollte glauben, dass die Leichen auf der anderen Seite des Tunnels nur eine Illusion waren, eine verstörende Szene aus einem Horrorfilm, die sich verflüchtigen würde, wenn am nächsten Morgen die Sonne aufging.
    Ein Teil von ihr fragte sich, wie es möglich war, dass all das Gabriel so wenig berührte. Er wirkte zielstrebig, kühl und beherrscht. War das Training? Erfahrung? Einfach die Art von Abgebrühtheit, die man sich zulegt, wenn man Jahrzehnte, oder in seinem Fall vielleicht Jahrhunderte mit Tod und Schrecken konfrontiert wird? Wie diese Typen, die sich als Söldner bei Läden wie Blackwater verdingten und ihr Blutgeld auf den dreckigsten Schlachtfeldern der Welt verdienten? Tag für Tag, Jahr um Jahr?
    Wie passte das mit dem Gabriel zusammen, der zärtlich sein konnte, liebevoll, und der sie auf eine Weise ansah und berührte, dass sie sich fühlte wie die begehrenswerteste Frau auf der Welt?
    Steifbeinig stieg sie über den Körper des bewusstlosen Wachmanns und folgte Gabriel in einen langen Gang, der in eine Feuertür mündete. Blaugrau geflecktes Linoleum bedeckte den Boden, die Wände glänzten in fahlem Gelb. In einem Glaskasten hing ein Plakat mit Sicherheitshinweisen. Eine Reihe von Labortüren befand sich auf beiden Seiten des Korridors. Das infernalische Geheul drang durch Mark und Bein, hallte von den Wänden zurück und wollte die Scheiben in den Türen schier zum Springen bringen.
    Der Griff ihrer Pistole war feucht von ihrem Schweiß. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, jede Faser ihres Körpers war angespannt. Sie machte sich Vorwürfe, dass sie die Kontrolle verloren hatte, vorhin im Kanal, als die Ratte sich in ihr Hosenbein verbissen hatte. Was, wennes Gabriel nicht gelungen wäre, die beiden Wachen auszuschalten?
Wieder zwei Menschen
, murmelte eine bösartige kleine Stimme in ihrem Hinterkopf,
an deren Tod sie Mitschuld trug. Reife Leistung
.
    Gabriel stieß der Reihe nach die Türen auf. Kein Mensch schien sich hier unten aufzuhalten. Aber das war auch nicht überraschend, kurz vor Mitternacht. Die Wachleute hatten sie bereits ausgeschaltet. Die ersten beiden Räume waren gewöhnliche Labors mit Kühlschränken, stählernen Arbeitstresen und Schreibtischen mit Computern. Im dritten Labor stand eine Reihe von Käfigen auf der Rückseite. Drei der vier Verschläge waren leer, im letzten lag eine weiße Laborratte.
    Das Tier klebte apathisch am Boden, nur die Augen zuckten hin und her. Violet blieb stehen und konnte ihren Blick nicht abwenden. Der Körper der Ratte wirkte unnatürlich aufgedunsen. An vielen Stellen waren die Haare ausgefallen, das verbliebene Fell zu Büscheln verklebt. Ausschlag bedeckte die kahle Haut, Schorf und eitrige Stellen. Kein schöner Anblick. Viel mehr

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