Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln
an.
Sie drehte sich langsam zu mir um. »Sag mal, kennst du seine Yvonne?«
»Ich? Ne. Und ich will sie auch nicht kennen«, antwortete ich mürrisch. »Also â was hast du dirâ¦Â«
»Komm mal mit!« Meine kleine Schwester rannte die Treppe hoch und in unser Schlafzimmerchen. Dort griff sie unter ihre Matratze und zog ihr Handy hervor. Sie setzte sich auf ihr ungemachtes Bett, klopfte auf den Platz neben sich, drückte auf ein paar Tasten und hielt mir ihr Handy vor die Nase. »Das ist seine Yvonne. Wie findest du sie?«
»Hast du ihr aufgelauert?«
Sie schüttelte unwillig den Kopf. »Sag schon: Wie findest du seine Yvonne?«, wiederholte meine Schwester.
»Jung«, antwortete ich spontan. »Sie sieht echt gut aus«, setzte ich hinzu. Das stimmte; die Neue unseres Vaters sah fast so gut aus wie Heidi Klum, als sie noch jung war â schlank und mit einer ellenlangen blonden Mähne bis fast zum Po runter. Na ja, nicht ganz, aber die Haare fielen ihr auf jeden Fall bis über die Schultern. Ich kratzte mich am Kopf. »Unsere Ma kommt gegen die nicht an.«
»Hast recht«, bestätigte Leonie. »Unsere Ma ist viel netter. Weil â¦Â« Sie rief das nächste Foto auf. »Unsere Ma ist anständig. Guck mal!«
»Iiii â das geht aber gar nicht!«, rief ich und nahm das Handy in die Hand, um das Foto besser sehen zu können. »Ich fass es nicht! Wann hast du das aufgenommen, Leonie?«
»Am Freitagnachmittag«, antwortete meine kleine Schwester cool wie sonst noch was. »Als ich sagte, ich würde bei Sophie übernachten.«
»Ne!«
»Klar doch. Eigentlich wollte ich zu Paps, aber als ich vor der Haustür stand und die vielen Klingelknöpfe sah, traute ich mich nicht. Und wie ich mich nicht traute, geht die Tür auf â und wer kommt raus? Papas Yvonne. Stiefel bis übers Knie, schicker Mantel, schicke Mütze, und total überparfümiert. Und«, Leonie hob ihren kleinen kurzen Zeigefinger, »mit einer riesigen Sonnenbrille auf der Nase. Das hat mich umgehauen. Erinnerst du dich? Es hat geschneit wie blöd. Deshalb â¦Â«
»Moment mal! Woher wusstest du, dass die Person Vaters Yvonne war?«
»Weil ich sie schon oft ausspioniert hab, deshalb.«
Da kapierte ich etwas Entscheidendes: Meine kleine Schwester mit ihren unschuldig blickenden blauen Kulleraugen war mir haushoch überlegen. Und noch was kapierte ich: Sie war auch sehr viel tatkräftiger als ich. »Davon hast du mir nie etwas gesagt!«
»Nö. Du hättest mich vielleicht verpetzt. Aber egal: Ich bin der Yvonne gefolgt. Und als ich ihr so hinterher gehe, hole ich natürlich mein Handy aus der Manteltasche. Ich dachte nämlich: Könnt ja sein, dass sie sich mit einem anderen Mann trifft, so gestylt wie die Tussi ist. Mirja! Ãberleg doch: Sie trug eine Sonnenbrille, obwohl es schneite!«
Ich deutete auf das Handyfoto. »Und du hattest recht. Mann oh Mann. Was tun wir jetzt?« Ich schlug mir an die Stirn. »Also, WAS wolltest du von Paps zu Weihnachten?«
»Ist doch klar: dass er zu uns zurückkommt. Dass wir wieder eine richtige Familie sind. Oder«, fragte meine kleine raffinierte Schwester, »willst du einen Stiefvater namens Fritz Geier? Und eine Stiefmutter, die unseren Paps betrügt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Leonie, wer will das schon?!«
»Eben. Deshalb habe ich mir gedacht â¦Â«
Unten ging die Tür auf, dann hörten wir Mas Stimme: »Kinder! Mirja, Leonie! Wo seid ihr?«
»Versteck das Handy!«, zischte ich und rief dann: »Wir sind oben!«
Und Leonie schrie: »Mami, wir kommen!« Sie hielt den kurzen dünnen Zeigefinger vor die Lippen. »Kein Wort zu Mama!«
»Aber später? Wenn wir im Bett liegen?«
Ich glaube, seit vielen Wochen sind wir nicht so früh ins Bett gegangen wie an diesem Abend. Zum Glück fiel es unserer Mutter nicht auf, denn sie hing am Telefon und unterhielt sich mit ihrer allerbesten Freundin über das allerallerwichtigste Thema überhaupt: MÃNNER .
Das war ja sozusagen auch unser Thema, deshalb beeilten wir uns mit dem Zähneputzen, schlüpften zusammen in mein Bett und machten sofort das Licht aus.
»Zeig mir noch mal das Handyfoto«, bat ich. Ich sah es ziemlich lang an, denn es zeigte diese Yvonne, die einen jungen Mann küsste. Dass er nicht viel älter war als
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