Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln
doch.« Jonas hüpfte von der Bühne, stellte sich wieder neben Lilli und griff nach ihrer Patschhand.
»Herr Löwenfeld!«, rief Yasin, »wenn Jonas zu blöd ist für den Josef springe ich für ihn ein!«
»Ja, tu das!«, riefen die Könige begeistert, die Leute vom Orchester klopften auf ihre Instrumente und skandierten: »Ya-sin, Ya-sin, Ya-sin!«
Es dauerte, bis wieder Ruhe einkehrte. »Na, wie ist´s, Josef? Bist du deiner Rolle gewachsen?«, fragte Löwenfeld spöttisch.
Mit knallroter Birne stellte sich Jonas neben mich, aber als nun die Engel auf die Bühne gerufen wurden, trat Lilli so dicht an seine Seite, dass kein Haar aus dem Schwanz eines Esels dazwischen gepasst hätte. Ihr zärtliches Lächeln verkündete allen: He, das ist mein Lover!
Chrisâ Seufzer war garantiert noch in der hintersten Ecke des Saals zu hören, danach schickte er die drei Könige aus dem Morgenland auf die Bühne.
»Was ist mit mir? Mit dem Wirt?« Yasin drängelte sich an den Engeln vorbei, schubste die Könige ein Stück weit nach hinten und zog mich vor bis an den Bühnenrand â ohne Rücksicht auf Jonas, der ganz verloren neben den Engeln stehen blieb.
»Was soll das?«, erkundigte sich Chris.
Yasin drehte sich um. »Ja, wo ist er denn, unser Josef? Herr Löwenfeld, wir, der Josef und ich, der Wirt, nehmen die Maria in die Mitte. Ich finde, das macht sich gut; so kapieren die Zuschauer gleich, wer die Hauptpersonen in dem Stück sind.«
»Mann«, protestierte unser Musiklehrer. »Es wird niemand im Saal sein, der die Geschichte nicht kennt. Im Ãbrigen, Yasin: Hab ich dich gerufen?!«
»Nö. Die Mühe wollte ich Ihnen ersparen«, meinte Yasin höflich. »Jetzt fehlen nur noch die Hirten. Und die Tiere, natürlich. Ach ja â warum hat sich der Kaiser eigentlich verkrümelt? Den brauchen wir auch noch.«
Auf die Tiere wurde an diesem Nachmittag verzichtet, auf die Leute, die man fürs Wimmelbild brauchte, auch. Wir, die Sänger und Schauspieler, mussten die Bühne wieder verlassen, um Platz für die Kulissenträger zu machen. Die wichtigste Kulisse war natürlich die von der Karawanserei und dem Stall, und ich muss sagen: Die Leute von der Kunst- AG hatten sich echt ins Zeug gelegt und fantastische Arbeit geleistet.
Doch davon später mehr; nach der ersten Hauptprobe nämlich ergatterte ich, weil ich einen Sprint hinlegte, den frühen Bus, rannte zu unserem Häuschen, schloss die Türe auf, warf wie immer meine Schultasche in die eine, den Anorak in die andere Ecke, und â
11. Dezember
K eine allerbeste und auch keine zweitbeste Freundin meiner kleinen Schwester, auch nicht Mas Freund, Fritz Geier, und schon gar nicht Jonas, mein Ex, saà gestern auf der Bank und wärmte sich den Rücken am Kachelofen.
»Du schon wieder?«, sagte ich und gab meinem Vater ein Bussi. »Hat dich deine Yvonne gehen lassen? Oder bist du heimlich hier, Paps?«
»Natürlich ist er heimlich hier! Ist das nicht toll von ihm?« Meine Schwester saà auf seinem Schoà und warf die Arme um seinen Hals. »Er will wissen, was wir uns zu Weihnachten wünschen. Also ich«, sagte meine kleine Schwester, »wünsche mir etwas, was nichts kostet.«
»Du???« Ich dachte, ich höre nicht recht. »Du wünschst dir doch immer die teuersten Geschenke, Leonie.«
Sie tat so richtig geheimnisvoll. »Diesmal nicht. Zu Weihnachten wünsche ich mir nur â¦Â« Sie flüsterte unserem Paps etwas ins Ohr. Der zuckte zusammen und warf sie richtiggehend vom SchoÃ. »Das geht nicht, Leonie! Das weiÃt du doch! Das Geschenk kann ich dir unmöglich schenken!«
Meine kleine Schwester verzog das Gesicht, und schon kullerten die ersten Tränchen â sie kann auf Befehl heulen, groÃes Ehrenwort! »Aber es kostet doch nichts!«, flehte sie. »Sieh mal, Paps â¦Â«
»Nein. Tut mir leid.« Er eilte in den Flur. Zog den Mantel an. Sagte, die Hand schon an der Klinke: »Einen Gruà an eure Mutter.« Machte die Tür auf. Schlüpfte raus. War weg.
Schade.
»Mann oh Mann ⦠was hast du dir nur gewünscht, Leonie?«
Meine kleine Schwester starrte mit riesengroÃen Kulleraugen auf die geschlossene Tür, als stünde da ein Geist. »Hm?«
»Was du dir gewünscht hast, will ich wissen«, schrie ich sie
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