Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln
hätte Yasin nur gelacht und gesagt: Was für eine doofe Tussi.´
Ich starrte auf mein Handy und überlegte weiter, was ich meinem zweiten Ex-Lover an den Kopf werfen könnte. Und plötzlich kam mir eine Idee!
Wie wäre es, wenn ich den Engel zusammenkleben, ihn wieder in ein hübsches Geschenkpapier wickeln und an Yasins Haustür hängen würde? Mit einem Zettel, auf den ich schreiben würde: Zur Erinnerung an eine groÃe Liebe.
Das war´s.
Erleichtert lehnte ich meinen Kopf an den warmen Kachelofen: Zur Erinnerung an eine groÃe Liebe â das klang nach groÃem Kino und ganz groÃen Gefühlen, aber nicht nach verletzter Eitelkeit. Die Botschaft würde Yasin beweisen, dass ich kein nachtragendes, klammerndes Biest war.
Schwerfällig tappte ich die Treppe hinauf, setzte mich an meinen kleinen Schreibtisch und schnitt aus roter Pappe ein Herz aus. Darauf schrieb ich mit goldenen Buchstaben: Zur Erinnerung an eine groÃe Liebe.
Ich starrte auf die güldenen Buchstaben und spürte den schweren Stein in meiner Brust, der vor kurzem noch ein Herz voller Liebe war. Ich fühlte mich todkrank.
Eine halbe Stunde später war ich quicklebendig und hätte die Welt umarmen können.
17. Dezember
A m Montagmorgen saà ich neben meiner kleinen Schwester im Bus und hielt ihre Hand. Das hatte ich noch nie getan, schlieÃlich hatte sie mich ja mit ihrer Neugier und mit ihrem Gejammer »Nimm mich mit, Mirja! Ich will auch dabei sein!« oft bis zum Wahnsinn genervt.
Ich wusste, dass sie mich immer nerven würde, aber an diesem Morgen machte mir das nichts aus. Ich hielt ihre Hand, weil sie mir das Leben gerettet hatte. Ehrlich!
Meine kleine Schwester, die Paps blöde Yvonne tausend Mal beschattet und diesbezüglich jede Menge Erfahrungen gesammelt hatte, hatte nämlich das Rätsel des zerbrochenen Engelchens gelöst.
Das kam so: Als Yasin mich am Samstagmittag abgeholt hatte, fand sie ihn auf den ersten Blick so toll, dass sie sich â fast! â in ihn verliebte. Aber neunjährige kleine Schwestern verlieben sich nicht RICHTIG , die schwärmen höchstens für einen Jungen.
Weil Yasin so ein toller Kerl war, schwärmte sie sofort für ihn und fand es unglaublich, dass er mir gleich am nächsten Tag ein Geschenk zurückgeben würde. Ein kaputt gemachtes Geschenk auch noch! Und dass er es feige an den Haken über der Tür hängen würde, fand sie überhaupt total unwahrscheinlich. »WeiÃt du, Mirja, das passte einfach nicht zusammen. Jonas hätte ich es zugetraut, aber nicht deinem Yasin.«
Na ja. Als ich am Hals meiner Mutter weinte und einfach nicht aufhören konnte, wurde ihr langweilig. Sie ging raus, sah sich den Haken über der Tür an, aber da war nichts Auffälliges zu sehen. Allerdings fand sie die frischen Spuren im Schnee auffällig und folgte ihnen. Und wo begannen und endeten sie? Direkt vor Jonasâ Haus.
»Da machte es bei mir klick«, sagte sie später. »Ich hab von den FuÃspuren ein paar Handyfotos gemacht, hab den kaputten Engel genommen, bin mit dem Bus in die Stadt gefahren, bin zu Yasin gegangen, hab ihm die zwei Teile des Engels gezeigt â und jetzt sind wir hier, wie ihr seht.«
»Woher wusstest du, wo Yasin wohnt?«, erkundigte sich unsere Mutter.
»Hab gestern gegoogelt.« Leonie grinste frech. »Ich musste doch wissen, mit wem meine Schwester übern Weihnachtsmarkt geht, oder?«
Da hatte Yasin gesagt: »Du bist so neugierig wie mein kleiner Bruder, der Murat. Ihr zwei passt zusammen. Und weiÃt du was, Leonie? Ich wette, der freche Kerl ist uns gefolgt und steht sich jetzt vor der Tür die Beine in den Bauch.«
»Und erfriert!«, hatte Leonie gerufen, war rausgestürzt â und tatsächlich mit einem zitternden Murat reingekommen. Ich konnte es kaum fassen; aber klar, dass Leonie zusammen mit Yasin zurückgekommen war, hatte ich ja auch kaum fassen können.
Yasin war nämlich zu Hause gewesen. Die Familie hatte noch am Frühstückstisch gesessen, als sie klingelte. Und weil meine kleine Schwester ihm sofort ihre Faust unter die Nase hielt und wissen wollte, ob er den Engel kaputt gemacht und zurückgeschickt hätte, kapierten er und die Leute seiner Familie erst mal gar nichts. Aber seine Mutter war sehr nett gewesen; Leonie musste Anorak und Mütze ausziehen und die Schuhe auch noch, was sie blöd
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