Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln
Ex-Freund gespielt hatte: Er und Lilli waren Yasin und mir gefolgt, sie hatten den Engel gekauft, hatten ihn kaputt gemacht â aber er, er allein hatte die Stücke über unsere Haustür gehängt. Das verstand ich nicht. Was hatte ich ihm getan? Klar, dass Lilli wegen der Rolle, die sie nicht bekommen hatte, sauer war! Aber Jonas hatte doch mit Löwenfelds Entscheidung nichts zu tun? Ich wälzte mich so unruhig von einer Seite auf die andere, bis Leonie wissen wollte, was mit mir los war. Und dann sagte sie: »Ich bitte dich, Mirja! Ein Engelchen kaputt zu machen und die Teile zurückzugeben, damit du annehmen musst, Yasin hätte sich entliebt â also das war garantiert Lillis Idee. Und klar hat sie von Jonas auch verlangt, das Päckchen über unsere Tür zu hängen, wo er doch nur ein paar Schritte von uns entfernt wohnt.«
»Er hätte NEIN sagen können!«
»Dazu war er viel zu feige. Und vielleicht hat Lilli ihn ja auch erpresst.«
»Womit denn nur?«
Meine kleine Schwester schlüpfte mal wieder zu mir ins Bett. » Wenn du mich liebst, erledigst du das für mich , wird sie gesagt haben. Und wenn du es nicht tust, dann weià ich, dass du immer noch in Mirja verliebt bist . So was in der Art wird sie gesagt haben. Hundertpro.«
Was Leonie sagte, machte Sinn. Trotzdem tut es verdammt weh, wenn ein Exfreund einen so in die Pfanne haut. Darüber dachte ich noch nach, als Leonie flüsterte: »Nur dass du es weiÃt, Mirja: Morgen steigt die Sache mit Paps. Musst du zu einer Probe für das Musical, oder kannst du mitkommen?«
»Wir proben jeden Nachmittag. Bist du sicher, dass du das alleine schaffst?«
»Ich kann das«, versicherte Leonie.
Unsere Ma muss uns gehört haben, denn plötzlich knipste sie das Licht an, scheuchte Leonie in ihr Bett und tat so, als wäre sie furchtbar sauer. Eigentlich war sie seit Sonntag nur noch sauer, aber um ihre Laune konnte ich mich nicht auch noch kümmern; ich hatte wegen meinem fiesen Ex, der neidischen Lilli und ihren zwei allerbesten Freundinnen schon genug Sorgen.
Für uns Sänger sowie für die Leute vom Chor und Orchester fiel in der letzten Woche vor Weihnachten der Unterricht am Nachmittag komplett aus. Vier Tage waren es noch bis zur Aufführung, und bis jetzt hatten wir nur geschauspielert. Kein Wunder, dass Chris Löwenfeld nervös wurde und wir seit Dienstag mit dem Chor und Orchester probten. Das hatte Verstärkung bekommen. Anstelle von Yasin, der nun endgültig den Wirt gab, bliesen Anna, Mark und Simon aus der Hauptschule die Trompete, und Linus aus der Elften spielte Klavier. Linus will nach dem Abi Musik studieren und sieht göttlich aus; wie ein romantischer Künstler eben.
Zuerst spielte das Orchester ein schmissiges Stück, das stark nach der Eurovisionsmelodie klang, und in dem Mick, unser Schlagzeuger, mit reichlich Trommelwirbel alle Hände voll zu tun hatte. Emil, unser Erzähler, stellte sich dann vor einen kleinen Tisch, zeigte auf seinen aufgeklappten Laptop und berichtete im Ton eines Nachrichtensprechers aus aktuellem Anlass von einer merkwürdigen Begebenheit, die sich an einem berüchtigten Krisenherd im Nahen Osten zugetragen haben soll. Dann sagte er: » Unser Reporter war live vor Ort. Wir spielen Ihnen, verehrte Zuschauer, jetzt die Aufnahmen vor, die uns vor wenigen Minuten über Satellit erreicht haben.«
Dann öffnete sich der Vorhang. Man erkannte den Bildschirm, die Zuschauer sahen einen mit Goldfolie umwickelten Stuhl, auf dem ein vornehmer Mann mit einem Lorbeerkranz auf dem Kopf (und in ein weiÃes Leintuch gewickelt!) saà und einen ebenfalls mit Goldfolie umwickelten Stab in der Rechten hielt. Dieser Mann teilte den Zuschauern in einem Rap mit, als Kaiser des Landes sei er auf die Steuereinnahmen angewiesen, wozu er aber unbedingt die genaue Zahl seiner Untertanen wissen müsse. Deshalb, und weil die Internetverbindung bis auf unbestimmte Zeit unterbrochen sei, hätten alle Leute in ihren Geburtsort zu reisen. Der Aufbruch müsse sofort geschehen, andernfalls würden sich seine Panzer in Bewegung setzen.
Der Kaiser setzte sich, das Orchester spielte etwas komplett Wildes, während aus den Kulissen die Leute hervorkamen, auf der Bühne durcheinanderrannten, Schreie ausstieÃen, jammerten, heulten oder brüllten: »Hast die Schoko-Sahnetorte eingepackt? Vergiss meine Ugg-Boots
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