Engelsleid (German Edition)
kurzen Abständen die Schritte derjenigen zu hören, die die Treppe hinuntereilten . E ine Person trampelte b e sonders laut, hustete, die Haustür fiel mit einem Rums zu. Dann kehrte allmä h lich Ruhe ein.
Am Abend war die Wohnung wieder einigermaßen aufg e räumt und die Mülltonne mit etlichen Tüten voller Scherben g e füllt. Allerdings hatte Laura nicht feststellen können, dass irgen d etwas in der Wohnung fehlte. Was hatte der Mörder gesucht? Nur den Sessel, in dem ihre Mutter gestorben war, hatte sie nicht ang e rührt. Die Spurensicherung hatte ihn mit einer Folie abg e deckt.
In ihrem Inneren war eine brennende Leere. Ihre Tränen waren ve r siegt, stattdessen empfand sie einen abgrundtiefen Hass auf den Täter, der ihr dies angetan hatte. Wer? Warum? Diese Frage b e schäftigte sie unablässig.
Im Laufe des Vormittags klingelte es mehrfach an der Tür. Einmal war es die Nachbarin, die Laura mit einem Stück Kuchen aufmuntern wollte, aber ihr war nicht nach Essen zumute. Dann meldete sich der Hausmeister, der den Einbau einer komplett neuen Wohnungstür veranlassen musste und ihr mitteilte, dass diese voraussichtlich am nächsten Tag geliefert würde. Schlie ß lich kam auch noch der Kommissar vorbei.
» Guten Tag, Frau Dennerwein. Darf ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen? «
Laura bedeutete ihm mit einer Handbewegung, dass es für sie in Ordnung sei , und ging ihm voraus in die Küche.
» Möchten Sie eine Tasse Kaffee? «
» Danke, nein. « Sie setzten sich einander am Küchentisch g e genüber und diesmal sah sie ihn genauer an, indem sie seinem Blick aus den Augen mit der undefinierbaren Farbe zwischen Grün und Braun standhielt. Bestimmt war es ihrer Müdigkeit und Traurigkeit zuzuschreiben, dass sie den Eindruck hatte, die A u genfarbe würde zwischenzeitlich variieren. Eine Sinnestäuschung, sonst nichts.
» Haben Sie die ganze Nacht über aufgeräumt? « , fragte Ertl überrascht und strich sich mit der Linken durch die kurz geschni t tenen hellbraunen Haare. Unter der offenen Lederjacke schaute ein Swe a tshirt mit einem sportiven Emblem hervor. Laura schät z te ihr Gegenüber diesmal auf Ende d reißig. Der Kommissar wir k te übermüdet, dunkle Schatten lagen unter seinen Augen, die sie auch bald haben würde, wenn sie keinen Schlaf fand.
» Ja, ich konnte sowieso kaum schlafen « , erwiderte La u ra. » Ich bin noch nicht mit allen Details fertig, aber bis jetzt kann ich nicht feststellen, dass irgendetwas fehlt. Weder das Handy meiner Mu t ter noch ihr Geldbeutel. Auch der eBook-Reader, den ich ihr zu Weihnachten geschenkt habe, ist da. Der Fernseher und das Radio sind zwar zerschlagen, als hätte derjenige geglaubt, es wäre etwas im Gerät versteckt, aber das war’s auch schon. Was hat er g e sucht? «
Ertl zuckte mit den Schultern. » Das wüsste ich auch gerne. Wir sind auch nicht sicher, ob es einer oder mehrere waren. A n geblich hat bis auf die eine Nachbarin niemand etwas bemerkt . «
Laura sah ihn aufmerksam an. Sie wollte so viel wie möglich erfahren. » D ie waren doch bestimmt fast alle arbeiten, oder? «
» Nun, die Nachbarin sagt, sie war zu H ause, und die Frau Klein vom vierten Stock … «
» Die mit den beiden kleinen Kindern? «
» Ja, genau, die war auch daheim, weil eines ihrer Kinder krank ist. Angesichts der Verwüstung hätte sie eigentlich hören müssen, dass etwas nicht stimmte. Na ja, heutzutage sind die Leute leider oft wenig aufmerksam. «
» Hat es in dieser Gegend schon mehr Einbrüche gegeben, bei denen so viel verwüstet wurde? «
Lauras Frage entlockte dem Kommissar ein kurzes Lächeln. » Sie verfügen über kriminalistische Fähigkeiten. Eigentlich sollte ich mit Ihnen darüber nicht reden. « Er hielt kurz inne. » Nein, was gestern hier passiert ist, ist einmalig, kein Serientäter. Zumindest bis jetzt nicht. «
Also bestand wohl wenig Hoffnung, den Mörder zu fassen. Laura hatte keine Ahnung, wie sie mit der Ungewissheit leben sollte. Dabei musste der Alltag weitergehen und es gab so viel zu tun. Sie sollte ihren Chef anrufen, dass sie nicht kommen würde. Versicherungen mussten gekündigt werden. Die Wohnung auch. Außerdem brauchte sie einen Totenschein. Hatte Mama eigentlich ein Testament gemacht? Und zu einem Beerdigungsinstitut mus s te sie auch, um alles in die Wege zu leiten. Laura seufzte. Wie machte man das alles? Als ihr Vater gestorben war, hatte sich ihre Mutter fast alleine gekümmert.
» Wann kann ich meine Mutter
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