Engelsleid (German Edition)
hast du denn an der Ehe auszusetzen? «
Nun sprach er nur noch Italienisch, als wäre es ganz selbstve r ständlich. Laura hatte nichts dagegen einzuwenden. Viel zu selten hatte sie Gelegenheit, ihre Sprachkenntnisse auszuspielen und dabei war sie ein wenig stolz auf diese Fähigkeit.
» Heiraten ist altmodisch. Warum nicht einfach zusammenl e ben? « , erwiderte sie mit fester Stimme.
» Aber ist es denn nicht erstrebenswert, ein Zeugnis vor Gott und der Familie, allen Freunden und Verwandten abzulegen, dass man zueinander gehört? «
Wenn er das so toll fand, wieso war er dann noch nicht verhe i ratet? Oder war er es und verschwieg dies einfach, um sich fern der Heimat ein amouröses Abenteuer zu leisten? Auch damit hatte Laura schon ihre Erfahrungen gemacht. Eine ihrer flüchtigen Bekanntschaften hatte ihr verschwiegen, dass auf ihn zuhause Frau und drei Kinder warteten. Glücklicherweise war sie ziemlich schnell dahintergekommen, weil sein Verhalten zu auffällig g e wesen war. Nie wollte er bei ihr übernachten, abends war er oft nicht erreichbar und überhaupt steckte er voller Widersprüche und Ausflüchte. Trotzdem war Laura eine ganze Weile nicht nur w ü tend auf ihn, sondern auch auf sich selbst gewesen, dass sie ihm auf den Leim gegangen war. Wieder ein Grund mehr, Männern und ihren Liebesbekundungen zu misstrauen.
» Und bei wie vielen hält dieses Eheversprechen länger als zehn Jahre? «
» Pssst « , machte jemand hinter ihnen. Sie lächelten beide schuldbewusst und schwiegen während der nun folgenden Zer e monie. Lauras Gedanken schweiften ab. Dieses klerikale Getue langweilte sie. Versonnen strich sie sich über ihre sorgfältig hochgesteckten weinroten Haare und blickte kurz zur Seite. Gi u seppe schaute konzentriert nach vorne, als wäre er willens, von nun an seine ganze Aufmerksamkeit den Geschehnissen am Altar zu schenken.
Es war nicht zu leugnen, dass der Kerl verdammt gut aussah und ihr Herzklopfen bescherte. Egal wer er war, einem kleinen Abenteuer wäre sie nicht abgeneigt. Unter dem eleganten Anzug schien ein durchtrainierter, attraktiver Körper zu stecken und sie ertappte sich dabei, wie sie, angeregt von einem Kribbeln in ihrem Bauch, sich sinnlich über ihre Lippen leckte.
Ihr schlechtes Gewissen meldete sich. Eigentlich sollte ihr Herz voller Trauer sein, unfähig noch etwas anderes zu empfi n den. Wie selbstsüchtig sie war! Tränen stiegen hoch und Laura blinzelte mehrmals, um sie zu vertreiben. Ihre Mutter war eine lebensfrohe Frau gewesen. Sie würde verstehen und bejahen, dass Laura nicht in völliger Traurigkeit versank, sondern nach Able n kung suchte. Wie sie es schaffte, hier zu sitzen und über andere Dinge nachzudenken, als über den Mord und dieses mehr als merkwürdige Erbe, gab ihr dennoch zu denken. Würde der Ko m missar den Täter fassen? Der einsetzende Gesang rings um sie herum riss Laura aus ihren trüben Gedanken.
Wann sie zuletzt in einem Gottesdienst gesessen und gesungen hatte, wusste sie nicht mehr. Alles, was sie heute machte, geschah nur der Braut zuliebe, nur vor dem Hintergrund ihrer Freun d schaft. Zu ihrer Verwunderung blieb ihr Nachbar stumm.
» Was ist? « , flüsterte sie. » Warum singst du nicht mit? «
» Eine Zumutung. Ich singe total falsch « , erwiderte er, wobei er sich zu ihr herüberbeugte. Sein warmer Atem streifte kitzelnd ihr Ohr. » Ich kann es dir gerne beweisen, dass mein Mund zu anderen Dingen besser fähig ist, als zu singen. «
Eine heiße Welle durchflutete ihren Schoß. Der kam aber schnell zur Sache!
» Pssst « , wurden sie ein zweites Mal von der älteren Dame n e ben Giuseppe zurechtgewiesen.
Oh , ne e , die soll sich mal nicht so haben! So laut war das doch gar nicht. Wann ist diese verflixte Zeremonie denn endlich vo r bei?
Zu früh atmete Laura auf, als sich alle in einer feierlichen Prozess i on zu den Klängen der Orgel hinausbegaben. Das Händeschü t teln, Beg lückwünschen und Abbusseln wollte kein Ende ne h men. Dabei kamen fast alle zur anschließenden Feier in einem idyllisch geleg e nen Landgasthof mit, wo noch genügend Zeit war, sich den Brau t leuten mit Freudentränen in den Augen an den Hals zu we r fen.
Die Fahrt in Giuseppes Auto entspannte Laura. Bestimmt hatte er das nicht so gemeint, wie sie es verstanden hatte.
Der sonore Klang des PS-starken Motors zog ihre Aufmer k samkeit auf sich.
Was für ein Luxus!
Ihr entgingen nicht die teils bewundernden, teils blasierten Blicke der
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