Engelsleid (German Edition)
geweiht war. Die Luft war von Weihrauch geschwängert . In Maßen verströmt, empfand Azar a deel dies als den wahrhaft köstlichsten aller Düfte. Kein Parfum, kein Bl ü tenduft, nichts war für die Nase eines Engels köstlicher. In dieser Nacht jedoch füllte der Weihrauch den gro ß volumigen Raum schwer und erdrückend aus. Irgendjemand musste sehr ve r schwenderisch mit dem kostbaren Rohstoff umg e gangen sein, als wolle er die Sinne aller vernebeln. Wäre er ein Mensch oder ein D ä mon , so würde der intensive Duft ihm sogar Kopfschmerzen bere i ten.
Azaradeel zwang sich , flacher zu atmen. Mit einem souveränen Nicken grüßte er die Anwesenden und nahm seinen Platz in der krei s förmigen Runde zwischen Leviathan und Jomjael ein. Die Diskuss i on über brandaktuelle Themen hatte bereits bego n nen. Wer wusste etwas über die bedrohliche Konstellation der Gestirne oder hatte einen Hinweis bekommen, ob und wo die D ä monen zuschlagen würden? Die Informationen flossen nur schleppend.
Es schien Azaradeel, als wäre er nicht der E inzige, der abg e lenkt und mehr mit seinen eigenen Problemen befasst war, als mit der Bekämpfung der Dämonen und der Rettung der Welt. Vie l leicht hatten sie einen Punkt erreicht, an dem sie abgestumpft waren? Was hatte ihr Einsatz letztlich bewirkt? Vielleicht stünden die Welt und die Menschheit gar nicht schlechter da, wenn die Engel sich aus allem heraushalten würden. Wer wusste das schon?
Genau genommen unterscheiden wir uns gar nicht so sehr von den Menschen , dachte Azaradeel und unterdrückte ein zyn i sches Grinsen. Die kreisförmige Stehversammlung hatte sich inzw i schen zu den nächstgelegenen Bänken verlagert, was Azaradeel sehr begrüßte. In der Masse zu stehen und den jeweiligen Re d ner nicht zu sehen, störte ihn. So gesehen wäre ein antikes Amphith e ater für ihre Treffen geeigneter. Nun erhob sich derjenige, der etwas mi t zuteilen hatte, und aller Augen waren auf ihn gerichtet.
Statt über wichtige Themen zu sprechen, mutierte der Geda n kenaustausch allerdings zu einer psychotherapeutischen Masse n sitzung. Soeben beichtete Ezekeel mit betrübtem Gesicht seinen Mitstreitern, dass ihm die Kraft der Kindszeugung abhanden - gekommen sei. Azaradeel schüttelte innerlich den Kopf und em p fand Verachtung für dieses allzu menschliche Verhalten. Ve r dammt noch mal, wir sind Engel! Wir sollten es gar nicht erst in Erwägung ziehen, Sex zu haben! Genau deswegen wurden wir einst aus dem himml i schen Paradies verdammt! Peinlich berührt musterte er die G e sichter der anderen. Er war nicht der E inzige, dem der Fortgang ihrer Sitzung missfiel.
Der allgemein als sexbesessen bekannte Asbeel versuchte , Ezekeel mit der Bemerkung zu trösten, dass es sowieso schon viel zu viele Nephilim gäbe, die die Sicherheit der Erde gefährdeten . Alleine d as Blut der Engelskinder böte schließlich den noch freien Dämonen die Chance, ihresgleichen zu befreien. Je weniger Nephilim, desto weniger Chaos.
Was war passiert? Wo war ihre einstige Stärke und Reinheit g e blieben? Waren sie durch das lange Wandeln auf Erden schw ä cher geworden? Waren sie vom Virus der Selbstsucht befallen?
» Womit wir wieder zum eigentlichen Thema unserer Versam m lung zurückkehren « , erklang zu Azaradeels Erstaunen nun Levi a than, während er sich erhob und forsch in die Runde sah. Sein Freund hielt sich sonst eher zurück, war er doch selbst kein Muster an Tugend und auch kein Vorbild als Dämonenjäger. Seine Erfolge waren eher dem Zufall zu verda n ken, als gezielter Verfolgung. Aber wenigstens stand Leviathan zu seinem Verhalten und lame n tierte nicht herum. » Es gibt wirklich Wichtigeres zu bespr e chen. Besinnt euch darauf, welche Aufgabe uns zugeteilt wurde. Wer also nichts zum Thema beizutr a gen hat, sollte besser schwe i gen. «
Langsam sich um die eigene Achse drehend , suchte Leviathan kurz den Blickkontakt mit jedem E inzelnen. Einige wichen ihm aus und senkten die Lider. Azaradeel nickte ihm zustimmend zu.
Erstaunlicherweise gab es keinen Einspruch. Erst als Leviathan sich wieder setzte, ergriff Asasel mit einem langen Gebet das Wort und leitete dann zu einer Fragerunde über. Wer in letzter Zeit Auffä l liges beobachtet hatte, sollte dies melden. Nur wenige Engel hoben die Hand. Eigenartige Himmel s erscheinungen, eine sich nähernde ungewöhnliche Konstellation . Zwei konnten von einer Konfrontation mit Dämonen berichten, aus der sie nach langem Kampf als Sieger
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