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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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lag das Mittelmeer, von tausend kleinen Inseln übersät – und am Ende seines schmalen Gürtels, an dem Punkt, wo Asien nach Europa griff, formte sich eine flache Blutlache langsam zu einem Stern.
    Luce hörte Daniel neben sich schlucken. Die Engel blickten alle wie vor den Kopf geschlagen, als Dees Blut die Spitzen des Sterns ausfüllte und die heutige Türkei auswies – genauer gesagt –
    »Troja«, stieß Daniel schließlich hervor und schüttelte verwundert den Kopf. »Wer hätte gedacht …«
    »Wieder einmal «, sagte Roland, dessen Tonfall ein langes, gespanntes Verhältnis zu der Stadt verriet.
    »Ich hatte immer das Gefühl, dass dieser Ort dem Untergang geweiht war.« Arriane schauderte. »Aber ich …«
    »Habe nie gewusst, warum«, beendete Annabelle ihren Satz.
    »Cam?«, fragte Daniel, und die anderen richteten den Blick von der Karte auf den Dämon.
    »Ich werde gehen«, sagte Cam schnell. »Kein Problem.«
    »Dann wäre das geklärt«, meinte Daniel, als könne er es nicht glauben. »Philipp«, rief er und schaute nach oben.
    Phil und seine drei Outcasts erhoben sich von ihren Plätzen oben auf den Hängen.
    »Verständige die anderen.«
    Welche anderen? Wer war denn sonst noch übrig?, dachte Luce.
    »Was soll ich ihnen sagen?«, fragte Phil.
    »Sag ihnen, dass wir den Ort des Sturzes kennen, dass wir jetzt nach Troja aufbrechen.«
    »Nein.« Luce’ Stimme hielt den Outcast zurück. »Wir können noch nicht gehen. Was ist mit Dee?«

    Am Ende war es keine Überraschung, dass Dee sich um alles gekümmert hatte, bis zu den Anweisungen für ihre Totenfeier. Annabelle fand sie; sie steckten zwischen den Brettern des Deckels der Holztruhe, welche, wie Dees Brief erklärte, umgedreht eine Bahre ergab. Die Sonne stand bereits tief am Himmel, als sie begannen, ihre Gedenkfeier zu halten. Es war das Ende des siebten Tages, aber Dees Brief versicherte ihnen, dass dies keine Zeitverschwendung sein würde.
    Roland, Cam und Daniel trugen die Totenbahre zur Mitte der Marmorplattform. Sie bedeckte die Karte vollständig, sodass die Waage dort bei ihrer Landung eine Beerdigung sehen würde, nicht den Ort des Engelsturzes.
    Annabelle und Arriane trugen den Leichnam zur Bahre und legten ihn vorsichtig so darauf, dass sich Dees Herz direkt über dem Stern aus ihrem Blut befand. Luce erinnerte sich daran, dass Dee gesagt hatte, Heiligtümer seien über Heiligtümern erbaut worden. Ihr Körper würde ein schützendes Heiligtum für die Karte bilden, die sie verbarg.
    Cam legte Dees Umhang über ihren Leichnam, aber er ließ ihr Gesicht frei. An ihrer letzten Ruhestätte wirkte Dee, ihr Desideratum, klein, aber mächtig. Und sie wirkte friedlich. Luce wollte glauben, dass Dee mit Dr. Otto durch Träume wandelte.
    »Sie will, dass Luce diejenige ist, die sie segnet«, las Annabelle aus dem Brief vor.
    Daniel drückte ihr die Hand, als wolle er sagen: Bist du okay?
    Luce hatte noch nie so etwas getan. Sie wartete auf ein Gefühl der Befangenheit, dass sie ein schlechtes Gewissen hätte, weil sie auf der Beerdigung für jemanden sprach, den sie ermordet hatte. Stattdessen erfasste sie ein Empfinden von Ehre und Ehrfurcht.
    Sie trat an die Totenbahre. Doch dann nahm sie sich einige Augenblicke Zeit, um sich zu sammeln.
    »Dee war unser Desideratum«, begann sie. »Aber sie war mehr als ein begehrenswertes Ding.«
    Sie holte Luft, und ihr wurde klar, dass sie nicht nur Dee segnete, sondern auch Gabbe und Molly, deren Körper sich in Staub aufgelöst hatten – und Penn, an deren Beerdigung sie nicht hatte teilnehmen können. Es war alles zu viel. Die Welt um sie herum drehte sich und die Worte verschwanden. Sie wusste nur noch, dass Dee ihr Opferblut auf die Stirn geschmiert hatte.
    Es war Dees Geschenk an Luce.
    Du darfst nicht vergessen, dass du träumst, was du bereits weißt.
    Blut pochte in ihren Schläfen. Ihr Kopf und ihr Herz standen vor Hitze in Flammen, doch ihre Finger waren eisig, als sie Dees Hand ergriff.
    »Irgendetwas geschieht.« Luce schloss die Augen und sah ein leuchtend weißes Licht durch die Lider.
    »Luce …«
    Als sie die Augen öffnete, hatten die Engel ihre Umhänge abgeworfen und die Flügel entfaltet. Das Plateau war lichtdurchflutet. Eine riesige Menge von Waage-Engeln kreischte irgendwo über ihr.
    »Was geht hier vor?« Sie hielt sich die Hand über die Augen.
    »Wir müssen uns beeilen, Daniel«, rief Roland von oben. Waren die anderen Engel bereits abgeflogen? Woher kam das

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