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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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gegenüberstehst, wirst du keine Angst haben.

    »Leute«, sagte Arriane, die rechts von Daniels Flügeln auftauchte. »Seht euch das an.«
    Die Wolken waren dünner geworden. Unter ihnen lag ein Tal, ein breiter Strich steinigen Ackerlandes, das auf seiner westlichen Seite an eine Meerenge stieß. Ein riesiges hölzernes Pferd stand in der kargen Landschaft, ein Monument einer dunklen Vergangenheit. Luce konnte steinerne Ruinen neben dem Pferd ausmachen, ein römisches Theater, einen Parkplatz aus der Gegenwart.
    Die Engel flogen weiter. Das Tal breitete sich unter ihnen aus, dunkel bis auf ein einziges Licht in der Ferne: eine elektrische Lampe, die durch das Fenster einer kleinen Hütte mitten im Hang schien.
    »Fliegt zum Haus«, rief Daniel den anderen zu.
    Luce hatte eine Reihe von Ziegen beobachtet, die über die aufgeweichten Felder zogen und sich in einem Aprikosenhain sammelten. Ihr drehte sich der Magen um, als Daniel plötzlich nach unten schoss. Als sie den Boden berührten, waren Luce und die Engel ungefähr eine Viertelmeile von der weißen Hütte entfernt.
    »Lasst uns hineingehen.« Daniel nahm ihre Hand. »Sie werden uns erwarten.«
    Luce lief neben Daniel durch den Regen. Das dunkle Haar klebte ihr im Gesicht und ihr geborgter Mantel kam ihr vor, als sei er von tonnenschweren Regentropfen durchnässt.
    Sie stapften einen gewundenen Schlammpfad hinauf, als ein großer Wassertropfen an Luces Wimpern klebte und ihr ins Auge lief. Als sie ihn wegrieb und blinzelte, hatte die Erde sich vollkommen verändert.
    Ein Bild blitzte vor ihr auf, eine lang vergessene, wachgerufene Erinnerung:
    Der nasse Boden unter ihren Füßen war nicht mehr grün, sondern schwarzverkohlt an einer Stelle, aschegrau an einer anderen. Das Tal ringsum war von tiefen, qualmenden Kratern übersät. Luce roch ein Blutbad, verschmortes Fleisch und Verwesung, ein Geruch so stark und stechend, dass er ihr in der Nase brannte und am Gaumen klebte. Es zischte aus Trichtern, als beherbergten sie Klapperschlangen. Staub – Engelsstaub – war überall. Er schwebte durch die Luft, bedeckte den Boden und die Felsen, fiel ihr wie Schneeflocken ins Gesicht.
    Aus dem Augenwinkel nahm sie etwas Silbernes wahr. Es sah aus wie die Scherben eines Spiegels, nur dass es phosphorizierte – schimmerte, beinahe lebendig wirkte. Luce ließ Daniels Hand los, fiel auf die Knie und kroch über den schlammigen Boden auf das zerbrochene silberne Glas zu.
    Sie wusste nicht, warum sie das tat. Sie wusste nur, dass sie es berühren musste.
    Sie griff nach einem großen Stück und stöhnte vor Anstrengung. Sie hatte die Hand fest darum gelegt …
    Und dann blinzelte sie und hielt nichts als eine Handvoll weichen Schlamms in den Fingern.
    Sie sah zu Daniel auf und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Was geschieht hier?«
    Er sah Arriane an. »Bring Luce hinein.«
    Sie spürte, wie sie an den Armen hochgezogen wurde. »Dir passiert nichts, Kleine«, murmelte Arriane. »Ehrenwort.«
    Die dunkle Holztür der Hütte wurde geöffnet und ein warmes Licht fiel heraus. Steven Filmore, Luce’ Lieblingslehrer aus der Shoreline, spähte den nassen Engeln ruhig und gefasst entgegen.
    »Ich bin froh, dass du es geschafft hast«, sagte Daniel.
    »Gleichfalls.« Stevens Stimme war entspannt und wie die eines Professors, genau wie Luce ihn in Erinnerung hatte. Irgendwie war es beruhigend.
    »Geht es ihr gut?«, fragte Steven.
    Nein. Sie drehte gleich durch.
    »Ja.« Daniels Zuversicht überraschte Luce.
    »Was ist mit ihrem Hals passiert?«
    »Wir sind in Wien einigen Mitgliedern der Waage über den Weg gelaufen.«
    Luce halluzinierte. Es ging ihr nicht gut. Zitternd sah sie in Stevens Augen. Sein Blick war fest, tröstend.
    Es geht dir gut. Es muss dir gut gehen. Für Daniel.
    Steven hielt die Tür auf und ließ sie herein. Die kleine Hütte hatte einen Lehmboden und ein Strohdach. In einer Ecke lag ein Haufen Decken und Teppiche, neben dem Feuer war ein primitiver Kochherd aufgestellt und in der Mitte des Raumes befanden sich vier Schaukelstühle.
    Vor den Stühlen stand Francesca – Stevens Frau und ebenfalls Lehrerin an der Shoreline. Phil und die anderen drei Outcasts lehnten wachsam an der hinteren Wand der Hütte. Annabelle, Roland, Arriane, Daniel und Luce zwängten sich in die vom Feuer erhellte Wärme des Hauses.
    »Was jetzt, Daniel?«, fragte Francesca ganz geschäftsmäßig.
    »Nichts«, sagte Daniel schnell. »Noch nichts.«
    Warum nicht? Hier waren sie auf

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