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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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Tonfall passte nicht zu seinen Worten, genauso wenig wie seine Augen, die mit verzweifelter Aufrichtigkeit sagten: Du kannst es tun. Du musst es tun.
    Luce wog den Dolch in der Hand. Sie hatte gesehen, wie diese Klinge Penn das Leben genommen hatte. Sie hatte seinen Stich gespürt, als Sophia versucht hatte, sie in der Kapelle der Sword & Cross zu ermorden. Der einzige Grund, warum Luce jetzt nicht tot war, war der, dass Daniel durch das bunte Glasfenster gekracht war, um sie zu retten. Der einzige Grund, warum sie keine Narbe trug, war Gabbes heilende Berührung. Sie hatten ihr Leben für diesen Moment gerettet. Damit sie das Leben einer anderen nehmen konnte.
    Dee bemerkte, wie sehr die Furcht Luce abgelenkt hatte. Sie bedeutete Cam, sich hinzusetzen. »Vielleicht wäre es besser, Liebes, wenn du es nicht als meine Tötung ansiehst. Du würdest mir das größte Geschenk machen, Lucinda. Kannst du nicht sehen, dass ich bereit bin, weiterzuziehen?« Sie lächelte. »Ich weiß, es ist schwer zu verstehen, aber es kommt eine Zeit in der Reise eines sterblichen Körpers, in der er danach strebt, auf die bestmögliche Weise zu sterben. Sie nannten es früher einen ›guten Tod‹. Es wird Zeit für mich zu gehen, und wenn du mir das Geschenk dieses sehr guten Todes machst, verspreche ich dir, dass du es nicht bereuen wirst.«
    Mit von Tränen brennenden Augen schaute Luce an Dee vorbei. »Dan… «
    »Ich kann dir nicht helfen, Luce.« Daniel antwortete, bevor sie auch nur seinen Namen ausgesprochen hatte. »Du musst es allein tun.«
    Roland erhob sich von seinem Platz und studierte die Karte. Er schaute nach Osten, zum Mond hinüber. »Wenn es damit getan wäre, wenn es getan ist, dann wäre es gut, wenn es schnell getan werden würde.«
    »Es bleibt nicht viel Zeit«, übersetzte Dee und legte Luce eine zerbrechliche Hand auf die Schulter.
    Luces Hände zitterten und schwitzten auf dem silbernen Griff des Dolches, wodurch sie ihn nur schwer halten konnte. Hinter Dee konnte sie die Marmorplatte mit der halbfertigen Karte sehen, und hinter der Karte den Qayom Malak, in dem der gläserne Heiligenschein steckte. Die silberne Feder stand zu Dees Füßen.
    Luce hatte schon früher ein Opfer erlebt: In Chichén Itzá, als sie mit ihrem früheren Ich Ix Cuat verschmolzen war. Das Ritual ergab für Luce keinen Sinn. Warum musste etwas, das man liebte, sterben, damit etwas anderes, das man liebte, leben konnte? Hatte derjenige, der diese Regeln gemacht hatte, nicht daran gedacht, dass sie eine Erklärung verdienten? Es war wie bei Abraham, als er gebeten wurde, Isaak zu opfern. Hatte Gott die Liebe erschaffen, um den Schmerz noch schlimmer zu machen?
    »Wirst du es für mich tun?«, fragte Dee.
    Brich den Fluch.
    »Wirst du es für dich selbst tun?«
    Luce hielt das Messer in den offenen Händen. »Was muss ich machen?«
    »Ich werde dir dabei helfen.« Dees linke Hand schloss sich um Luces rechte, die sich um den Dolch schloss. Der Griff war schweißnass.
    Mit ihrer rechten Hand band Dee ihren Umhang auf und legte ihn ab, sodass sie in einer langen weißen Tunika vor Luce stand. Der obere Teil ihres Brustkorbs war nackt und offenbarte ihre Pfeilspitzentätowierung.
    Luce wimmerte bei ihrem Anblick.
    »Bitte, mach dir keine Sorgen, Liebes. Ich gehöre zu einer ganz speziellen Sorte, und dieser Moment war immer mein Schicksal. Ein schneller Stoß der Klinge in mein Herz sollte mich erlösen.«
    Es war das, was Luce hören musste. Der Dolch zitterte, als Dee ihn zu der Tätowierung auf ihrer Brust führte. Doch die alte Frau konnte Luce nur in einem begrenzten Maß Halt geben, und Luce wusste, dass sie die Klinge bald würde allein halten müssen.
    »Du machst das sehr gut.«
    »Warten Sie!«, rief Luce, als die Klinge Dees Fleisch einritzte. Ein roter Blutstropfen quoll aus ihrer Haut, direkt über dem Saum der Tunika. »Was wird mit Ihnen geschehen, wenn Sie sterben?«
    Dee lächelte so friedlich, dass Luce keinen Zweifel daran hatte, dass es zu ihrem Besten war. »Nun, Liebes, ich werde in das Meisterwerk schlüpfen.«
    »Sie werden in den Himmel kommen, nicht wahr?«
    »Lucinda, lass uns nicht darüber reden …«
    »Bitte. Ich kann Sie nicht aus diesem Leben entlassen, wenn ich nicht weiß, wie Ihr nächstes aussehen wird. Werde ich Sie wiedersehen? Gehen Sie einfach fort wie ein Engel?«
    »Oh nein, mein Tod wird ein geheimes Leben sein, wie Schlaf«, antwortete Dee. »Sogar besser als Schlaf, denn ich werde ausnahmsweise

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