Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
Vom Netzwerk:
sie geflogen waren – Daniel und Luce an der Spitze, während Roland, Arriane und Annabelle hinter ihnen ein dichtes Dreieck bildeten –, und glitt nun einige Meter unter Daniel und Luce, nahe genug, um zu reden. Ihr Haar war zerzaust und ihre schillernden Flügel flatterten im Nebel.
    »Ich weiß sehr wohl , wo sie ist«, antwortete Daniel. »Zumindest weiß ich, wo sie war.«
    »Du hast einen seltsamen Orientierungssinn, Daniel.«
    »Arriane.« Roland sprach in dem warnenden Tonfall, den er sich für Arriane aufhob, wenn sie in schöner Regelmäßigkeit zu weit ging. »Er muss sich konzentrieren.«
    »Yeah, yeah, yeah.« Arriane verdrehte die Augen. »Ich kehre besser in die Formation zurück.« Arriane schlug mit den Flügeln, wie manche Mädchen mit den Wimpern klimperten, machte mit den Fingern das Friedenszeichen und ließ sich zurückfallen.
    »Okay, also wo war die Bibliothek?«, fragte Luce.
    Daniel seufzte, legte leicht die Flügel an und ließ sich mehrere Meter nach unten fallen. Kalter Wind schlug Luce ins Gesicht. Ihr Magen machte einen Satz, als sie hinabstürzten, dann beruhigte er sich wieder, als Daniel abrupt über einer Wohnstraße bremste, als sei er auf einem unsichtbaren Hochseil gelandet.
    Die Straße war still und leer und dunkel, nur zwei lange Reihen von steinernen Stadthäusern zu beiden Seiten. Die Fensterläden waren für die Nacht geschlossen worden. Kleine Autos standen in schmalen, schrägen Parktaschen auf der Straße. Junge Bäume wuchsen in regelmäßigen Abständen aus dem gepflasterten Gehsteig, der an kleinen, gepflegten Vorgärten vorbeiführte.
    Die anderen Engel schwebten rechts und links von Daniel und Luce, einige Meter über der Straße.
    »Das ist die Stelle, an der sie stand«, sagte Daniel. »Sie war hier. Sechs Häuserblocks vom Fluss entfernt, westlich vom Türkenschanzpark. Ich könnte es schwören. Das hier« – er machte eine ausholende Handbewegung über die gleichförmigen Reihenhäuser unten – »war alles nicht da.«
    Annabelle runzelte die Stirn und zog die Knie an, ihre silbernen Flügel schlugen schwach, um sie in der Luft zu halten. Ihre gekreuzten Knöchel enthüllten knallpinke Ringelsocken, die unter ihren Jeans hervorschauten. »Glaubst du, sie wurde zerstört?«
    »In dem Fall«, antwortete Daniel, »habe ich keine Ahnung, wie wir die Reliquie finden sollen.«
    »Wir sind geliefert«, seufzte Arriane. »Es ist nie so toll, wie man es sich vorstellt.«
    »Vielleicht sollten wir nach Avignon fliegen«, schlug Roland vor. »Schauen, ob Cams Gruppe mehr Glück hatte.«
    »Wir brauchen alle drei Reliquien«, wandte Daniel ein.
    Luce drehte sich leicht in Daniels Armen, um ihn anzuschauen. »Es ist nur ein Problem. Denkt daran, was wir in Venedig durchmachen mussten. Aber wir haben den Heiligenschein bekommen. Wir werden auch das Desideratum bekommen. Das ist alles, was zählt. Wann war das letzte Mal jemand von uns in dieser Bibliothek, vor zweihundert Jahren? Natürlich verändern sich die Dinge. Das heißt nicht, dass wir aufgeben. Wir müssen einfach … müssen einfach …«
    Alle sahen sie an. Aber Luce wusste nicht, was sie tun sollte. Sie wusste nur, dass sie nicht aufgeben durften.
    »Die Kleine hat recht«, sagte Arriane. »Wir geben nicht auf. Wir …«
    Arriane brach ab, als ihre Flügel zu rappeln begannen.
    Dann stieß Annabelle einen spitzen Schrei aus. Sie wurde hochgeschleudert und auch ihre Flügel erbebten. Luce spürte, wie Daniels Hände zu zittern begannen, als der neblige Nachthimmel dieses eigenartige Grau annahm – die Farbe eines Gewitters am Horizont –, das Luce nun als die Farbe eines Zeitbebens erkannte.
    Luzifer.
    Fast vermeinte sie das Zischen seiner Stimme zu hören, seinen Atem an ihrem Hals zu spüren.
    Luce’ Zähne klapperten, und sie spürte es bis ins Mark, es war, als würde alles in ihrem Inneren wie eine Kette aufgewickelt werden.
    Die Gebäude am Boden schimmerten. Laternenpfähle bogen sich. Die Atome der Luft selbst schienen sich zu spalten. Luce fragte sich, wie sich das Beben auf die Städter auswirkte, die in ihren Betten träumten. Konnten sie es spüren? Wenn nicht, beneidete sie sie.
    Sie wollte Daniels Namen rufen, aber ihre Stimme war verzerrt, als sei sie unter Wasser. Sie schloss die Augen, doch davon wurde ihr nur übel. Sie öffnete sie wieder und versuchte, sich auf die festen weißen Gebäude zu konzentrieren, die in ihren Fundamenten erbebten, bis sie zu unscharfen weißen Formen

Weitere Kostenlose Bücher