Engelslicht
auf der Schädelstätte erbaut, im christlichen Viertel der Altstadt.«
Die Gruppe segelte auf den geheiligten Boden zu. Sie bildeten eine Säule leuchtender Flügel. Der klare Himmel war dunkelblau und von Sternen übersät und der weiße Stein ferner Gebäude unter ihnen leuchtete in einem unheimlichen kühlen Blau. Obwohl das Land von Natur aus trocken und staubig schien, war es von dicken Palmen und Olivenhainen bestanden.
Sie flogen über den größten Friedhof, den Luce je gesehen hatte, erbaut auf einem sanften Hang gegenüber der Altstadt von Jerusalem.
Die Stadt selbst war dunkel und schläfrig, eingehüllt in Mondlicht und von einer hohen Steinmauer umgeben. Der prächtige Felsendom stand hoch auf einem Hügel, seine goldene Kuppel glänzte selbst in der Dunkelheit. Der Bau lag am Rande des dicht gedrängten Zentrums, abgetrennt durch lange Treppen und hohe Tore an jedem Eingang. Jenseits der alten Mauern erhoben sich einige moderne Hochhäuser zu einer fernen Skyline, aber innerhalb des historischen Stadtkerns waren die Gebäude viel älter, kleiner und bildeten ein Gewirr schmaler Gassen, in dem man sich am besten zu Fuß bewegte.
Sie landeten auf der Brustwehr eines hohen Stadttors.
»Dies ist das Neue Tor«, erklärte Dee. »Es ist der Eingang, der dem christlichen Viertel, in dem die Kirche steht, am nächsten ist.«
Während sie hintereinander über die ausgetretenen Stufen der Brustwehr hinabgestiegen waren, hatten die Engel die Flügel in die Schultern eingezogen. Die meisten der steinernen Ladenfronten, an denen sie vorbeigingen, waren mit Eisentüren versehen und mit Vorhängeschlössern gesichert. Luce hielt Daniels Hand und hoffte das Beste.
Je tiefer sie in die Stadt kamen, desto mehr schienen sie von den Gebäuden links und rechts bedrängt zu werden. Sie gingen unter den gestreiften Markisen leerer arabischer Märkte hindurch, unter hohen Steinbögen und durch schwach beleuchtete Gänge. Es roch nach geröstetem Lamm, dann nach Weihrauch, dann nach Waschseife. Üppige rote Blütenranken überzogen die hellen Mauern.
Im Viertel war es still bis auf die Schritte der Engel und einen Hund, der in den Hügeln heulte. Sie kamen an einem geschlossenen Waschsalon vorbei, dessen Schild auf Arabisch geschrieben war, dann an einem Blumenladen, dessen Fenster mit hebräischer Werbung zugeklebt waren.
Wohin Luce auch sah, zweigten schmale Gehwege von der Straße ab: hier durch ein offenes Holztor, dort eine kurze Treppe hinauf. Dee schien die Türen zu zählen, an denen sie vorbeikamen, und wackelte dabei mit dem Finger. An einem Punkt schnippte sie, duckte sich unter einem verwitterten Holzbogen hindurch, bog um eine Ecke und verschwand. Luce und die Engel wechselten einen schnellen Blick, dann folgten sie ihr. Es ging mehrere Stufen hinab, um eine feuchte, dunkle Ecke herum, eine Treppe hinauf, und plötzlich standen sie auf dem Dach eines Gebäudes und blickten auf eine enge Straße hinab.
»Da ist sie.« Dee nickte finster.
Die Kirche überragte alles in der Nähe. Sie war aus blassen, glatten Steinen erbaut – das Kirchenschiff drei Geschosse hoch, die massigen Türme noch höher. Eine riesige blaue Kuppel in ihrer Mitte sah aus wie ein Fels, der in eine Decke aus Mitternachtshimmel gehüllt war. Riesige Quader formten große Bögen entlang der Fassade, über den schweren Holztüren im Erdgeschoss und den Bogenfenstern mit Glasmalereien weiter oben. Eine Leiter lehnte an einem Sims vor einem Fenster im Obergeschoss.
Teile der Fassade waren bröckelig und schwarz vor Alter, während andere so aussahen, als seien sie frisch restauriert worden. Zu beiden Seiten ragten zwei lange steinerne Arme hervor und fassten einen gepflasterten Platz ein. Direkt hinter der Kirche stach ein hohes weißes Minarett in den Himmel.
»Wow«, hörte Luce sich murmeln, als sie und die Engel eine weitere überraschende Treppenflucht hinuntergingen, um den Platz zu betreten.
Die Engel näherten sich den schweren Doppeltüren, die vor ihnen mehrere Meter hoch aufragten. Sie waren aus Holz und wurden zu beiden Seiten von drei schlichten Steinsäulen flankiert. Luce’ Blick wurde von einer zweiten Tür angezogen, die grün bemalt war, von dem kunstvollen Fries auf den Türflügeln und dem glänzenden goldenen Kreuz in dem Bogen darüber. Das Gebäude strahlte Stille, Ernsthaftigkeit und spirituelle Elektrizität aus.
»Dann nichts wie rein«, sagte Dee.
»Wir können dort nicht hineingehen«, entgegnete Roland
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