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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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war gebrechlich, aber attraktiv, mit kurzem grauem Haar, das zu einem modischen Bob geschnitten war. Ihre Robe wurde in der Taille von einem farbigen gewebten Gürtel gehalten. Sie entzündete eine Kerze vor dem Altar. Die fließenden Ärmel ihrer Robe glitten zurück, als sie das Knie beugte, und brachten Handgelenke zum Vorschein, die mit Reihen um Reihen von Perlarmbändern geschmückt waren.
    Miss Sophia.
    Luce schob sich von Daniel weg, um eine Stufe höher hinaufzusteigen, weil sie unbedingt einen besseren Blick haben wollte. Die breiten Säulen verdeckten den größten Teil der Kapelle, aber als Daniel ihr half, ein kleines Stück weiter die Treppe hinaufzugehen, konnte sie mehr sehen. Es gab nicht nur einen, sondern drei Altäre in dem Raum, nicht nur eine, sondern drei in scharlachrote Roben gehüllte Frauen, die überall ringsum rituell Kerzen entzündeten. Luce kannte die beiden anderen nicht.
    Sophia wirkte älter und müder als hinter ihrem Bibliothekarsschreibtisch. Luce fragte sich kurz, ob es daran lag, dass sie nicht mehr von Jugendlichen umgeben war, sondern sich mit Wesen herumtrieb, die schon seit Hunderten von Jahren keine Jugendlichen mehr waren. Sophia hatte sich die Lippen blutrot geschminkt. Die Robe aber, die sie trug, war staubig und dunkel von Schweißflecken. Sie war diejenige, die gesungen hatte. Als sie wieder begann, in einer Sprache, die wie Latein klang, aber kein Latein war, krampfte sich Luces ganzer Körper zusammen. Sie erinnerte sich an das Lied.
    Es war das Ritual, das Miss Sophia in der letzten Nacht, die Luce an der Sword & Cross verbracht hatte, an ihr vollzogen hatte. Miss Sophia war drauf und dran gewesen, sie zu ermorden, als Daniel durch die Decke gekracht war.
    »Reich mir das Seil, Vivina«, sagte Miss Sophia. Sie waren so versunken in ihr düsteres Ritual, dass sie die Engel nicht spürten, die draußen vor der Kapelle an der Treppe hockten. »Gabrielle sieht aus, als hätte sie es etwas zu bequem. Ich würde ihr gern die Kehle zuschnüren.«
    Gabbe.
    »Wir haben keins mehr«, antwortete Vivina. »Ich musste Cambriel hier doppelt fesseln. Er hat sich gewunden. Ooh, er windet sich immer noch.«
    »Oh mein Gott«, flüsterte Luce. Cam und Gabbe waren da. Sie nahm an, dass die Anwesenheit einer dritten Dame in einer Robe bedeutete, dass Molly ebenfalls dort war.
    »Gott hat nichts damit zu tun«, murmelte Dee leise. »Und Sophia ist zu verrückt, um es zu wissen.«
    »Warum sind die Gefallenen so still?«, wisperte Luce. »Warum leisten sie keinen Widerstand?«
    »Ihnen wird nicht klar sein, dass dieser Ort kein Heiligtum Gottes ist«, meinte Daniel. »Sie müssen unter Schock stehen – ich würde das jedenfalls tun –, und Sophia nutzt das zu ihrem Vorteil aus. Sie weiß, dass sie Angst haben, alles, was sie tun oder sagen, könnte dazu führen, dass die Kirche in Flammen aufgeht.«
    »Ich weiß, wie sie sich fühlen«, flüsterte Luce. »Wir müssen Sophia aufhalten.« Sie ging auf die Tür zu, mutig geworden von der frischen Erinnerung an die Ältesten, die sie draußen getötet hatten, von der Macht der Engel hinter ihr, von Daniels Liebe, von dem Wissen um die beiden Reliquien, die sie bereits entdeckt hatten. Aber eine Hand legte sich ihr auf die Schulter und zog sie zurück auf den Gang.
    »Ihr bleibt alle hier«, flüsterte Dee und schaute jeden Engel einzeln an, um sich zu vergewissern, dass sie es verinnerlichten. »Wenn sie euch sehen, werden sie wissen, dass Luce bei euch ist. Wartet hier.« Sie zeigte auf die Säulen, die dick genug waren, dass die drei Engel sich dahinter verstecken konnten. »Ich weiß, wie ich mit meiner Schwester umzugehen habe.«
    Ohne ein weiteres Wort schritt Dee in die Kapelle, und ihre Absätze klapperten über den schwarz-weißen Fliesenboden.
    »Du schaufelst dir hier in der Grabeskirche gerade selbst dein Grab, Sophia«, bemerkte Dee.
    »Wer ist da?«, jaulte Vivina erschrocken mitten im Kniefall.
    Dee verschränkte die Arme vor der Brust, während sie um die Altäre ging und in gespielter Missbilligung über die Arbeit der Ältesten mit der Zunge schnalzte. »Sehr schäbige Kleidung. Typisch Sophia, nur das Zweitbeste zu einem Opfer mit Folgen für den Kosmos und die Ewigkeit mitzubringen.«
    Luce brannte darauf, die Reaktion auf Miss Sophias Gesicht zu sehen, aber Daniel hielt sie zurück. Es gab ein Kratzen, ein melodramatisches Aufkeuchen und ein grausames, leises Gelächter.
    »Ah, ja«, sagte Miss Sophia. »Meine

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