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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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nächsten Zusammenstößen keinen echten Schaden mehr zufügen kann.«
    Bei diesen Worten überkam Elena eine seltsame Ruhe. »Du musst näher an sie ran«, sagte sie. Sie hatten nie darüber gesprochen, aber irgendwie hatte sie immer gewusst, dass es darauf hinauslaufen würde. Jetzt, da sie es laut ausgesprochen hatte, überkam sie der nackte Horror, und sie brauchte alle Kraft, um nach außen hin ihre Ruhe zu bewahren.
    Raphael nickte. »Wenn ich dicht genug herankäme, um irgendeinen Teil von ihr zu fassen zu bekommen, dann könnte ich den letzten Rest Wildfeuer und Engelsfeuer in mir auf einen Schlag freisetzen. Und wenn auch nur ein Bruchteil davon, ein winziges Teilchen, ihr Herz erreichte … ich glaube nicht, dass Lijuan es überleben würde.«
    Vorsichtige, gut gewählte Worte – dabei beschrieb er doch eigentlich, dass er sich selbst in die Luft jagen wollte. »Ich komme mit!« Sie presste seine Finger an ihre Lippen. »Du sagst, ich hätte auch noch ein wenig Wildfeuer in mir. Zusammen können wir unser Bestes geben.«
    Der Ausdruck in seinem Gesicht wurde sehr sanft, aber die Arme, die er nach ihr ausstreckte, waren stark wie eh und je. Ohne zu zögern, bettete sie sich hinein, barg ihren Kopf an seiner Schulter, ließ es zu, dass er einen Flügel unter sie schob. So lag sie dort in der Stille bei ihrem Erzengel und fürchtete sich nicht vor der wartenden Dunkelheit. Denn was immer der Tod für sie bereithielt, mit Raphael an ihrer Seite würde sie es hinnehmen.
    Kurz darauf gab es einen Einschlag, und eine Explosion ließ den Turm erbeben, die die Fensterscheiben in ihrer Suite eindrückte und die beiden Liebenden auf dem Boden mit einem Splitterregen übergoss.
    Eine Stunde später, der Morgen war noch lange nicht angebrochen, wusste Raphael, dass sie bald etwas unternehmen mussten. Der Turm hatte trotz aller Bemühungen schwere strukturelle Schäden erlitten. Lijuan selbst war noch nicht wieder aufgestiegen, aber ihre Generäle hatten sich allesamt
erholt und ihre volle Stärke wiedererlangt. Während sich Aodhan, Illium und Jason, seine stärksten Luftkämpfer, gegen eine beängstigende Erschöpfung wehren mussten, wollten sie weiterhin die feindlichen Schläge abschmettern.
    Wie gern wäre Raphael hinausgegangen und hätte sich den Freunden angeschlossen, aber es ging nicht. Wenn er jetzt in die Kämpfe einstieg, verlor er das bisschen Kraft, das er gerade hatte zurückbekommen können, und Lijuan musste bei ihrem nächsten Angriff kein Hindernis mehr befürchten. So, wie die Dinge standen … »Naasir!« Raphael riss erschrocken den Kopf hoch, als der Vampir, aus einer riesigen Kopfwunde blutend, in die Gefechtszentrale stürmte.
    Hastig riss Elena einen sterilen Verband aus einem der Kästen mit der Erste-Hilfe-Ausrüstung und drückte den schweren Baumwollstoff gegen Naasirs Gesicht. Statt sie ungeduldig wegzuschieben, ging der Vampir in die Knie, was allen verriet, wie schwer er verletzt war. Elena kauerte sich neben ihn. »Lijuan absorbiert Energie«, keuchte der Vampir. »All ihre Verletzungen sind geheilt, und momentan arbeitet sie daran, sich mit weiterer Kraft vollzupumpen. Beim Morgengrauen wird sie wieder so stark sein, wie sie es zu Beginn der Auseinandersetzungen war.«
    »Wie macht sie das?«, fragte Raphael, während Elena den Druckverband löste. Zum Vorschein kam eine klaffende Wunde. Von einem von Naasirs Wangenknochen hing ein Hautfetzen herunter, die darunter liegenden Muskeln und Knochen lagen frei.
    Während Elena sich Klammerpflaster holte, die die Wunde des Vampirs während der Heilung zusammenhalten sollten, berichtete Naasir Schreckliches. »Sie ist wirklich zum Erzengel des Todes geworden. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie einem ihrer Kämpfer die Kehle bis zum Halswirbel durchschnitt, sich über die offene Wunde beugte und zu trinken schien.«
    »Gruseliger geht’s ja wohl kaum.« Elena flickte Naasirs Gesicht zusammen, wobei sie Raphael die Sicht verstellte. Erst als sie sich zur Seite beugte, sah er, dass Naasirs Wirbelsäule fast gespalten war. Dass er überhaupt noch in der Lage gewesen war, aufrecht zu stehen und sogar zu laufen, sagte allerhand über seine Stärke aus.
    Jetzt warf er Elena ein wildes Grinsen zu, ihre Worte schienen ihn belustigt zu haben. »Sie brauchte nur etwa zwanzig Minuten, um einem ihrer Leute das Leben auszusaugen. Der Mann war danach eine mumifizierte Hülle. Und sie ist gleich mit blutverschmierter Fratze zum nächsten

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