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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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nicht glauben können. »Warum, Ellie?«
    Noch heute ließ sie die Erinnerung manchmal nachts aus dem Schlaf schrecken, und immer lagen ihr dabei die Worte »Es tut mir so leid!« auf den Lippen. Glücklicherweise ließ Sara sie nicht weitergrübeln.
    »Bei Darrell ist eine Jagd schrecklich schiefgegangen«, berichtete die Leiterin der Gilde. »Der Vampir hatte es sich nach seiner Erschaffung anders überlegt und war zu seiner sterblichen Familie zurückgekehrt. Aber seine Frau hatte wieder geheiratet, und ein anderer Mann zog jetzt seinen Sohn groß. Damit hatte er wohl nicht gerechnet.«
    Diese Geschichte war Elena nicht neu, man hörte sie von Zeit zu Zeit immer wieder. »Er hat den Ehemann umgebracht.«
    »Das wäre ja schon schlimm genug gewesen, aber nein.« Als Sara wieder erst einmal kurz Luft holen musste, ehe sie weiterreden konnte, krochen Elena die schlimmsten Vorahnungen den Rücken rauf. »Dem Ehemann hat er die Kehle rausgerissen. Danach hat er seine Frau und den Sohn gefesselt, beide fest in die Arme genommen und sich in Brand gesetzt.«
    Jesus!
    »Darrell hat sie gefunden, als sie alle noch brannten. Hat auch versucht zu löschen, aber du weißt ja, wie Vampire lodern. Als hätte man sie mit Benzin übergossen.«
    Elena hatte einmal mit ansehen müssen, wie ein Vampir brannte. Er war Opfer eines Verbrechens geworden, das aus Hass begangen worden war. Grauenhaft, dieser Gestank von verkohltem Fleisch, sie hatte würgen müssen, während sie verzweifelt versucht hatte, die Flammen zu ersticken. Aber wenn man dann noch eine Frau und ein Kind in diesen Flammen fand? Unvorstellbar. »Und Darrell ist von der Bildfläche verschwunden?«
    »Ja. Er hatte die Spur des Vampirs in Rekordzeit aufgenommen. Wie die Sache dann gelaufen ist, war wirklich nicht seine Schuld. Aber er ist völlig fertig, so durcheinander, dass er das alles wahrscheinlich ganz anders sieht. Jedenfalls hat er vor zwei Nächten einen völlig unschuldigen Vampir aufgegriffen und krankenhausreif geschlagen. Noch ein, zwei Fausthiebe mehr, und das Herz des Opfers hätte endgültig aufgehört zu schlagen. Das habe ich vor einer halben Stunde herausgefunden, als dieser Vampir zu sich kam.«
    Vampire mochten stark sein, aber gegen jemanden aus der Gilde hatte der gewöhnliche Durchschnittsvampir keine Chance. »Hast du dich schon mit der Vollstreckerin in Verbindung gesetzt?«, fragte Elena. Vollstrecker nannte man in der Gilde die oft den anderen namentlich nicht bekannten Jäger, die auf Gildejäger angesetzt wurden, die aus dem Ruder gelaufen waren.
    »Die wurde unlängst bei einem Zwischenfall schwer verletzt und ist gerade nicht im Dienst. Diese Sache hier werden wir wohl ohne sie bewältigen müssen. Ransom leitet die Suche, er hat alle Infos, die wir bisher zusammentragen konnten. Das ist jedoch herzlich wenig, und ich weiß, dass er dich als Unterstützung haben möchte.« Zwischen Ransom und Elena bestand seit dem Tag, an dem Bill gestorben war, eine besondere Verbindung. Das wusste Sara, betonte es aber nicht extra noch einmal. »Er hat gerade etwas herausgefunden, was an den Turm weitergemeldet werden muss. Du wärst also in Doppelfunktion unterwegs.«
    Raphael telefonierte gerade, sah sich dabei aber gleichzeitig auf dem Bildschirm in seinem Büro eine Nachrichtensendung der Sterblichen an, und was er da sah, zauberte ein stolzes, befriedigtes Lächeln auf sein Gesicht. Seine Gemahlin hatte genau das getan, worum er sie gebeten hatte, und die gut gespielte Nonchalance, mit der sie sich am Morgen ihren Kaffee geholt hatte, zeigte jetzt schon Wirkung. Nachrichtengurus, die den Sturz noch am Vortag als Katastrophe bezeichnet hatten, stellten ihr eigenes Urteil mehr und mehr infrage und sprachen jetzt durchaus schon einmal von einem Unfall, der glücklicherweise keine nachhaltigen Schäden verursacht habe.
    »Elena weiß wirklich, wie man sich in Szene setzt, um den richtigen Eindruck zu hinterlassen.« Dmitri am anderen Ende des Telefons hatte sich gerade dieselbe Nachrichtensendung angesehen.
    Stellvertreter und Gemahlin des Erzengels waren sich nie ganz grün gewesen, denn für Dmitri war Elena so etwas wie Raphaels Achillesferse, ein möglicherweise verheerender Schwachpunkt in seiner Rüstung. Aber heute schwang im Ton des Vampirs so etwas wie grimmige Bewunderung mit. Raphael stellte den Ton seines Fernsehers leise. »Wenn der Umgang mit den Medien weiterhin so gut läuft und es uns gelingt, die Nachrichten, die den Turm verlassen,

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