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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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umziehen wollte. Ransom war auf seinem Motorrad losgeknattert, um Ähnliches zu tun. Der Hintergrundbericht ließ immer noch auf sich warten, sie stocherten also weiterhin sozusagen blind im Dunkeln herum, und mit diesem unglaublichen Gestank in Kleidern und Haaren konnte sich keiner der beiden heimlich an einen Jägerkollegen anschleichen.
    Wie hatte es Ransom so kurz und treffend zusammengefasst? »Da können wir uns ja gleich Glöckchen um den Hals hängen.«
    Sie hatte sich gerade Haare und Körper mehrmals eingeseift und ordentlich geschrubbt, als ihr Handy klingelte. Nach einem kurzen Blick auf das Display überließ sie den Anruf der Voicemail. Sie hatte nicht vor, diese Sache am Telefon zu erörtern. Hastig versorgte sie sich aus dem Kleidervorrat, den sie im Turm aufbewahrte, mit einer neuen Ausrüstung.
    Kurz darauf setzte sie sich, fertig angezogen, den Zopf frisch geflochten und sämtliche Waffen verstaut, mit Ransom in Verbindung. »Brauchst du mich sofort?«
    »Nein. Ich möchte hier erst einmal einem Hinweis nachgehen.«
    Was im Klartext wohl hieß, dass er sich mit einem seiner Informanten treffen wollte. Ransom verfügte über ein ganzes Netzwerk, allesamt scheue, misstrauische Leute, die nur ihm trauten. Sie kamen überein, sich in einer Stunde bei einer bestimmten Adresse an der Upper West Side zu treffen, und Elena trat hinaus auf den Balkon, um in den kalten Wind zu fliegen, der vom Wasser her kommend in die Stadt wehte. Sie hatte sich beim Duschen mit Raphael unterhalten und wusste, dass er gerade über ebendieses Wasser hinweg zurück Richtung Turm flog, an seiner Seite Aodhan und in ihrem Schlepptau zwei neu zusammengestellte Schwadronen, mit denen er gerade die ersten, wichtigen Trainingsmanöver abgehalten hatte.
    Die Vorbereitungen für einen grundlosen, von ihnen nicht provozierten, und bereits jetzt hässlichen Krieg.
    Auch ihre Beziehung zu Jeffrey war hässlich, auch hier lag von ihrer Seite aus keine Provokation vor.
    Im schicken Bürohaus ihres Vaters öffnete ihr eine Frau, deren Haut den matten Schimmer glänzenden Mahagonis aufwies. Sie trug die Haare in einem schicken, kurzen Bob, ihr Körper steckte in einem adretten, smaragdgrünen Kostüm, und die gesamte Erscheinung stellte einen totalen Gegensatz zu Jeffreys vorheriger Sekretärin dar, die eine vampirsüchtige Brünette mit vom allzu reichlichen Blutspenden papierdünner, bleicher Haut gewesen war.
    »Haben Sie einen Termin?«, erkundigte sich diese neue persönliche Sekretärin, die bei Elenas Anblick vernehmlich hatte schlucken müssen.
    »Nein. Sagen Sie Mr. Deveraux, ich warte hinten im Garten auf ihn.« Während sie den schmalen Durchgang passierte, der zu der winzigen grünen Oase hinter dem Haus führte, musste sie unwillkürlich an ein anderes Stadthaus denken. Sara und Deacon hatten Größe und Einrichtung ihres Heims verändert, damit Elena sich auch mit Flügeln dort willkommen fühlen konnte. Ihr eigener Vater hatte nichts in dieser Richtung unternommen. Was Elena zwar nicht wunderte, aber ärgerte – wobei sie auf sich selbst wütend war, weil solche Dinge sie immer noch verletzten.
    Als sie hinten im Garten ankam, riss Jeffrey gerade seine Tür auf. »Elieanora, ich habe in genau fünf Minuten eine Besprechung.« Graue, ungeduldig blitzende Augen hinter einer Brille mit feinem Goldrand, ein aristokratisch geschnittenes Gesicht, weißes Haar, perfekt geschnitten und sorgsam gekämmt, der steingraue Anzug maßgeschneidert.
    Kein Zweifel: Ihr Vater war ein gut aussehender Mann. Einer mit Selbstvertrauen, immer noch unwiderstehlich für junge Frauen, die naiv genug waren, zu glauben, sie könnten irgendwann einmal durch sein eisiges Äußeres dringen. Jeffrey würde seine ehemalige Geliebte problemlos ersetzen können, die während der Jagd, die Elenas Leben für immer verändert hatte, brutal ermordet worden war. Vielleicht war das schon längst geschehen, vielleicht gab es bereits eine, die auch wieder keine Ähnlichkeit mit Jeffreys eleganter, wunderschöner Ehefrau hatte. Die arme Frau, die jetzt unter der Erde ruhte, war eine blasse Imitation von Marguerite gewesen, ein lebendes Symbol für den quälenden Schmerz, über den ihr Vater sich seit den ersten grauenhaften Tagen nach Marguerites Tod nie wieder laut geäußert hatte.
    Stattdessen hatte er sämtliche Spuren seiner ersten Frau in ihrem gemeinsamen Haus getilgt, voll kalter Wut, wie Elena inzwischen begriffen hatte. Denn Marguerite hatte ihn betrogen,

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