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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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die Zuflucht zurückkehren, um dort intensiv unter Galens Anleitung zu trainieren, das hatte der Waffenmeister unmissverständlich klargestellt, und über diese Vorschrift ließ er auch nicht mit sich verhandeln.
    »Schwächt es die entlegeneren Gebiete nicht zu sehr, wenn du dort Leute abziehst?« Mit besorgtem Blick überprüfte Elena die Pistole, die sie manchmal im Halfter innen am Oberschenkel trug. Dort hatte vorher ein Messer gesteckt, das sie jetzt austauschen wollte. Sie ließ die Pistole ins Halfter gleiten. »Werden sie dadurch nicht angreifbarer?«
    Genau solche Fragen sollte eine Gemahlin stellen, sollte nachhaken, ohne zu beurteilen, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Raphael wusste, seine Elena fürchtete oft, die »Regeln« unsterblicher Etikette nicht zu kennen, aber was nützte einem die Kenntnis von Prunk und Zeremonie, wenn die Liebe zu den eigenen Leuten fehlte? Und der Mut, zu sagen, was man dachte? »An den Randbezirken eines Gebietes herumzuknabbern gilt als feige. Kein Erzengel wünscht einen solchen Fleck auf seiner Rüstung.«
    »Schön.« Ein Regentropfen traf Elenas Wange, aber mit dem richtigen Guss hielt sich der Himmel noch zurück. »Das dürfen wir dann wohl auf der Habenseite verbuchen, nehme ich mal an.«
    »In gewisser Weise schon. Andererseits ist es keine Schande, sich klug anzustellen, wenn man uns erobern will.« Klugheit wurde in unsterblichen Kreisen ebenso geschätzt wie Stärke. »Eine Stadt mürbe zu machen, indem man so etwas wie den Sturz inszeniert, um sich den späteren Angriff zu erleichtern, würde im Nachhinein als kluger strategischer Schachzug bewertet werden.«
    »Dieser erkrankte Vampir …« Wintergraue Augen hefteten sich auf den Erzengel, der silberne Ring um die Iris war in diesem Licht nur schwach zu erkennen. »Das kann kein Zufall sein!«
    »Noch fehlen uns gesicherte Erkenntnisse, Keir muss seine Untersuchung erst beenden. Aber ich habe bereits sämtliche Engel und Vampire in leitender Position angewiesen, abweichendes oder besorgniserregendes Verhalten sofort zu melden. Eine solche Krankheit darf auf keinen Fall auf unserem Gebiet Fuß fassen, egal, wo.« Raphael warf einen prüfenden Blick auf die Wolken. »Geh und erledige deine Arbeit für die Gilde, Elena. Erledige sie möglichst öffentlich. Unser Ziel bleibt nach wie vor, unsere Feinde nicht wissen zu lassen, wie schwer die Stadt getroffen wurde.«
    »Wenn es sich bei dem Sturz um einen geplanten Angriff gehandelt hat, dann kann ich das nur als feige bezeichnen!« Elena spuckte vor Zorn. »Das war ein feiger Mord aus sicherer Distanz – wenn du mich fragst!«
    Von einer Kriegerin hätte Raphael keinen anderen Kommentar erwartet.
    Ein flüchtiger Kuss, bei dem Elenas vom Hantieren mit ihren Waffen rauen Fingerspitzen kurz an seiner Wange lagen. »Ich werde nicht zu spät nach Hause kommen.«
    Er sah ihr nach, das Aufflammen von Mitternacht und Morgenröte, als sie die Flügel aufspannte, so ganz anders als bei allen anderen Engeln. Er würde seine eigene Ehre in den Wind schießen, er würde sich an der ganzen Welt rächen, wenn es irgendwer wagte, auch nur einen Finger an sie zu legen.

8
    Ransom saß in das Studium eines vielfach geflickten Stadtplans vertieft auf seinem Motorrad, als sie neben ihm landete, nur vier Minuten nach der vereinbarten Zeit. Er hatte den Reißverschluss seiner Lederjacke lässig nach unten gezogen, damit man sein dunkelgrünes T-Shirt bewundern konnte. Dazu die gewohnte Lederhose und die schweren, schwarzen Stiefel, die lebhaften grünen Augen hinter einer verspiegelten Sonnenbrille versteckt – er sah aus wie auf einer Werbung für Motorräder, viel zu hübsch, um gefährlich zu sein.
    Ach ja: abgesehen von den beiden Pistolen in den Hüftholstern natürlich. Von unter der Jacke verborgenen Messern und zusätzlichen Schießeisen ganz zu schweigen. »Na, konnten deine Quellen Neues beisteuern?«, erkundigte sich Elena.
    »Absolut gar nichts.« Ransom hob den Blick nicht von seiner heiß geliebten Karte, ohne die er nicht sein mochte, obwohl er wie alle anderen Jäger von der Gilde ein Smartphone mit sämtlichen GPS -Funktionen zur Verfügung gestellt bekommen hatte. »Aber immerhin wissen wir jetzt, dass Darrell nicht im Untergrund herumkriecht.«
    Elena mochte ihn nicht schon wieder mit seinem Stadtplantick aufziehen. Sie warf einen Blick in die Runde, wobei sie sich zwingen musste, das Lächeln eines Vampirs zu erwidern, der sich wie aus dem Ei gepellt auf dem

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