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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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beunruhigende Neuigkeiten vom Gemütszustand ihres Enkels erfuhr. Wenn sie über ebendiesen Gemütszustand nicht ohnehin bereits informiert war. Wenn Darrell nach Hause gekommen war, um sich erst einmal zu verkriechen, bis sein Kopf wieder in Ordnung war, dann konnte man sich einen besseren Ausgang der Affäre gar nicht denken.
    Das Dienstmädchen hatte sich zurückgezogen. Ms Flaherty faltete die Hände auf der Decke, die sie sich über die Knie gebreitet hatte, und sah Elena direkt in die Augen. »Ist mein Enkel tot?«
    »Soweit wir wissen, lebt er noch.« Jede andere Antwort wäre Folter gewesen, falls Ms Flaherty nicht ahnte, wo Darrell sich aufhielt.
    Eine Sekunde lang sackten die schmalen Schultern kaum merklich in sich zusammen, dann straffte sich die alte Dame wieder. »Hören Sie auf, so bedrohlich in der Gegend herumzustehen. Setzen Sie sich.« Sie wartete, bis beide Jäger gehorcht hatten, ehe sie weitersprach. »Wenn er also nicht tot ist, dann hat er Probleme. Wie schlimm ist es?«
    »Noch hat er die Grenze nicht überschritten.« Ransom war wohl zu ähnlichen Erkenntnissen gelangt wie Elena: Darrells Großmutter mochte schwach und gebrechlich wirken, würde es ihnen aber ganz sicherlich nicht danken, wenn sie um den heißen Brei herumredeten. »Wir müssen ihn erwischen, ehe er irgendetwas tut, was wir von der Gilde aus nicht so einfach wieder hinbekommen.«
    Ms Flaherty warf Elena einen fragenden Blick zu. »Er hat einen unschuldigen Vampir krankenhausreif geschlagen«, sagte die Jägerin. »Hat ihn völlig ohne Grund gnadenlos verprügelt.«
    »Er hat Glück gehabt«, warf Ransom ein. »Der betreffende Vampir war gerade aus seinem Vertrag entlassen worden und wollte sich jetzt einen lang gehegten Traum erfüllen und die Welt bereisen. Irgendwelche gerichtlichen Scherereien hielten ihn da nur auf, dafür habe er, sagte er, keine Zeit.« Ransom stützte die Hände auf die Oberschenkel und beugte sich vor. »Die Direktorin der Gilde hat ihn dazu bewegen können, eine Entschädigungszahlung anzunehmen, ohne Anzeige zu erstatten. So braucht die Gilde Darrell nicht gleich offiziell den Jagdschein zu entziehen. Aber wenn er noch jemanden verletzt, ist es aus mit ihm.«
    »Das ist nicht mein Junge.« Ms Flaherty zitterte am ganzen Leib, sie bemühte sich nicht, ihren Zorn zu verbergen. »Darrell tut seine Arbeit. Nie und nimmer missbraucht er seine Macht über die, die er jagt.«
    »Bei unserer Arbeit sehen und erleben wir einiges«, sagte Elena, ohne dem scharfen Blick der alten Dame auszuweichen. »Und manches davon hinterlässt bei uns Schäden, die nicht von allein heilen. Darrell ist vor Kurzem in einen Albtraum geraten.«
    Ms Flaherty zupfte mit zitternden Fingern an der Decke über ihren Beinen, ihre Stimme jedoch klang weiterhin klar und fest. »Ich habe ihn seit einer Woche nicht gesehen und auch nichts von ihm gehört. Dabei ruft er mich eigentlich jeden zweiten Tag an. Ich leide seit einiger Zeit an einer scheußlichen Erkältung, die ich einfach nicht loswerde, seitdem erkundigt er sich noch regelmäßiger nach meiner Gesundheit.« Sie rang keuchend nach Atem, tat die Besorgnis ihrer Besucher jedoch mit einer Handbewegung ab. »Sie finden meinen Jungen, ehe er zu Schaden kommt!« Ein gebieterischer Zeigefinger richtete sich auf Ransom. »Lassen Sie ihn nicht im Stich – Sie sind seine Gilde. Und die Gilde ist so etwas wie Familie, das hat er immer gesagt.«
    »Wir sind eine Familie!«, knurrte Ransom, als Elena und er wieder draußen bei seinem Motorrad standen. Beide gingen davon aus, dass Ms Flaherty ihnen die Wahrheit gesagt hatte. »Warum ist der Trottel nicht einfach zu uns gekommen, als er merkte, wie es um ihn stand? Was ist denn dabei, wenn er noch weiter Hilfe braucht, daraus hätte ihm doch niemand einen Vorwurf gemacht. Und wenn er eine Woche lang jeden Abend losgezogen wäre, um sich sinnlos zu besaufen, hätte das doch auch niemanden gekratzt. Wir wären mitgezogen und hätten ihn notfalls verdammt noch mal aus der letzten Kneipe nach Hause getragen!«
    »Er denkt nicht mehr klar, sein Kopf ist irgendwo an einem ganz schrecklichen Ort.« Und wenn es ihnen nun nicht gelang, Darrell nach Hause zu bringen? Nein, daran mochte Elena noch nicht einmal denken, sie weigerte sich schlicht. Einen Krieg zwischen Engeln konnte sie vielleicht nicht verhindern, aus ihrem Vater ein halbwegs anständiges menschliches Wesen zu machen war ihr bisher auch noch nicht gelungen – aber das hier, das

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