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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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weil sie sich wie jede Woche mit ihren Freunden die neueste Folge von
Beute der Jäger
ansehen wollte. Sie hat geklingelt, und als niemand reagierte, hat sie sich selbst reingelassen. Sie hatte einen Schlüssel, seit sie sich vor einiger Zeit mal eine Weile vor einem gewalttätigen Ex verstecken musste. Als sie den Gestank roch, wusste sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Aber erst dachte sie, die Katze hätte eine tote Ratte angeschleppt, während niemand zu Hause war.«
    Er fuhr sich mit der Hand durch das Haar, bis von einem geordneten Pferdeschwanz nicht mehr die Rede sein konnte, zog das Lederband ab, brachte die Frisur wieder in Ordnung. »Cici ist ein zähes, hart arbeitendes Mädel, hat sich schon gegen Männer verteidigen müssen, die ein Messer gezückt hatten, und es überstanden. Aber als ich hier ankam, lag sie zu einem Ball zusammengerollt heulend vor der Tür.« Ein Blick Richtung Raphael. »Janvier ist bei ihr. Wir fuhren draußen mit dem Motorrad rum, als ich den Anruf bekam.«
    Damit wäre auch das fremde rote Motorrad erklärt, das draußen neben Ransoms schwarzer Maschine parkte. Wie Ransom dazu kam, einen Vampir zu kennen, der das Vertrauen von leitenden Mitarbeitern des Turms genoss, war nicht nachvollziehbar. Aber dieser Janvier unterhielt eine Beziehung – niemand verstand recht, welcher Art – zu einer ihrer gemeinsamen Jägerkolleginnen.
    »Welches Haus?«
    »Eine Wohnung. Ich zeige Sie Ihnen.«
    Elena ließ die beiden ziehen und ging durch das Haus, während sich Keir auf die Untersuchung der Opfer konzentrierte und Illium draußen Wache hielt, um Neugierige abzuschrecken.
    Drei Männer waren tot und zwei Frauen. Fünf weitere Leben ausgelöscht. Nach den Fotos in den Schlafzimmern zu urteilen, hatte es sich um zwei Paare und eine Einzelperson gehandelt. Eines der Paare, zwei Männer, lag im Bett, als hätten die beiden sich festgehalten, als die Krankheit unerträglich wurde. Bei dem anderen Paar war der Mann auf der Couch zusammengebrochen, während seine Freundin vor ihm auf dem Boden lag. Für Elena sah es so aus, als hätte die Frau auf dem Weg zum Sofa einen anfallartigen Krampf erlitten und sei nicht mehr in der Lage gewesen, aufzustehen. Eine weitere junge Frau, eher ein Mädchen, lag in dem winzigen Zimmer nach hinten hinaus, zierlich und den Fotos nach zu urteilen, die hinter dem Spiegel ihres Waschtischs steckten, vor der Krankheit sehr hübsch. Eine Schönheit, von der die Pocken jede Spur vernichtet hatten.
    Dieses letzte Opfer hatte das kleinste Zimmer im Haus bewohnt, aber es war ein gemütlicher, sehr ordentlicher Raum, mit gerahmten Broadway-Postern an den Wänden und glitzernden Masken um den Spiegel, hinter dem auch die Fotos steckten. Ein Zimmer mit einer sehr persönlichen Note. Die Kostüme in dem türlosen Schrank verrieten Elena, dass es sich bei der Toten um eine Tänzerin gehandelt haben musste: Sie erkannte eins davon wieder, es stammte aus einer Off-Broadway-Show, die bis vor etwa sechs Monaten mit einer bemerkenswert langen Spielzeit gelaufen war.
    Da das tote Vampirmädchen in diesem Teil der Stadt gelebt hatte, war sie in der Show wohl die Zweitbesetzung gewesen, hatte noch keine große Rolle bekommen. Wahrscheinlich hatte sie sich der Beinahe-Unsterblichkeit als Vampir verschrieben, um mehr Zeit für ihren Traum vom großen Bühnenstar zu haben. Wenn man sich so sehr nach etwas sehnte, kamen einem hundert Jahre Sklavendasein wohl nicht allzu schlimm vor – was Elena sogar halbwegs nachvollziehen konnte. Wünsche und Träume können eine sehr bestimmende Kraft sein.
    Belle war Tänzerin gewesen. Langbeinig und mit tausend Träumen in den Augen, wenn sie hinten im Garten geübt hatte. Sie hatte gelacht, wenn Elena versuchte, es ihr gleichzutun, aber es war das liebevolle Lachen einer älteren Schwester gewesen. Wie oft hatte sie ihr Training unterbrochen, um Elena den einen oder anderen Schritt zu zeigen …
    »So, Elena. Du musst zur Musik werden, zu Luft.«
    Tiefe Trauer legte sich, einem schweren Mantel gleich, um Elenas Schultern. »Es tut mir leid«, flüsterte sie, ehe sie das helle kleine Zimmer verließ, dessen Farben vom einst so hoffnungsvollen Überschwang der kleinen Person zeugten, die jetzt schon stark verwest zusammengerollt auf dem Bett lag.
    Als Elena, diesmal ohne Hast, ein zweites Mal durch das Haus ging, um sich alles noch einmal ganz genau anzusehen, fiel ihr ein anderes Poster ins Auge. Hier handelte es sich um das Werbeplakat für

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