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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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gelegtem Köpfchen, die schwarzen Locken mit kupferroten Lichtern durchsetzt. Beschützend legte sie beide Hände auf den kaum merklich gerundeten Unterleib. »Ich dachte, du würdest eher als andere im Kader einer schwangeren Frau gegenüber Güte zeigen.« Ihre Stimme wurde heiserer, das aufkeimende Lächeln wirkte schmerzlich in seiner aufgesetzten Zartheit. »Immerhin hast du als junger Mann über die Kinderstube der Engel gewacht. Das habe ich immer an dir respektiert, Raphael, deine Bereitschaft, unsere kostbarsten Schätze zu hüten.«
    War Michaela wirklich so sehr daran gewöhnt, Männer zu manipulieren? Begriff sie einfach nicht, dass diese Masche nicht bei ihm zog? Er würde sich gewiss nicht durch süßliche Komplimente, durch diesen ständigen Unterton sexueller Anmache nach ihren Bedürfnissen zurechtstutzen lassen. »Ich bin kein junger Mann mehr«, antwortete er und konnte zusehen, wie die Eiseskälte in seiner Stimme ihre Augen schmaler werden ließ. »Und dein Verhalten kommt einem fatalen Bruch der Regeln der Gastfreundschaft gefährlich nahe.«
    Abrupt ließ sie die Hände sinken, um sich abzuwenden, dramatisch glänzende Schwingen aus schimmernder Bronze ragten ihr anmutig über den Rücken. »Wie grausam du bist!« Als sie sich ihm wieder zuwandte, schwammen Tränen in den leuchtend grünen Augen. »Ich flüchte mich zu dir, bitte um ein Obdach, und du kommst mir mit Formalitäten? Ich habe schon ein Kind verloren, das weißt du doch! Ich kann nicht noch eines verlieren.«
    Einen Moment zögerte er, hätte ihr fast geglaubt. Vielleicht hatte sie eine Fehlgeburt erlitten und den Verlust des Embryos verdrängt, weil der Schmerz einfach zu groß war? Aber dann verriet sie sich selbst, als sich ihre Lippen bei seinem Zögern kaum merklich verzogen. Damit war auch die letzte Unklarheit beseitigt, ihre katzenhafte Selbstzufriedenheit sagte Raphael mehr als tausend Worte. Hier bestand kein Grund, sanft zu sein. »Es reicht, Michaela«, sagte er. »Du kannst deine Scharade beenden.«
    »Scharade? Du verhöhnst mich.« Um ihre Iris hatte sich ein schmaler, pulsierender Ring aus säurehaltigem Grün gebildet, das unmissverständliche, körperliche Zeichen für Urams Einfluss. »Ich bin verletzlich, du bist stark. Ich bitte dich um Hilfe! Und du sprichst von Scharade?«
    Raphael ließ die eigenen Kräfte aufblitzen, spürte, wie seine Flügel anfingen zu glühen. »Du trägst kein Kind im Leib.«
    Schweigen. Absolute Stille – bis sich Michaelas Entsetzen in rasende Wut verwandelte. »Du bezichtigst mich der absichtlichen Lüge. Damit zettelst du einen Krieg an.«
    Goldenes Licht fiel durch die breiten, zweiflügeligen Fenster des anmutigen Hauses, vor dem Elena auf Illiums Anweisung hin gelandet war.
    »Schöne Jägerin, du hast mir gefehlt.«
    Elena zischte. Ganz automatisch rutschten ihr beim Anblick des blonden Vampirs ihre Klingen in beide Hände. Die Begrüßung des Vampirs hatte wie eine Drohung geklungen, dabei war sein Gesicht fein und zart, schien fast nicht von dieser Welt zu sein in seiner Schönheit, die jeden Betrachter wissen ließ, dass dieser Mann mehr als einhundert Jahre alt war.
    Als sie Riker zuletzt gesehen hatte, hatte ihm ein abgebrochenes Stuhlbein im Hals gesteckt, das ihn an die Wand des Hauses neben dem genagelt hatte, das Elena jetzt bewohnte. Blut war ihm die Schläfen hinuntergelaufen. Heute bleckte Michaelas Lieblingswächter mit spöttisch wildem Grinsen die Zähne, als er mit großer Geste auf die Eingangstür des Hauses hinter ihm deutete.
    »Meine Herrin hat mir die Haut vom Rücken gepeitscht und sich ein Handtäschchen daraus machen lassen.«
    Ein ähnlich unheimliches Grinsen hatte damals dieses Geständnis begleitet. Bei der Erinnerung lief Elena jedes Mal ein Schauder über den Rücken. Rasch packte sie ihre Wurfmesser fester. »Du bist wieder geheilt, wie ich sehe.«
    Lüstern fuhr sich der Vampir mit der Zunge über die Unterlippe. »Wie lange habe ich darauf gewartet, mit dir allein zu sein.« Da war von hinten ein Rascheln zu hören, als Illium das Schwert aus der Scheide zog, das er unsichtbar auf dem Rücken bei sich trug, seit ihm entsprechende Kräfte gewachsen waren. Der Vampir reagierte auf das Rascheln. Prompt flackerte sein Blick über Elena hinweg.
    »Geh!«, flüsterte Illium leise, um lauter hinzuzufügen: »Ich pass schon auf Michaelas tollwütigen Hund auf, und falls er sich als allzu lästig erweist, bereite ich seinen Leiden ein Ende.«
    Rikers

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