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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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mir also bloß keinen Heiligenschein an.«
    »Freunde.« Vivek nickte nachdenklich. »Freunde sind wichtig. Besonders, wenn man unsterblich ist und in einem der Machtzentren lebt.«
    »Richtig. Dann hat dir die Brünette also doch noch ein paar Gehirnzellen gelassen.«
    »Nehmen wir an, ich durchlaufe den ganzen Prozess, und meine Jagdinstinkte sind nach wie vor intakt. Was dann?«
    »Engel lieben Jäger. Man wird deine Fähigkeiten nutzen. Vielleicht nicht immer so, wie die Gilde sie nutzen würde.« Auch in dieser Frage nahm Elena kein Blatt vor den Mund. »Es wird Geheimnisse geben, die du der Gilde verschweigen musst, und deine Zeit wird zuallererst dem Turm gehören. Aber ich habe Raphaels Wort, dass dein Name nicht von der Gilderolle gestrichen wird.«
    Vivek schaltete den Bildschirm aus. »Du hast an alles gedacht.«
    »Nein, V, habe ich nicht. Das kannst nur du allein.« Er war derjenige, der unbekanntes Terrain betrat, ein Terrain, das ihm trotz Elenas Versprechen das Leben die nächsten hundert Jahre durchaus zur Hölle machen konnte. »Ich wollte dir nur alle Informationen zukommen lassen, die ich zusammengetragen habe.«
    »Lass uns das Spiel beenden«, sagte er schließlich.
    Elena deutete auf das Brett. »Du hast ›Hut‹ gelegt, ich ›Zygote‹. Das Spiel ist so was von vorbei, das ist schon prähistorisch.«
    Vivek lachte. Seine Augen strahlten, auf den Wangen bildeten sich sehr männliche Grübchen, die man nicht oft bei ihm zu sehen bekam. Erleichtert spürte sie, dass ihre Freundschaft diesen Tag überleben würde. Ganz egal, wie er sich entschied.
    Raphael sah Elena einen Blick auf seine Schläfe werfen, während sie wenige Sekunden nach ihrer Landung in Japan Seite an Seite in die Wolken aufstiegen, weil sie die letzte Strecke des Wegs in die uralte Stadt auf eigenen Flügeln zurücklegen wollten. »Es hat keine Veränderung gegeben.« Sie flogen dicht genug nebeneinander, um sich unterhalten zu können.
    »Gut.« In tiefen Zügen sog Elena die kalte Winterluft ein. Unter ihr breiteten sich die für diesen Teil Kagoshimas typischen waldbedeckten Berge aus. »Ich vergesse immer, wie wild es hier ist, wie ungezähmt die Natur sein kann.« Sie ließ sich unter die Wolkendecke fallen, ihre Flügel ein dramatischer Farbklecks vor dem Hintergrund aus dunkelstem Grün.
    Die Geschicklichkeit, mit der sie die Flugmanöver über den Wipfeln der Baumriesen hinweg absolvierte, war für einen Engel ihres Alters erstaunlich. Elena flog nur so anmutig, weil sie als Jägerin körperliche und geistige Anstrengungen gewohnt war. Ihr Flug schreckte eine Gruppe wilder Pferde auf, die dichter in die nach einem Regen schwer über dem Wald hängenden Nebel hineingaloppierten.
Hast du das gesehen?,
erkundigte sie sich begeistert bei Raphael.
    Der ließ sich zu ihr herunterfallen.
Als ich noch ein Baby war, haben meine Freunde und ich in Amanat oft Wettrennen mit den Pferden veranstaltet, die in der Stadt gehalten wurden.
    Elena lachte, im Sonnenschein über den Bergkuppen wirkte ihr Haar wie entflammt.
Und habt ihr immer gewonnen?
    Nein, deswegen hat es ja so viel Spaß gemacht.
Er hatte seit einer halben Ewigkeit nicht mehr an dieses Spiel gedacht, Jahrhunderte der Macht und Politik hatten auch diese Erinnerung verschüttet.
    Jetzt entdeckte er noch etwas anderes dort unter ihnen im Wald.
Sieh nur, dort auf den Baumwipfeln. Unsere neugierigen Freunde sind wieder da.
    Elena blickte nach unten, achtete dabei aber sorgfältig darauf, nicht an Höhe zu verlieren. Raphael wusste genau, wann sie die Affen entdeckt hatte, die ihnen auf dem Flug nach Amanat unweigerlich irgendwo begegneten: Sie versuchte nicht, ihr Entzücken zu verbergen, und sah dabei aus wie das kleine Mädchen, das sie nie hatte sein können, weil sie so jung schon im Blut ihrer Schwestern hatte waten müssen, statt ebendiesen Schwestern heftig auf die Nerven gehen zu dürfen.
    Da links sind noch mehr,
flüsterte sie mental.
Sie zeigen auf uns!
    Raphael behielt seine Höhe bei, um nach eventuellen Gefahren Ausschau zu halten, während sich Elena noch ein bisschen tiefer hinunterwagte. In ihren weißgoldenen Handschwingen fing sich das Licht. Ein wunderschöner Anblick, aber Raphael blieb wachsam. Jetzt, einen Tag vor dem Ball, trieben sich in der Stadt und um die Stadt herum jede Menge gefährlicher Wesen herum, und jedes von ihnen wusste, dass Elena Raphaels Herzblut war.
    Normalerweise wurde die Stadt Amanat von einem seltsamen Energieschild

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