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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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sagte Raphael, als hätte der Vampir etwas gesagt. »Elena ist nichts für dich, du darfst sie nicht anknabbern.«
    »Zu schade«, kam die Antwort aus einem total ausdruckslosen Gesicht. »Das Fleisch eines so jungen Engels habe ich noch nie gekostet.«
    Mit zusammengekniffenen Augen sah Elena von einem Mann zum anderen. »Sehr witzig, ihr beiden.«
    Naasir erwiderte ihren Blick, nach wie vor ungerührt. »Mir war nicht klar, dass der Sire einen Witz machen wollte.«
    Gut – jetzt standen Elena die Nackenhaare doch noch zu Berge.
Das war doch ein, Witz, oder?,
erkundigte sie sich mental bei Raphael.
Er frisst doch nicht wirklich Engel!
    Raphael dehnte seine Flügel.
Nein, normalerweise nicht. Er bevorzugt wildere Beute.
    Okay, das würde sie ihrem Gemahl heimzahlen. Der Mann amüsierte sich gerade viel zu gut. Hoch erhobenen Hauptes machte sich Elena den beiden Männern voran auf den Weg, wobei sie die silberäugige Bedrohung in ihrem Rücken allerdings nur ertrug, weil Raphael ebenfalls anwesend war.
    Seit ihrem letzten Besuch hatte sich in Amanat einiges verändert. Damals war die Stadt gerade langsam aus ihrem langen Schlaf erwacht, jetzt stand sie trotz der hier herrschenden Kälte in voller Blüte. Und zwar wortwörtlich. Bei ihrem letzten Besuch war es bestimmt nicht so kalt gewesen, wahrscheinlich sorgte der Energieschild normalerweise für konstant angenehme Temperaturen innerhalb der Stadtmauern.
    Jedenfalls erstrahlten die Pflanzkübel auf der Straße und die Blumenkästen an den Fenstern in einem Meer aus bunten Blüten. Helles, kräftiges Rot mischte sich mit zartem Rosa, dazwischen leuchtete es immer mal wieder unerwartet blau und gelb. Die Blüten all der prächtigen Blumen waren weich, manche klein und zart wie Knospen, einige der Rosen groß wie Essteller. Dazu lag ein sattes Durcheinander an Düften in der Luft, umschmeichelte die Sinne, trug zu der Freude bei, die man beim Anblick der bunten Pracht vor den grauen Steinhäusern unwillkürlich empfand.
    Eine Frau in einem leichten, langen Gewand in Pfirsichtönen ging vorbei und senkte bei Elenas Anblick schüchtern den Kopf. Ihr Kleid war sehr hübsch, sicher doch aber auch etwas zu kühl, jetzt, da der Schild nicht mehr für Wärme sorgte.
    Warum behandeln mich hier alle, als wäre ich etwas Besonderes?,
fragte sie Raphael, denn sie hätte die Frau gern gegrüßt und fühlte sich nicht wohl, wenn man so ehrerbietig ihrem Blick auswich.
    Als wärst du eine königliche Hoheit? Das machen sie, weil du eine bist.
    Elena schüttelte den Kopf. Sie war die Gemahlin eines Erzengels – das zu wissen war eine Sache, daran hatte sie sich gewöhnt. Aber wenn Leute sich vor ihr verneigten, die in ihrem kleinen Finger mehr Macht hatten als sie selbst in ihrem ganzen Babyengelskörper – das war etwas anderes.
Caliane mag mich nicht.
Was den ihr nach außen hin erwiesenen Respekt nur noch beunruhigender machte.
    Genau genommen …,
fuhr Elena fort, indem sie nach rechts in einen verlassen vor ihr liegenden Durchgang einbog – Naasir hatte ihr zu verstehen gegeben, dass die Uralte sie hier erwartete,
… genau genommen wäre sie doch entzückt, wenn Naasir seine Fleischfressertendenzen an mir auslebte.
    Meine Mutter ist ein Erzengel der alten Art. Was immer ihre Vorbehalte unserer Beziehung gegenüber sein mögen, die schmutzige Wäsche der Familie würde sie nie in aller Öffentlichkeit waschen.
    Hab ich dir je gesagt, wie sehr mir all eure dämlichen Höflichkeitsregeln zuwider sind?
Elenas Miene war finster, als sie das Ende des Durchgangs erreichte. Dort blieb ihr allerdings erst einmal die Luft weg. Vor ihr lag unter einem Wasserfall, dessen Plätschern wie reine Musik die Luft erfüllte, ein kleiner Teich. Und um den Teich herum wuchs ein Meer von Blumen, ein ganzer Teppich aus Glockenblumen. Unwillkürlich musste sie an Illium denken.
    Das satte Blaugrün des Blütenmeers wurde nur an einer einzigen Stelle unterbrochen. Dort stand eine Bank aus grauem Stein, auf der eine Erzengelfrau saß. Sie war atemberaubend schön, mit ihren tiefschwarzen Haaren und reinweißen Flügeln, ein Traum in Schwarz und Weiß. Als die Schöne sich umwandte, um nachzusehen, wer hier ihren Frieden störte, lag tiefe Trauer im Blick der saphirblauen Augen, die aber sofort einer umwerfenden Freude wich, als sie Raphael erkannte.
    »Mein Sohn!« Rasch erhob sie sich, um über den Blütenteppich hinweg auf die Ankömmlinge zuzugehen. Ihre Flügel schleiften am Boden, ihre Füße

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