Engelslust
der sich gerade die Schulter rieb. »Hier, das ist für dich. Magnus möchte, dass du das bekommst.« Sie zog eine winzige Phiole aus ihrer Handtasche und überreichte sie Cain.
Dieser schüttelte den Kopf, als er erkannte, was es war, und gab sie ihr zurück. »Das kann ich wirklich nicht annehmen; das ist zu kostbar. Meine Schulter schmerzt zwar jetzt noch mehr als früher, was ich überhaupt nicht verstehe, immerhin bin ich ja jetzt ein Dämon, aber … Nein, das kann ich wirklich nicht annehmen.«
»Magnus besteht darauf. Es tut ihm alles unendlich leid und er weiß, dass er das nicht mehr gutmachen kann. Er hat euch fast umgebracht, aber die Phönixtränen sollten wenigstens ein Problem lösen.« Amalia nahm sein Weinglas und gab einen Tropfen aus der Phiole hinein. Plötzlich begann der Alkohol zu schimmern. »Du musst es gleich trinken.«
Cain fuhr sich durchs Haar, bevor er das Glas ergriff und in einem Zug leerte. Die Augen schließend lehnte er sich in seinem Stuhl zurück. Ein Seufzer entfuhr ihm. Anschließend öffnete er lächelnd die Lider. »Ich danke dir. Ich fühle mich wie neu geboren.« Er ließ seinen Arm ein paar Mal kreisen und nickte dann Magnus zu, der gerade in seine Richtung schaute. Dieser prostete zurück, sichtlich erleichtert, dass Amalia das nun auch geregelt hatte. »Männer«, flüsterte sie.
Cain kratzte sich am Hinterkopf und wechselte das Thema: »Wie ist es so als Mensch?«
»Gewöhnungsbedürftig«, gestand sie und packte das Fläschchen wieder in ihre Handtasche. Die Phiole würde später wieder sicher im Schlosskeller verwahrt werden, hinter einer verzauberten Wand, wo auch nach wie vor das Kelchbuch lag. Der Rat hatte beschlossen, dass es dort bestens aufgehoben war. Immerhin war es schon seit Generationen im Familienbesitz der Thornes, auch wenn Magnus nicht wusste, wie es dort hingelangt war. Anscheinend war es einfach die Bestimmung seiner Familie, auf das Buch aufzupassen.
»Ich bin dem Rat unendlich dankbar, dass er mir diese Chance gewährte«, erklärte sie. »Mein neues Leben an Magnus ’ Seite ist wie ein Traum. Ich kann es immer noch nicht ganz begreifen.«
Amalia freute sich, dass Magnus seine Verbitterung über den Tod seiner Frau Rowan überwunden und erkannt hatte, dass man das vorherbestimmte Schicksal nicht ändern konnte und die Engel keine Schuld daran trugen. Dafür hatte er eine neue Liebe gefunden, genau wie Amalia. Alles, was ihr die Schicksalsgöttin vorhergesagt hatte, war eingetroffen.
Amalia fragte sich immer noch, wie sie dem Fegefeuer entkommen konnte. Schon seit jeher hatte sie ihre Lust schlecht im Griff gehabt. Wozu sie ja nichts konnte, da sie alle Arten von Energien, auch sexuelle, einfach absorbierte. Deshalb hatte sie bereits einmal eine zweite Chance erhalten. Als der Rat damals erfuhr, dass sie ein Verhältnis mit einem Incubus pflegte, war sie schon für Dienste auf der Erde degradiert worden. Sexuelle Lust stürzte einen Engel normalerweise unwiderruflich. Aber jeder bekam eine weitere Chance, wenn der Rat es wollte, so auch Cain. Amalia hatte auch diese verspielt, doch sie besaß ein gutes Herz. Außerdem hatte sie Magnus die Liebe und den Lebenswillen zurückgebracht. Daher hatte sie noch eine weitere Chance erhalten, nur nicht als Engel, sondern als Mensch. Ihr Schicksal würde neu entschieden werden, wenn sie das nächste Mal vor der Himmelspforte stand.
»Und wie fühlst du dich so als gefallener Engel?«, wollte Amalia im Gegenzug von Cain wissen.
»Ich vermisse es, nicht mehr fliegen zu können, aber wir kommen durch Rajas Portale ohnehin schneller vorwärts. Eines Tages werde ich auch kapieren, wie das funktioniert und selbst welche erzeugen. Ansonsten denke ich, könnte ich mich an das Dämonendasein gewöhnen. Ich bin zwar nicht mehr unsterblich, aber tausend Lebensjahre oder mehr sind ja auch nicht schlecht.«
»Du kannst mit Raja alt werden; das ist doch schön«, sagte Amalia. Je älter ein Dämon wurde, desto langsamer alterte er.
Cain stand auf und entschuldigte sich bei ihr. »Tausend Jahre … Da sollte man keine Minute ungenutzt verstreichen lassen.« Cain blickte zu Raja und Magnus hinüber und rief: »Was hast du noch mal alles Neues in deinem Keller, Thorne?«
***
»Hier ist der Schlüssel zum Verlies, aber wir sagen schon mal Gute Nacht, denn wir Normalsterblichen brauchen unseren Schönheitsschlaf.« Magnus zwinkerte und warf Leraja einen Schlüssel zu, die ihn mit leuchtenden Augen auffing. »Und
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