Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsmorgen

Engelsmorgen

Titel: Engelsmorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
Vom Netzwerk:
paar Wochen hätte Luce so etwas noch rasend gemacht. Aber die Ereignisse der letzten Tage hatten sie in jemanden verwandelt, der die Welt mit anderen Augen betrachtete. Sie war ernster und erwachsener geworden. Sie hatte einen Blick auf ein anderes Leben erhascht, hatte sich selbst auf einem Foto wiedererkannt, das sie in einem früheren Leben mit Daniel zeigte – in einem Leben von vielen, in denen sie Daniel begegnet war. Sie war in sich auf eine Liebe gestoßen, die ihr mehr bedeutete, als alles andere ihr jemals bedeutet hatte und bedeuten konnte. Eine Liebe, die größer war, als sie das jemals für möglich gehalten hätte. Und dann hatte sie erleben müssen, dass das alles durch eine verrückte alte Frau mit einem Dolch in der Hand beinahe zerstört worden war. Einer Frau, von der sie davor gedacht hatte, sie könnte ihr vertrauen.
    Es gab in der Welt da draußen noch viele, die so waren wie Miss Sophia. Davon war Luce überzeugt. Aber niemand sagte ihr, woran sie zu erkennen waren. Miss Sophia hatte bis zum Schluss ganz normal gewirkt. Sahen all die anderen, die ihr nach dem Leben trachteten, womöglich so harmlos und unschuldig aus wie … wie der braunhaarige Junge neben ihr? Luce schluckte, verschränkte die Arme und dachte an Daniel.
    Daniel würde sie an einen sicheren Ort bringen.
    Luce malte sich aus, wie er in einem der grauen Plastikstühle am Flughafen auf sie wartete, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, den blonden Kopf eingezogen. Wie er mit seinen schwarzen Converse-Sneakers vor und zurück wippte. Wie er alle paar Minuten aufstand, um auf der Anzeigetafel nachzusehen, wann sie endlich eintraf.
    Mit einem leichten Ruck setzte das Flugzeug auf der Landebahn auf. Plötzlich war sie nervös. Würde er genauso glücklich sein wie sie, dass sie sich wiedersahen?
    Sie konzentrierte sich auf das braun-beige Stoffmuster der Rückenlehne des Sitzes vor ihr. Ihr Nacken war vom langen Flug steif und sie ertrug die verbrauchte, stickige Luft im Flugzeug nicht mehr. Sie wollte so schnell wie möglich raus. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis das Flugzeug seine endgültige Parkposition am Terminal erreicht hatte. Sie zitterte vor Ungeduld.
    »Wahrscheinlich hast du vor, eine ganze Weile hier in Kalifornien zu bleiben, oder?« Der Junge neben ihr schenkte Luce ein cooles Lächeln, was bewirkte, dass sie nur noch schneller aus dem Flugzeug rauswollte.
    »Wie kommst du denn darauf?«, sagte sie hastig. »Warum fragst du das?«
    Er zwinkerte. »Na, ich mein ja nur. Mit einem so riesigen roten Seesack und so.«
    Luce rutschte in ihrem Sitz von ihm weg. Sie hatte diesen Jungen vor zwei Minuten das erste Mal gesehen, als sie durch seine Berührung am Arm aufgewacht war. Woher wusste er über ihr Gepäck Bescheid?
    »Hey, das ist keine Hexerei.« Er warf ihr einen seltsamen Blick zu. »Ich habe am Check-In hinter dir in der Schlange gestanden.«
    Luce lächelte leicht gequält. »Ich habe einen Freund«, kam es aus ihrem Mund, und gleichzeitig errötete sie.
    Der Junge hüstelte. »Okay, hab’s kapiert.«
    Luce schnitt eine Grimasse. Sie wusste nicht, warum sie das gesagt hatte. Sie hatte auch nicht barsch und abweisend klingen wollen. Aber in dem Moment ging die Leuchtanzeige aus, sie ließ ihren Sicherheitsgurt aufschnappen und wollte nur noch an dem Jungen vorbei und so schnell wie möglich aus dem Flugzeug raus. Das musste der Junge gespürt haben, denn er stand hastig auf und trat in den Mittelgang. Luce nickte einmal kurz, dann hatte sie sich auch schon an ihm vorbeigeschoben und eilte zum Ausgang.
    Nur um danach in der Menge auf dem Gangway stecken zu bleiben, die sich mit lähmender Langsamkeit vorwärtsbewegte. Sie steckte in einem Flaschenhals fest und verfluchte all die lockeren Kalifornier in ihrer Freizeitkleidung, von denen es keiner besonders eilig zu haben schien. Luce stellte sich auf die Zehenspitzen, wippte nervös. Als sie schließlich die Ankunftshalle erreicht hatte, war sie vor lauter Ungeduld schon fast verrückt.
    Endlich konnte sie losstürmen. Sie schubste und drängelte sich durch die Menge. Den Jungen aus dem Flugzeug hatte sie bereits vergessen. Auch dass sie noch nie in Kalifornien gewesen war, spielte überhaupt keine Rolle. In ihrem ganzen Leben war sie noch nie weiter nach Westen gekommen als bis Brandon, Missouri, wohin ihre Eltern sie einmal mitgenommen hatten, um dort Yakov Smirnoff als Comedian live zu erleben. Und auch die schrecklichen, grauenhaften Ereignisse, deren

Weitere Kostenlose Bücher