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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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nachtschwarzen Schatten über Cams Kopf. Sie fürchtete sich vor dem Unheil, das er womöglich ankündigte.
    »Hört auf damit«, sagte der Riese von einem Barmann hinter dem Tresen, der noch nicht mal von seinem Fight- Magazin aufgeblickt hatte.
    Der Lederjackentyp fing an, mit seinen Fäusten blindlings auf Cam einzudreschen, der die Schläge einsteckte, als würde ein Kind mit seinen Patschhändchen nach ihm greifen.
    Nicht nur Luce war verblüfft, wie Cam auf den Angriff des Mannes so stoisch reagieren konnte. Der einsame Tänzer in seiner schwarzen Lederhose lehnte wie erstarrt an der Jukebox. Und sogar der Angreifer hielt verwirrt inne, nachdem er Cam ein paar Hiebe verpasst hatte.
    Der Schatten hing inzwischen als schwarze Pfütze an der Decke. Lange Fangarme streckten sich aus, als wären es Ranken, und kamen immer näher und näher. Luce schrie leise auf
und duckte sich weg, als Cam sich von dem widerlichen, schmierigen Typen ein letztes Mal angreifen ließ.
    Und dann beschloss zurückzuschlagen.
    Es war nicht mehr als ein Fingerschnippen, als würde Cam ein herabgefallenes Blatt entfernen. Der Mann hatte seine Fäuste direkt vor Cams Gesicht, und dann, in der nächsten Sekunde, sobald Cams Finger die abgewetzte Lederjacke des Typen berührt hatten, segelte er auch schon rückwärts durch den Raum, riss dabei zahllose Bierflaschen um, und knallte mit dem Rücken an die Wand, nicht weit weg von der Jukebox.
    Er rieb sich den Kopf, stöhnte und krümmte sich auf dem Boden zusammen.
    »Wie hast du das gemacht?«, fragte Luce mit weit aufgerissenen Augen.
    Cam antwortete nicht, sondern wandte sich an den anderen der beiden Typen, der kleiner war, aber stämmiger wirkte: »Willst du auch?«
    Der Mann reckte die Handflächen in die Höhe. »Hab nichts damit zu tun«, sagte er und wich zurück.
    Cam zuckte mit den Schultern, ging auf den Angreifer zu und zog ihn am Kragen seiner Lederjacke hoch. Die Glieder baumelten leblos wie bei einer Puppe. Dann schleuderte Cam ihn mit einer einzigen lockeren Handbewegung gegen die Wand. Er wirkte dort wie festgeklebt, während Cam auf ihn einschlug und dazu immer wieder rief: »Ich sagte, verschwinde nach draußen!«
    »Genug!«, brüllte Luce, aber keiner hörte auf sie oder kümmerte sich darum. Ihr war kotzübel. Sie wollte nicht weiter mit ansehen müssen, wie Cam dem Mann das Gesicht blutig prügelte. Sie wollte von seinen beinahe übermenschlichen Kräften nichts wissen. Sie wollte ihm nur
noch zurufen, er solle das alles vergessen und sie würde den Weg zurück zur Sword & Cross auch allein finden. Sie wollte fort von den schaurigen Schatten, die sich inzwischen über die ganze Decke des Raums ausgebreitet hatten und bereits die Wände hinuntertropften. Sie griff nach ihrer Handtasche und rannte in die Abenddämmerung hinaus -
    Und jemandem genau in die Arme.
    »Geht’s dir gut?«
    Es war Daniel.
    »Wie hast du mich hier gefunden?«, fragte sie und lehnte das Gesicht gegen seine Schulter, ohne sich deswegen zu schämen. Tränen stiegen in ihr hoch, die sie vergebens niederzukämpfen versuchte.
    »Komm«, sagte er. »Ich bring dich von hier weg.«
    Luce warf keinen Blick mehr zurück in die Bar. Sie ließ sich von ihm an der Hand nehmen, und Wärme breitete sich erst in ihrem Arm und dann in ihrem ganzen Körper aus. Dann fing sie an zu weinen. Sie fühlte sich mit einem Mal geborgen, obwohl der Schatten immer noch nahe war.
    Aber selbst Daniel schien nervös zu sein. Er ging so schnell und zerrte sie hinter sich her, dass sie fast rennen musste, um mit ihm Schritt zu halten.
    Sie wollte sich auch dann nicht umdrehen, als sie spürte, dass die Schatten aus der Bar herausdrängten und sich in der Luft zu einer schwarzen Wolke ballten. Doch das musste sie gar nicht. Die Schatten flogen bereits über ihrem Kopf dahin und saugten alles Licht über ihr und vor ihr auf. Es war, als würde die ganze Welt vor ihren Augen in Trümmer zerfallen. Ein beißender Schwefelgestank stieg ihr in die Nase, schlimmer als alles, was sie bisher gerochen hatte.
    Auch Daniel blickte nach oben und machte ein finsteres Gesicht, aber man hätte auch meinen können, dass er sich
nur zu erinnern versuchte, wo er das Auto geparkt hatte. Doch dann geschah etwas Unglaubliches. Die Schatten wichen zurück, sie zerstreuten sich, waren nur noch kleine schwarze Flecken und verschwanden.
    Luce kniff die Augen zusammen. Wie hatte Daniel das angestellt? Er war das gewesen, er hatte das getan, oder etwa

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