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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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unten am Fuß der Treppe. Ihre Freundin war tot. Ein unendlicher Schmerz erfüllte sie.
    »Warum tun Sie das?«, fragte Luce. »Ich habe Ihnen vertraut.«
    »Das war ein Fehler, Schätzchen«, entgegnete Miss Sophia und drehte Luce den Arm auf den Rücken. Dann spürte Luce wieder den Dolch und wurde von Miss Sophia durch den Mittelgang der Kapelle dirigiert. »Vertrauen ist ein schlechter Ratgeber, und im schlimmsten Fall kostet es das Leben.«
    Miss Sophia stieß Luce vor bis zum Altar. »Und jetzt sei ein braves Kind und leg dich da hin!«
    Luce tat, was ihr befohlen wurde. Der Dolch an ihrer Kehle ließ ihr keine andere Wahl. Sie spürte etwas Warmes am Nacken und langte an die Stelle. Als sie ihre Hand wieder
wegzog, hatte sie Blut an den Fingerspitzen. Die Spitze des Dolchs musste ihre Haut geritzt haben. Miss Sophia drückte ihre Hand nach unten.
    »Wenn du glaubst, das hier sei schlimm, dann solltest du erst einmal sehen, was sich da draußen abspielt«, sagte sie. Luce schauderte. Da draußen war Daniel.
    Die Altarplatte war gerade groß genug, dass Luce ausgestreckt darauf liegen konnte. Der Stein war kalt und sie fühlte sich darauf schutzlos und ausgeliefert. In Luces Fantasie waren die Kirchenbänke voller schaulustiger, finsterer Gläubiger, die darauf warteten, dass ihre Marterqualen begannen.
    Als sie an die Decke blickte, entdeckte sie plötzlich, dass es in dieser gruftartigen Kapelle doch ein Fenster gab, eine große buntfarbige Rosette, wie sie normalerweise in Kathedralen über dem Eingang zu finden waren. Doch hier war sie wie ein Dachfenster über dem Altar angebracht. Die Glasscheiben setzten sich zu einem komplizierten geometrischen Blumenmuster zusammen, rote und violette Rosen vor einem nachtblauen Hintergrund. Doch die Rosette hätte Luce noch viel besser gefallen, wenn sie durch sie nach draußen, in den Nachthimmel hätte blicken können.
    »Wo hab ich denn bloß … ach ja, hier!« Miss Sophia langte unter den Altar und zog ein dickes, langes Seil hervor. »Beweg dich jetzt nicht!« Sie drohte Luce mit dem Dolch. Dann begann sie, Luce an vier Eisenringe zu fesseln, die in die Altarplatte eingelassen waren. Zuerst den einen Knöchel, dann den anderen, und danach zuerst das eine Handgelenk, dann das andere. Es fiel Luce schwer, sich nicht zu krümmen und zu winden, als sie wie ein Opfertier festgebunden wurde. »Perfekt«, sagte Miss Sophia, nachdem sie die Knoten noch einmal überprüft hatte.

    »Sie haben das alles geplant«, schleuderte ihr Luce entgegen. Entsetzen machte sich in ihr breit.
    Miss Sophia lächelte genauso mild und sanft, wie sie am allerersten Tag gelächelt hatte, als Luce zu ihr in die Bibliothek gekommen war. »Ich würde jetzt gerne sagen, es ist nichts Persönliches, Lucinda«, sie kicherte, »aber genau das ist es. Ich warte schon sehr lange auf einen Augenblick mit dir allein.«
    »Warum?«, fragte Luce. »Was wollen Sie von mir?«
    »Nichts weiter«, sagte Miss Sophia. »Ich will nur, dass du ausgelöscht bist. Daniel soll endlich von der Liebe zu dir befreit sein.«
    Sie ließ Luce auf dem Altar liegen und trat an das Lesepult daneben. Dann legte sie das von Daniel in einem früheren Leben verfasste Buch über das Wächteramt der Engel darauf und blätterte hastig durch die Seiten. Luce musste daran denken, wie sie selbst es vor wenigen Stunden aufgeschlagen hatte und Daniel und sich so nahe beieinander gesehen hatte. Wie ihr plötzlich aufgegangen war, dass er ein Engel sein musste. Viel hatte sie da noch nicht gewusst, aber sie hatte beim Anblick der Fotografie mit einem Mal die Gewissheit verspürt, dass Daniel und sie ein echtes Liebespaar werden könnten.
    Nun würde das nie mehr geschehen.
    »Auch jetzt schwärmst du noch von ihm, hab ich recht?«, fragte Miss Sophia. Sie klappte das Buch zu und boxte mit der Faust gegen den Buchdeckel. »Das ist genau das Problem.«
    »Und was ist Ihr Problem?« Luce stemmte sich gegen die Seile, die sie an den Altar fesselten. »Was Daniel und ich füreinander empfinden oder mit wem wir uns verabreden, geht Sie überhaupt nichts an.« Miss Sophia war eine Psychopathin. Sie hatte rein gar nichts mit ihnen beiden zu tun.

    »Ich würde zu gern mal ein Wörtchen mit dem reden, wer auch immer es war, der geglaubt hat, es sei eine großartige Idee, das Schicksal unserer unsterblichen Seelen in die Hände zweier liebestoller Teenager zu legen.« Miss Sophia reckte die Faust in die Luft. »Die da oben wollen eine Entscheidung

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