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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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Unterricht vorüber war. Aber dieses Schwarz-in-Schwarz stand ihm - anders als Luce, die darin aussah wie ein Mädchen an der Kasse im Supermarkt.
    Cam spielte mit einer goldenen Taschenuhr, deren Kette er um den rechten Zeigefinger gewickelt hatte. Die Uhr baumelte daran hin und her, und wie gebannt folgte Luce der Pendelbewegung, bis Cam sie plötzlich mit der Faust umschloss. Er klappte sie auf, sah erst auf das Zifferblatt und dann Luce an.
    »Entschuldigung.« Er wirkte verwirrt. »Ich dachte, ich hätte mich für sieben Uhr eingetragen. Aber vielleicht hab ich mich ja geirrt.«

    Luce warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und war entsetzt. Callie und sie hatten kaum ein paar Worte miteinander gewechselt - wie konnten da schon fünfzehn Minuten vergangen sein?
    »Luce? Hallo?«, ertönte Callie ungeduldig am anderen Ende der Leitung. »Du bist so komisch. Gibt es da irgendwas, das du mir verschweigst? Hast du mich schon durch ein Mädchen in deiner Besserungsanstalt ersetzt, so eine von denen, die sich in den Arm ritzen? Und was ist mit dem Jungen?«
    »Schsch«, machte Luce in den Hörer. »Warte, Cam«, rief sie und hielt den Hörer weg. Cam hatte sich bereits umgedreht und wollte wieder weggehen. »Nur noch eine Sekunde, ich wollte …« Sie schluckte. »Ich wollte sowieso gerade Schluss machen.«
    Cam ließ die goldene Uhr in die Tasche seines schwarzen Blazers gleiten und kehrte um. Als er mitbekam, wie Callies Stimme aus dem Hörer schallte, zog er eine Augenbraue hoch. »Wage es nicht, jetzt aufzuhängen«, schimpfte Callie. »Du hast noch nichts erzählt. Noch gar nichts!« Cam grinste.
    »Ich will nicht, dass hier irgendjemand total verärgert ist«, sagte er und deutete auf den Hörer. »Ich schenk dir meine Viertelstunde. Du kannst dich ja ein anderes Mal revanchieren.«
    »Nein«, antwortete Luce hastig. Nichts in der Welt hätte sie lieber getan, als mit Callie weiterzutelefonieren, aber wahrscheinlich ging es Cam mit der Person, die er anrufen wollte, genauso. Außerdem war er bisher immer nett zu ihr gewesen, was man von vielen anderen an dieser Schule nicht behaupten konnte. Sie wollte nicht, dass er ihretwegen auf seinen wöchentlichen Telefonanruf verzichten musste, und erst recht nicht jetzt, wo sie gerade gezögert hatte, ob sie Callie nun von ihm erzählen sollte oder nicht.

    »Callie?«, sagte sie seufzend in den Hörer. »Ich muss leider aufhören. Ich ruf dich wieder an, sobald …« Aber es war nur noch ein Summen zu hören. Das Telefon war so eingestellt, dass jeder Anruf nach fünfzehn Minuten automatisch beendet wurde. Der winzige Zähler am Apparat, den Luce vorher nicht weiter beachtet hatte, war auf 0:00 zurückgeschnappt. Sie hatten sich nicht einmal richtig voneinander verabschieden können. Jetzt musste sie wieder eine Woche warten, bevor sie mit Callie telefonieren konnte. Die Zeit erstreckte sich vor Luce wie ein endloser Abgrund.
    »Deine beste Freundin?«, fragte Cam, der sich neben Luce in die enge Telefonzelle gedrängt hatte. »Ich hab drei jüngere Schwestern - so was riech ich selbst durchs Telefon.« Er beugte sich zu Luce, als wollte er sie beschnüffeln, was sie zuerst kichern … und dann erstarren ließ. Bei seiner unerwarteten Nähe stockte ihr das Herz.
    »Lass mich raten.« Cam richtete sich auf und blickte sie von der Seite an. »Sie wollte bestimmt alles über die bösen Jungs auf der Sword & Cross wissen.«
    »Nein!« Luce schüttelte heftig den Kopf, um sich auf ein solches Gespräch gar nicht erst einzulassen … da merkte sie, dass Cam nur einen Witz gemacht hatte. Sie errötete leicht und beschloss, im gleichen Tonfall zu antworten. »Ist ja wirklich so, dass kein einziger harmloser Typ darunter ist.«
    Cam zwinkerte ihr zu. »Das macht es doch so aufregend, oder nicht?« Und dann stand er auf eine Weise ruhig neben ihr, die Luce auch ganz still werden ließ. Auf einmal war das Ticken der Taschenuhr in Cams Blazer überdeutlich laut zu hören.
    Einen Augenblick war Luce neben Cam wie erstarrt. Dann durchlief sie plötzlich ein Schauder, als etwas Schwarzes in die Eingangshalle schoss. Der Schatten hüpfte wie ein
Springteufel über die Deckenplatten, mal hierin, mal dahin, wie es ihm gerade gefiel. Oh nein, bitte nicht. Wenn die Schatten kamen, war es nicht gut, mit jemandem allein zu sein. Erst recht nicht, wenn dieser Jemand so auf sie fixiert war wie Cam in diesem Augenblick. Luce spürte, wie sie am ganzen Leib zu zittern begann. Der Schatten

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